Galerie Kornfeld in Bern Rare Meistergraphik zum Jubiläum

Das Bild mit Chagall entstand im 1967 in Chagalls Haus in Saint-Paul-de-Vence. Es heißt "bei der Auswahl von Bleistiften"...für die Signatur einer Graphikauflage.
Berlin Die Geschichte des Hauses ist ebenso spannend wie die Kunst, die sie vertritt. Die Galerie Kornfeld residiert seit nunmehr 100 Jahren in Bern. Ein runder Geburtstag, den nicht viele Galerien erreichen. Kornfeld feiert das Jubiläum mit einer Ausstellung – und einem Katalog, in dem große Namen der Graphik von Albrecht Dürer bis Georg Baselitz mit herausragenden Blättern vertreten sind. Alle programmatischen Facetten der Galeriearbeit und Auktionstätigkeit sind hier vereint.
In einem einleitenden Text breitet der Angebotskatalog die Firmengeschichte aus. Sie lässt sich bis auf eine 1864 von Georg Gutekunst in Stuttgart gegründete Kunsthandlung zurückverfolgen, die mit ihren Graphikauktionen den Kunstmarkt der Kaiserzeit prägte. Nachdem diese Firma 1919 liquidiert worden war, übersiedelte der Sohn Richard Gutekunst nach Bern und eröffnete dort mit dem Kunsthistoriker August Klipstein die Firma Gutekunst und Klipstein.
Im März 1920 wurde ein erster, der Graphik des 18. Jahrhunderts gewidmeter Lagerkatalog publiziert. Neben Altmeistergraphik waren es auch zeitgenössische Künstler wie Pierre Bonnard, Henri Matisse, Edvard Munch. Pablo Picasso und Henri de Toulouse-Lautrec, die das Programm der 1920er-Jahre bestimmten. 1928 zog sich Richard Gutekunst aus dem aktiven Geschäftsleben zurück.
Nach der schwierigen Marktperiode, die der Weltwirtschaftskrise folgte, wurde 1934 die Auktionstätigkeit aufgenommen und mit der Sammlung des rheinischen Industriellen Heinrich Stinnes eine Wegmarke gesetzt. Enge Kontakte von Klipstein zu Ernst Ludwig Kirchner und Käthe Kollwitz beflügeln die Galeriearbeit bis zum Krieg, in dem sich die Firma auf Schweizer Kunst konzentrierte.
1948 trat Eberhard W. Kornfeld als Partner in die Firma ein, die er seit 1951 leitet und mit der Publikation bedeutender Werkverzeichnisse der Graphik von Käthe Kollwitz über Max Beckmann und Pablo Picasso bis Ernst Ludwig Kirchner auch als Verleger prägte.

Die melancholische Graphik „Zwei Menschen – Die Einsamen“ (1899)
Der nunmehr 96-jährige Doyen hat in zahlreichen von ihm geleiteten Auktionen in den 1950er- bis 2010er-Jahren die rar gewordene Spezies eines gelehrten, kennerschaftlich breit aufgestellten Kunsthändlers verkörpert. Diese Kennerschaft spiegelt auch das Graphikangebot des Jubiläumskatalogs wider.
Alle 100 Werke sind verkäuflich, bis auf zwei, die augenscheinlich aus Kornfelds Privatsammlung stammen: ein Zustandsdruck von Rembrandts Hauptwerk „Ecce Homo“ und Edvard Munchs Farbholzschnitt „Zwei Menschen – Die Einsamen“ in einem Frühdruck von 1899.
Rarität von Goya
Andere Blätter hat der Grandseigneur in den eigenen Auktionen ersteigert. Zum Beispiel den als Unikat charakterisierten, zeitgenössisch kolorierten Metallschnitt eines Kalvarienbergs (um 1465). Er wurde 1992 in der Versteigerung der Sammlung Otto Schäfer für 200.0000 Schweizer Franken zugeschlagen und soll jetzt 150.000 Schweizer Franken kosten.
Die Preise der Jubiläumsschau reichen bis zu 300.000 Schweizer Franken, die für Pablo Picassos 1939 entstandene farbige Graphik „Portrait de Dora Maar II“ im einzigen signierten Exemplar der Auflage verlangt werden.
Aber es gibt auch moderater bewertete Werke wie zwei Kirchner-Zeichnungen (je 30.000 Franken). Eine Rarität ist der Probedruck von Goyas Aquatinta „Hier auch“, Blatt 43 der Folge „Los desastres de la guerra“ für 60.000 Franken. Hier sind sie wieder alle versammelt: die Graphiken von Künstlern, die in Bern Auktionsgeschichte schrieben und die den Fundus der Galerie beleben.
Mehr: Die bürgerliche Liebe zur Kunst: Lesen Sie hier über die Verhältnisse auf dem Kunstmarkt der fünfziger und sechziger Jahre und die Rolle der Galerie Kornfeld
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