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Salon in HamburgWo junge Künstler ihren Markt testen

Christian und Margarita Holle organisieren den „salondergegenwart“. Das kleine Ausstellungsformat bietet Startchancen für die Absolventen der Kunstakademien. Frank Kurzhals 16.01.2020 - 12:43 Uhr

Hamburg.

Die Gastgeber des Salons vor einem Gemälde von Shannon Bool.

Foto: Martin Foddanu

Es war Provokation pur. „Sammelt ihr in Hamburg eigentlich nur Buddelschiffe, oder auch zeitgenössische Kunst?“ Vor gut zehn Jahren stellte ein Galerist auf der Kunstmesse Art Cologne diese mokante Frage. Er vermisste bitterlich die für das Geschäft zuträglichen Hamburger Sammler und Käufer.

Getroffen hatte die Häme Christian Holle, der genau die nicht auf sich sitzen lassen wollte. Holle war damals 44 Jahre alt, Hamburger Immobilienmakler mit einer kleineren eigenen Sammlung zeitgenössischer Kunst. Er rief kunstinteressierte Freunde zusammen, um gut sichtbar auf der nächsten Messe in Köln massiv Hamburger Präsenz zu zeigen.

Aber: Kurz vor der Abreise bröckelte die Schar der Interessierten, es blieb nur noch eine Person übrig, Christian Holle. Was tun? Wenn der Prophet nicht zum Berg kommt, dann muss der Berg eben zum Propheten. Also holte Holle die junge Kunst im kleinen Maßstab nach Hamburg, statt ihr nachzureisen, und gründete den „salondergegenwart“. Dieses Jahr feiert der Salon sein zehnjähriges Jubiläum. Berg und Prophet sind versöhnt, zumindest einmal jährlich, für ein langes Wochenende.

Anfänglich wollte Christian Holle die junge Kunst in seiner Wohnung zeigen, deswegen der Name Salon. Dann aber sagten plötzlich zu viele Künstlerinnen und Künstler zu, einige große Namen waren auch dabei. Und sofort fielen Christian Holle und seiner Frau Margarita viele naheliegende Sätze mit „zu“ ein. Zu riskant, der fragilen Werke wegen, zu aufwendig, alles umzubauen, zu anstrengend, ständig aufpassen zu müssen und letztlich auch zu öffentlich für das private Wohnen.

Die Lösung des schönen Problems lag in Holles beruflichem Umfeld. Holle fragte in seinem Netzwerk nach einer großen leer stehenden Innenstadt-Immobilie für die Kunstpräsentation – und der erste Salon konnte stattfinden. Kritiker unkten, das sei doch nur die übliche Aufwertung von Leerstand durch Kunst. Jetzt, nach zehn Jahren konsequenter Arbeit, sind diese Vorwürfe nahezu verstummt.

Zuerst kamen nur einige Neugierige, mittlerweile sind es viele Hundertschaften, die es in den Salon zieht, ohne Eintritt und mit dem Zusatznutzen von Führungen und Künstlergesprächen. Der „salondergegenwart“ ist zu einer kleinen und beliebten Einrichtung geworden für Kunstentdeckungen und Kunstkäufe.

Christian Holle ist über den immer größer werdenden Zuspruch höchst erfreut ist. „Harald Falckenberg“, einer der international bedeutenden Großsammler aus Hamburg, dessen Privatsammlung die Deichtorhallen in Hamburg-Harburg zeigen, „machte uns eines der schönsten Komplimente. Bei uns sprächen die Leute nicht mit dem Rücken zu den Bildern, wie das meist auf Ausstellungseröffnungen der Fall ist, sondern sie sind den Bildern zugewandt.“

Verkäufe für gut 300.000 Euro

Holles Frau Margarita ergänzt zur Ausstellungsqualität: „Wir freuen uns über die Tatsache, dass bei der aktuellen Überblicksausstellung zur Malerei ‚Jetzt! Junge Malerei in Deutschland‘, die ab 14. Februar in den Deichtorhallen zu sehen ist, über die Hälfte der Künstler bereits beim ‚salondergegenwart‘ dabei waren.“ Dann wiegelt sie ab, weil es wie Hochmut klingen könnte. „Dennoch stellen wir uns keinesfalls auf dieselbe Stufe mit einer kuratierten musealen Ausstellung.“

Zuspruch erhalten Holles auch von den ausstellenden Künstlern. Die haben meist während des Salons zum ersten Mal die Chance, den Markt für ihre Werke zu testen. „Vergangenes Jahr wurden rund um die Eröffnung Bilder für gut 300.000 Euro verkauft,“ fasst Holle den ökonomischen Erfolg des Salons für 2019 zusammen. „Das gesamte Geld für die 52 verkauften Werke geht direkt und ohne Abzug an die Künstler. Falls in Ausnahmefällen mal ein Galerist dazwischen sein sollte, klärt das der Künstler direkt mit ihm. Wir jedenfalls nehmen kein Geld.“

