Nathalie Stahl
Denise Schuster ist CEO der Park Your Truck GmbH. Im Interview erklärt sie, warum von ihrer Lösung Flächenbesitzer, Speditionen und Gemeinden profitieren.
Sie sind von Haus aus Betriebswirtin. Was brachte Sie zu den Schwergewichten auf Rädern?
In meinem Entrepreneurship-MBA an der TU München und UC Berkeley sollten wir eine Geschäftsidee entwickeln. Die Idee meiner Gruppe war es, private Parkplätze zu teilen, denn das Sharing von Autos und anderen Dingen hatte im Jahr 2012 gerade erst Fahrt aufgenommen. Im Studium wurde das Konzept schon so gut angenommen, dass ich beschloss, im August 2013 damit tatsächlich zu gründen. Im ersten Gründungsjahr blieb ich auch bei der Idee, das private Parkplatzproblem zu lösen, bei dem sich jedoch herausstellte, dass es nur Großstadtbewohner betraf. Mein Investor hat dann die Frage aufgeworfen, ob es nicht spannender wäre, das Lkw-Parkplatzproblem zu lösen. So bin ich dazu gekommen, mich mit diesem völlig neuen Markt zu beschäftigen. Da ich vorher keinerlei Berührungspunkte mit der Logistikindustrie hatte, war ich auch völlig unvoreingenommen und habe mir eher pragmatische Lösungen ausgedacht. Mit diesen hatten wir dann direkt Erfolg.
Welche Probleme haben Sie in Bezug auf den Gütertransport auf der Straße gesehen, die Sie mit Ihrer Geschäftsidee lösen wollten?
Das Hauptproblem ist der Parksuchverkehr. Dieser dauert, wie in unserer Studie erwiesen, im Schnitt 30 Minuten täglich, vier bis fünf Parkplätze fahren die Fahrer an, um einen freien Parkplatz zu finden. Das verbraucht sehr viel Sprit und stößt 16 Kilogramm CO2 aus. Diesen Parksuchverkehr kann man komplett reduzieren, wenn man vorher weiß, wo man parkt. Das geht mit einem Reservierungssystem für Lkw-Parkplätze, das so smart ist und vom Fahrer und Disponenten gleichermaßen bedient werden kann, dass es täglich genutzt wird.
Mittlerweile existiert Park Your Truck seit über zehn Jahren. Was konnten Sie in dieser Zeit erreichen?
Wir haben über 20.000 Lkw-Parkplätze neu geschaffen, indem wir einfach bereits versiegelte Flächen gesucht haben. Mit unserem einfachen Konzept haben wir die Flächenbesitzer überzeugt, Lkw-Parkplatzanbieter zu werden. Seit zwei Jahren gehen wir noch einen Schritt weiter und machen aus Flächenbesitzern Wegbereiter für klimaneutrales Parken. Das schaffen wir, indem wir als Betreiber auf unseren Parkflächen Ladesäulen anbieten, H2- oder Bio-LNG-Tankstellen, oder auch E-Fuel-Tankstellen. Zum Thema
Denise Schuster, Geschäftsführerin der Park Your Truck GmbH
Nathalie Stahl
Sie wenden sich an drei Gruppen: Flächenbesitzer, Speditionen und Gemeinden. Wie lassen sich die Interessen aller Beteiligten miteinander vereinen?
Jeder hat eine Herausforderung, die wir zusammenbringen in ein Win-win-win-Konzept. Der Flächenbesitzer hat verfügbare Fläche, die er nicht ganz oder momentan nicht benötigt. Die Speditionen und ihre Fahrer suchen täglich nach freien Parkplätzen, nicht nur zum Übernachten, sondern auch zum Vorstauen bei der Anlieferung. Die Gemeinden leiden darunter, dass die Unternehmen mit Anlieferverkehr keine Parkplätze zum Vorstauen und Übernachten auf ihrem Gelände anbieten. So entsteht das wilde Parken im Gewerbegebiet mit allen unangenehmen Begleiterscheinungen wie zerstörten Bordsteinen, umgefahrenen Lampen und großen Müllbergen. Wir finden den passenden Flächenbesitzer in den Gemeinden und bringen mit unseren unterschiedlichen Geschäftsmodellen zum Übernachtparken, Vorstauen, nur Laden, Laden und Parken, nur Tanken oder Tanken und Parken alle Interessenten zusammen. Mit diesem Konzept sind wir in Europa einzigartig.
