"Unser Grundgedanke ist, die vorhandenen Entwicklungsfähigkeiten unserer Patientinnen und Patienten zu erkennen und zu fördern"
Ursula Schulte-Schlingmeyer, Inhaberin der Psychotherapeutisches Zentrum Kitzberg-Klinik GmbH & Co. KG im Interview
Psychotherapeutisches Zentrum Kitzberg-Klinik GmbH & Co. KG
- 26.02.2024

Können Sie uns zu Beginn einen kurzen Überblick über die Entstehungsgeschichte und die Vision des Psychotherapeutischen Zentrums Kitzberg-Klinik geben?
Die Kitzberg-Kliniken wurden 1992 als Rehabilitationsklinik für psychosomatische Behandlungen gegründet und haben sich seitdem erheblich weiterentwickelt. Ich stieg 1998 als Investorin und später als Geschäftsführerin ein. Unter meiner Führung expandierte die Klinik schnell. Mit einer klaren Vision und dem Mut zur Innovation wurde der Fokus auf Psychotherapie gelegt, erkennbar durch die Namensgebung "Kitzberg-Klinik – Psychotherapeutisches Zentrum" und die Registrierung des "Mergentheimer Modells" als Marke.Die Klinik stellte bereits 1998 einen Antrag auf Aufnahme in den Krankenhausplan Baden-Württemberg und wurde 2006 mit 25 Betten für psychotherapeutische Medizin und Psychosomatik akzeptiert. Eine Erweiterung erfolgte 2008 bis 2009 durch ein separates Gebäude mit 37 Betten, um Akut- und Rehabereiche zu trennen. Besonders hervorzuheben ist die Initiative im Bereich Eltern-Kind-Psychotherapie, die aufgrund steigender Nachfrage seit 1999 angeboten wird. Dafür wurde 2007 ein geeignetes Gebäude mit Kinderzentrum und Schule erworben.
Die Klinik reagierte auf den wachsenden Bedarf im Kinder- und Jugendbereich mit der Einstellung einer Fachärztin für Kinder- und Jugendpsychiatrie 2002 und stellte 2009 einen Antrag auf Erweiterung der Fachabteilung, der 2011 mit 18 Planbetten genehmigt wurde. Dies ermöglichte ein autarkes Konzept für Eltern-Kind-Psychotherapie und förderte die interdisziplinäre Zusammenarbeit.
2013 gründete die Klinik eine Akademie zur Förderung psychotherapeutischer Wissenschaft und erwarb das Gebäude der ehemaligen Klinik "Herrental", um ein Gesundheitszentrum zu etablieren. Die Eröffnung einer Psychiatrischen Institutsambulanz 2016 und die Erweiterung um 12 Akutbetten für den Kinder- und Jugendbereich 2022 markieren weitere Meilensteine in der Entwicklung der Kitzberg-Kliniken.
Welche spezifischen Behandlungsansätze verfolgen Sie in der Kitzberg-Klinik, um eine erfolgreiche Therapie von psychosomatischen Erkrankungen zu gewährleisten?
Die vier Phasen "Mergentheimer Modell" werden als Stabilisierungsphase, Ressourcenorganisation, Exposition und Neuorientierung bezeichnet. Sie bilden den natürlichen Heilungsprozess ab.Durch sorgfältige Stabilisierungsarbeit mit den vorhandenen Negativmustern wird die Grundlage gelegt für eine Verbesserung der aktuellen psychischen Verfassung. Die Patientinnen und Patienten wirken an der Stabilisierung selbst sehr aktiv mit, nutzen ihre vorhandenen Fähigkeiten und bauen zusätzliche Fähigkeiten zur Selbstregulierung auf. In der Ressourcenorganisation ist das Ziel, die innere Balance zwischen emotional Belastendem und emotional Positivem wiederherzustellen, die in der Regel in längeren Krankheitsverläufen wesentlich verloren gegangen ist. Exposition bedeutet, sich aktiv, achtsam und kontrolliert seelischem Belastungsmaterial anzunähern. Dies geschieht grundsätzlich einvernehmlich mit den Patientinnen und Patienten und stets so, dass keine Überlastung, sondern eine allmähliche Entlastung im therapeutischen Kontext entsteht. Die Phase der Neuorientierung fokussiert die Aufmerksamkeit auf den Übergang in den individuellen Alltag.

Wie gewährleisten Sie in Ihren Kliniken die individualisierte Betreuung und Therapie von Patientinnen und Patienten mit unterschiedlichsten psychischen Erkrankungen?
Unser festes Therapieangebot wird um Indikativangebote von der Bezugstherapeutin / dem Bezugstherapeuten erweitert / verordnet.Diese Angebote sind auf die jeweiligen Bedürfnisse des Patienten abgestimmt und ergänzen den festen Therapieplan individuell.
Könnten Sie die interdisziplinäre Zusammenarbeit Ihres Teams erläutern und wie diese zur Qualität der Behandlung und zur Patientenzufriedenheit beiträgt?
Da der Körper bei psychischen Erkrankungen immer mit leidet, ist das Zusammenspiel aus allen Bereichen enorm wichtig. So verschaffen wir uns einen ganzheitlichen Ansatz.Was macht die Kitzberg-Klinik zu einer innovativen Einrichtung in der psychosomatischen Versorgung, und welche Rolle spielten diese Innovationen für die Auszeichnung als Top-Innovator 2019?
Viele psychosomatische und psychiatrische Einrichtungen versorgen Eltern und Kinder immer noch getrennt. Wir haben erkannt, dass es bei gewissen Erkrankungen von sehr großem Vorteil ist, die Familienmitglieder gemeinsam zu behandeln.Als Geschäftsführerin, welche Herausforderungen erleben Sie im Management einer solch umfangreichen Psychotherapieklinik und wie begegnen Sie diesen?
Die größte Herausforderung ist es in der heutigen Zeit, ein fachliches und engagiertes Team mit viel Leidenschaft zusammenzuhalten.Die Kitzberg-Klinik betont die Bedeutung von seelischem Wachstum. Wie wird dieses Konzept in den therapeutischen Ansätzen und in der Kultur der Klinik umgesetzt?
Unser Grundgedanke ist, die vorhandenen Entwicklungsfähigkeiten unserer Patientinnen und Patienten zu erkennen und zu fördern.Diesem Ziel dienen sorgfältig ausgearbeitete Behandlungsstrategien, die wir unseren Patientinnen und Patienten ausführlich erläutern. Dabei stehen die Ziele unserer Patientinnen und Patienten im Vordergrund, sie werden gemeinsam mit ihnen entwickelt.
Es ist uns sehr wichtig, dass auch unsere Mitarbeiter unterstützt werden, deshalb erhalten diese regelmäßig externe wie auch interne Supervisionen, da man nur mit einem stabilen Team seelisches Wachstum fördern kann.

Welche Rolle spielt die Weiterbildung des Personals in Ihrer Strategie, um eine beständig hohe Servicequalität aufrechtzuerhalten?
Da die Bedürfnisse und Krankheitsbilder unserer Patientinnen und Patienten sich stetig ändern, spielt die Weiterbildung unserer Mitarbeiter eine große Rolle.Wir sind offen für neue Therapieansätze (EMDR für Trauma-Patienten), um im Wandel der Zeit den Bedürfnissen unserer Patientinnen und Patienten gerecht zu werden.
Deshalb unterstützen wir unsere Mitarbeiter voll finanziell und stellen diese für die Weiter- und Fortbildungen zehn Tage im Jahr frei.