Mittlerweile lässt sich das Ehepaar von einer Mitarbeiterin unterstützen, die für die Umsetzung des Salons eingestellt wurde, so aufwendig ist die Arbeit geworden. Dafür muss keiner der acht Mitarbeiter aus Holles Unternehmen mehr aushelfen. Margarita Holle erinnert sich im Rückblick an die zentrale Idee, die immense nebenberufliche Suche zu strukturieren: „Da wir nicht in jeder Stadt zu den Absolventenausstellungen der Kunsthochschulen reisen können, kam mir vor fünf Jahren die Idee, die Professoren der Malerklassen in ganz Deutschland anzuschreiben.“

Die Resonanz ist überwältigend groß. „Die Vorschläge seitens der Professoren mussten wir auf maximal drei limitieren.“ Mit den Vorschlägen beginnt der spannende Teil, die engere Auswahl nach unterschiedlichsten Kriterien. „Wir versuchen nach Möglichkeit, die ausgewählten Künstler in deren Ateliers zu besuchen.“

Ein Abend mit Sammlern, Künstlern und Galeristen

Und damit vor allem die Newcomer nachhaltig etwas von der dreitägigen Ausstellung in Hamburg haben, „gibt es für jeden Salon der Gegenwart einen Katalog, der die Arbeiten abbildet“. Darin liegt eines der Erfolgsgeheimnisse für Margarita Holle.

Die Mechanik des Salons ist dabei sehr grundsätzlich. „Wir laden jeweils um die 30 Kunstschaffende ein. Keiner wird zweimal eingeladen. Das ist eines der Prinzipien des Salons. Ungefähr 20 der Geladenen haben noch keine Galerie. Und nahezu jedes Mal ist es so, dass einige von Galeristen entdeckt werden und sie so zu einer weiteren Ausstellungsbeteiligung kommen.“

Der Salon-Termin ist mittlerweile ein fester gesellschaftlicher Termin Hamburgs. Der jeweilige Höhepunkt der öffentlich zugänglichen Schau ist das gesetzte Abendessen. Wer mag, kann sich dazu gegen einen Kostenbeitrag online anmelden, mehr als 250 Personen werden zukünftig nicht zugelassen. Die Gegenleistung ist allerdings wesentlich mehr als nur ein warmes Essen. Es ist ein Abend in guter Mischung von Sammlern, Künstlern, einigen Galeristen, Kustoden, manch einem Museumsdirektor und vielen Interessierten und Neugierigen.

Eine Sitzordnung gibt es am Abend nicht. „Wir legen nur Wert darauf, dass die Künstler jeweils in der Nähe ihrer Arbeiten Platz finden, dann sind die Gespräche am Tisch noch intensiver“, sagt Margarita Holle. „Außerdem laden wir immer drei bis vier bereits sehr namhafte Künstler ein, sich zusammen mit der jüngsten Generation zu präsentieren. Vergangenes Jahr war es zum Beispiel Albert Oehlen, der sofort zugesagt hatte. Karin Kneffel war auch schon da und sie war vom Konzept begeistert. Seitdem empfiehlt sie uns gern ihre Studentinnen und Studenten zur Teilnahme am Salon.“

Auch das kleine Büro des „salondergegenwart“ an der noblen Einkaufsstraße Neuer Wall hängt selbstredend voller Kunst. Lediglich an einem schmalen Wandstreifen sind sieben kleine private Fotos platziert, von Christian Holles sieben Kindern. Und nur wenn er Zeit zum Resümieren hat, kommen ganz leise Zweifel auf, ob er die aufwendige Arbeit für den Salon auch weiterführen sollte. Denn noch immer ist der Salon, eine gemeinnützige GmbH, von der schwarzen Null entfernt.

Hamburg: Eine Stadt mit vielen Mäzenen

Trotz des Rückzugs etlicher Sammler von der eingangs erwähnten Art Cologne, ist Hamburg eine Stadt mit vielen Stiftungen und Kunstmäzenen. Was sein Buddelschiff-Vorwurf angerichtet hat, das hätte sich der damals unkende Galerist sicher nicht träumen lassen. Der Dank von Hamburg geht zurück nach Köln, Berg grüßt Prophet.

Mehr Informationen über den Salon und die Möglichkeit zur Anmeldung für das nächste Artdinner im November 2020 finden Interessierte unter www.salondergegenwart.de

Mehr: Die Kunstmuseen von Bonn, Wiesbaden und Chemnitz sondieren das vielseitige Spektrum zeitgenössischer Malerei. Produktionsstandort ist Deutschland.

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