Fernfahrer sind meist nicht nur in einem Land unterwegs. Welche Kontakte pflegen Sie zu Akteuren im Ausland?
Wir sind auch in anderen Ländern aktiv. Für Kunden betreiben wir exklusiv Parkplätze in England, Spanien, Frankreich und Italien. Dort haben wir auch eigene Tochtergesellschaften. Außerdem bieten wir Flächen zum Parken in Holland an. Generell suchen wir für Kunden nicht nur Flächen zum Parken von Lkw, sondern wir haben ein großes Portfolio von Flächen im In- und Ausland für das Urlaubsparken von Pkw, Flächen für Busse, für reines Trailerhandling, für das Abstellen von Baumaterialien oder Maschinen. Und wir haben eigene Security-Unternehmen, mit denen wir europaweit auch eine Bewachung der Parkplätze rund um die Uhr ermöglichen können, wenn das gewünscht ist.
Bei Ihnen dreht sich alles um Lkw, die in der öffentlichen Wahrnehmung eher als Verschmutzer gelten. Inwieweit tragen Sie mit Ihrem Geschäftsmodell zum Klimaschutz bei?
Die Klimaziele für diesen Verkehrssektor sind ganz klar und herausfordernd. Wir haben uns bereits vor zwei Jahren entschlossen, dass wir alle unsere Flächen elektrifizieren werden, und das tun wir mit eigenen Investitionen. Mit der Schaffung dieser Infrastruktur auf unseren Flächen tragen wir schon massiv zur geplanten Elektrifizierung des Nutzfahrzeugsektors bei. Im Auftrag von Speditionen oder Versendern suchen wir auch gezielt nach Flächen in deren Aktionsradius und elektrifizieren diese nach Wunsch.
Welche Art des „Grünen Ladens“ (Elektrofahrzeuge, Wasserstoffantrieb, LNG etc.) hat in Ihren Augen das größte Potenzial?
Ich denke, dass wir kein Eins-zu-eins-Pendant zum Diesel kriegen werden. Je nach Anwendung in der Kurzstrecke und Langstrecke wird es E-Trucks, mit H2- und mit Bio-LNG angetriebene Trucks geben, wenn wir über Neufahrzeuge sprechen. Alle bis zum Verkaufsstopp im Markt befindlichen Diesel-Nutzfahrzeuge werden sicher auf E-Fuels umsteigen. Und weil wir an die Diversität der Antriebsarten glauben, richten wir auf unseren Flächen auch verschiedene Tankmöglichkeiten ein. Denn eines ist klar: Parken müssen sie alle.
Wie gehen Sie mit Schwierigkeiten oder Gegenwind um?
Ich bin eine der wenigen Frauen an der Spitze eines Softwareunternehmens mit dem Schwerpunkt Logistik. Da habe ich es fast ausschließlich mit erfahrenen Männern zu tun, denen ich mein Produkt verkaufe. Viele Jahre lang bin ich belächelt worden. Aber ich habe eine große Vision, die mich antreibt, und deshalb lasse ich mich davon nicht beeindrucken. Ich denke, das Park-Your-Truck-Konzept der Multi-User-Flächen mit den unterschiedlichen Geschäftsmodellen und der Ausrichtung auf die Zukunft der verschiedenen Antriebe ist die Lösung für die Parkprobleme jetzt und später. Gleichzeitig ist es so skalierbar, dass es weltweit genau so umgesetzt werden kann.
Welche Pläne haben Sie für die Zukunft?
Ich würde gern in weiteren Ländern in Europa mit dem Konzept Parken+ starten und sehe auch Möglichkeiten, in den USA und Kanada dieses Konzept umzusetzen. Darauf hätte ich große Lust.