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Cannabis-Business-MesseIm kollektiven Rausch

Von wegen Hippies im Batik-Shirt. Auf der Cannabis-Business-Messe in New York dominieren die Anzugträger. Die Produktpalette ist riesig. Das größte Problem der Branche: Das viele Cash und Washingtons unklare Richtung.Katharina Kort 16.06.2017 - 21:12 Uhr Artikel anhören

Laut den Schätzungen des Brokerhauses Cowen & Co. lag der Gesamtumsatz der Cannabis-Branche im vergangenen Jahr bei sechs Milliarden Dollar.

Foto: AP

New York. „Das Cannabis-Geschäft ist wie jedes andere Venture-Capital-Geschäft: Den Gewinner zu finden, ist schwer!“ mahnt Chris Leavy seine Zuhörer, „Aber wenn man es richtig macht, locken Renditen von 40 Prozent“. Der schlanke Mann im dunklen Jackett ist der Co-Chairman der auf Cannabis spezialisierten Management- und Investmentgesellschaft Med Men. Der ehemalige Manager des weltweit größten Vermögensverwalters Blackrock hat sich zum Hanf konvertiert. Mit klarem Kopf spricht Leavy von Kapitalinvestitionen, Fallstudien mit Gewächshäusern und den Fallstricken bei Verträgen.

Auch sein Publikum im New Yorker Jacob Javits Kongresscenter sieht nicht so aus, wie man sich die typischen Cannabis-Jünger vorstellt: Viele Anzugträger, Damen im Kostüm, nur zwei Rasta-Köpfe fallen aus der Reihe. Eine Zuhörerin will wissen, wie man als Privatanleger in Cannabis-Fonds investieren kann. Ein Frührentner in Shorts und grün-gestreiftem Polohemd will wissen, wie Leavy die Chancen für New Jersey sieht.

Cannabis als Medizin

Deutschland sucht Hanf-Anbauer

Marihuana ist längst zu einem großen Business geworden. Laut den Schätzungen des alteingesessenen Brokerhauses Cowen & Co. lag der Gesamtumsatz der Branche im vergangenen Jahr bei sechs Milliarden Dollar. Bis 2026 wird er nach Ansicht der Finanzexperten auf 50 Milliarden Dollar steigen. Laut der Marktforschungsfirma Pitchbook haben Investoren allein in diesem Jahr eine Milliarde Dollar in die Branche gesteckt .

Der medizinische Gebrauch ist schon in 30 US-Bundesstaaten legalisiert. In acht Staaten ist auch der Freizeit-Gebrauch von Marihuana legal. Es gibt bereits verschiedene börsennotierte Unternehmen, die auf die medizinische Nutzung des Cannabis-Wirkstoffs CBD setzen. GW Pharmaceuticals etwa befindet sich in der letzten klinischen Testphase für seine Epilepsie-Mittel für Kinder. Corbus Pharmaceuticals will Mukoviszidose bekämpfen. Und andere börsennotierte Unternehmen bauen Marihuana an und verkaufen es.

Auf der New Yorker Cannabis-Business-Messe tritt zwar auch der bunte Vogel Jesse Ventura auf. Der ehemalige Wrestler, Schauspieler, Politiker und Verschwörungstheoretiker ist einer der stärksten Verfechter der Legalisierung von Marihuana. Aber auch ihm geht es vor allem ums Geschäft.

Und das Geschäft geht längst über die verschiedenen Hanf-Arten von Schwarzer Afghane, Early Pearl oder Big Bud hinaus. Auf der New Yorker Messe buhlen die Anbieter von Labortechnik, Geruchs-Neutralisierungs-Geräten und Abfüllmaschinen um die Kunden. Das gleiche gilt für die Hersteller von Hundefutter mit dem nicht psychodelischem Wirkstoff CBD, das die Nerven der Vierbeiner beruhigen soll. „Kurz vor den Feuerwerken am 4. Juli gehen unsere Verkaufszahlen in die Höhe“, versichert der Vertreter am Stand. Sogar ein Versicherungsbroker hat eine Cannabis-Nische entdeckt: Er bietet Nichtraucher-Lebensversicherungen für Cannabis-Raucher an.

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„Legalisiert Drogen, rettet Leben!“

Einer der am schnellsten wachsenden Bereiche in der Cannabis-Welt sind Sicherheits-Systeme: Das reicht von Tresoren über Türschlösser bis hin zur Live-Video-Überwachung für die Transportfahrzeuge. Denn die Branche hat ein riesiges Problem: Sie hat zu viel Cash.

Weil Cannabis zwar in einzelnen Bundesstaaten legalisiert, aber auf nationaler Ebene immer noch eine Straftat ist, wollen die Banken mit dem Thema nichts zu tun haben. Das bedeutet: Die meisten Transaktionen laufen mit Bargeld. Einbrüche sind an der Tagesordnung.

„Die Branche sitzt auf ungefähr 100 Millionen Dollar Cash“ schätzt Steve Janjic, CEO von Amercanex, das sich auf Zahlungssysteme spezialisiert hat. 80 Prozent der Transaktionen liefen cash in der Branche, sagt er.

Gerade im Online-Handel gestaltet sich das schwierig. Das Unternehmen Posabit bietet den Online-Käufern deshalb einen Trick an. Kunden könnten mit Bitcoin bezahlen, auch wenn sie keine Experten der digitalen Währung sind. Für eine Transaktions-Gebühr von zwei Dollar kann der Käufer für die gewünschte Menge Marihuana Bitcoins mit seiner Kreditkarte kaufen und damit den Drogenkauf begleichen.

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Auch für die Investoren ist die Zurückhaltung der Banken beim Thema Cannabis ein Problem. Sie müssen ihr Geld bei privaten Investoren einsammeln, ein mühseliges und oft kostspieliges Verfahren. „Ich hätte gerne einen Bankkredit, mit dem ich 70 oder 75 Prozent meiner Investitionen finanzieren kann“, sagt Patrick Thompson, ein ehemaliger Immobilienunternehmer aus New York, der in eine große Hanf-Anlage in Denver investiert hat. Dabei beschränkt er sich nicht nur darauf die Immobilie zu stellen, sondern ist mit seinem Unternehmen Rare Dankness auch operativ tätig ist. „Mit der Immobilie hätte ich eine Rendite von 20 Prozent. So kann ich mehr verdienen“ erklärt er sein Geschäftsmodell, auf das er bei einem Skiurlaub in Colorado kam.

Eine Bank hätte auch Mike Zachara, Manager und Co-Investor von M3 Biodynamics gerne im Rücken. „Das wäre schon einfacher“, sagt der ehemalige Pharma-Anwalt aus New Jersey. Er sieht viele Parallelen zu seinem alten Job. Wie die Pharmawelt ist auch die Cannabiswelt stark von der staatlichen Regulierung abhängig. „Was die Regulierung angeht, bin ich als Anwalt derzeit ein wenig nervös“ sagt er und steht damit nicht alleine. Die größte Sorge auf der Fachmesse ist die Frage, wie die neue Regierung mit dem Thema Cannabis umgeht.

Viele Cannabis-Anleger fürchten, dass US-Justizminister Jeff Sessions seine Drohung wahrmacht und gegen den Anbau in einzelnen Bundesstaaten vorgeht. Medienberichten zufolge hat Sessions den Kongressmitgliedern einen Brief geschrieben, in dem er sie aufruft, das medizinische Cannabis-Geschäft nicht mehr zu unterstützen. Theoretisch könnten Bundespolizisten in den einzelnen Bundesstaaten trotzdem eingreifen. Sollte das passieren, wäre der kollektive Rausch schnell vorbei.

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