Schauspielerin Karoline Herfurth: „Ich will kein Sponsoring-Paket werden“
Die 32-Jährige gehört zu den erfolgreichsten Schauspielerinnen der Republik.
Foto: dpaBerlin. Es gibt viele Branchen und Berufsbilder, in denen man angesichts der boomenden Wirtschaft derzeit ohne Probleme gut bezahlte Jobs findet. Die Schauspielerei gehört weniger denn je dazu. Der Grund: Produktionen bei Film, Fernsehen oder Theater wurden in den vergangenen Jahren eher abgebaut oder auf Kosteneffizienz getrimmt. Das Gros der deutschen Projekte spielt nicht mal seine Kosten ein. Nur noch Komödien versprechen ein akzeptables Risiko oder gar kommerziellen Erfolg. Die Arbeitsmöglichkeiten für Schauspieler sind entsprechend begrenzt, die Gagen oft mager.
Für Karoline Herfurth gilt das definitiv nicht. Schon als Jugendliche stand die mittlerweile 32-Jährige vor der Kamera, später auch als „Mirabellenmädchen“ in der Verfilmung des Weltbestsellers „Das Parfum“. Mittlerweile gehört Herfurth zu den erfolgreichsten Schauspielerinnen der Republik, was vor allem mit einer ganz besonderen Rolle zu tun hat.
Frau Herfurth, Sie haben etliche anspruchsvolle Rollen in Filmen gespielt, von denen ein großes Publikum eher wenig Notiz genommen hat. Was passierte, als Sie plötzlich Frau Schnabelstedt in dem deutschen Blockbuster „Fack ju Göhte“ wurden?
Natürlich ist es so, dass meine Bekanntheit mit „Fack ju Göhte“ angestiegen ist. Vorher wurde ich zwar auch schon erkannt auf der Straße, aber mittlerweile ist es eher die Regel als die Ausnahme.
Der zweite Teil der Schul-Klamotte hatte im vergangenen Jahr sogar noch 100.000 Zuschauer mehr als das Original: 7,4 Millionen – und ist damit einer der erfolgreichsten deutschen Filme aller Zeiten. Was brachte der Erfolg Ihnen selbst?
Dass ich von einem breiten Publikum in einer komischen Rolle wahrgenommen wurde. Am Set von „Fack ju Göhte“ wurde ich noch gern als die Arthaus-Tragödin verarscht, die auf Knopfdruck weinen kann. Mittlerweile weiß man, dass ich auch lustig sein kann.
Wie wichtig ist Bekanntheit heute ... und wie misst man die? In Facebook-Freunden?
Die sind sicher eine wichtige Währung geworden, wobei ich da eher im unteren Mittelfeld lande, was die Likes angeht.
Wie monetarisieren Sie selbst den Social-Media-Ruhm?
Gar nicht. Andere tun da sicher mehr, haben aber auch mehr Fans.
Karoline Herfurth erhält in ihrem neuen Film Unterstützung von Nora Tschirner.
Foto: dpaMussten Sie als Schauspielerin aus Geldnot schon mal richtig knapsen?
Na ja, so richtig los ging das Geschäft für mich ja schon mit 15, als ich mir noch keine großen Gedanken ums Geld machen musste. Seit ich von zu Hause auszog, konnte ich mit meiner Arbeit eigentlich immer meine Miete zahlen.
Viele Ihrer Kollegen müssen sich zwischen den Engagements immer wieder arbeitslos melden …
… was ich eigentlich auch tun sollte, weil es für die Rente wichtig ist. Habe ich bisher allerdings noch nie gemacht. Einige Freunde von mir hatten es schon sehr schwer. Schauspielerei ist manchmal ein mühsamer Job, aber für welche Branche gilt das nicht?
Bislang waren Sie „nur“ Schauspielerin. Bei der Verfilmung des Bucherfolgs „SMS für dich“ übernahmen Sie jetzt nicht nur die Hauptrolle, sondern führten auch Regie. Warum tun Sie sich das an?
Es ist eine andere, umfangreichere Aufgabe. Das hat mich gereizt. Und weil ich die Möglichkeit dazu bekam, habe ich mich dieser Herausforderung auch gern gestellt. Ich habe das Regie-Metier ja tatsächlich nie gelernt, sondern konnte Regisseuren vorher nur zuschauen. Insofern waren es auch Lernprozesse, als mir der Kameramann bei diesem Projekt mal erklärte: „Wenn wir das nun so oder so drehen, wie willst du das denn später schneiden?“ So lernt man jeden Tag dazu.
Und warum der Bestseller von Sofie Cramer?
Warner Bros. hat mir das Buch angeboten. Den Plot fand ich spannend.
Die Hauptdarstellerin versucht, den Unfalltod ihres Verlobten damit zu kompensieren, dass sie SMS an ihn schreibt … die dann aber ein ganz anderer Mann liest.
Solche Verlustängste kennt sicher jeder. Und das ist ein gutes, ernstes Fundament, auf dem der Film dann hoffentlich trotzdem seine ganz eigene Leichtigkeit entwickelt.
Erfolg hängt von vielen Variablen ab
Wie viele Zuschauer erwarten Sie sich, wenn der Film am 15. September in die Kinos kommt?
Darüber will ich lieber nicht öffentlich spekulieren. Ich wünsche mir aber durchaus, dass ich einen kommerziellen Film gemacht habe.
Das war das Ziel?
Ein Kammerspiel wollte ich hier nicht inszenieren. Ich mag das Genre „Liebesfilm“ und traute mir das auch am ehesten zu.
Machen Sie die Antwort auf die Frage, ob Sie irgendwann einen weiteren Film drehen wollen, vom Erfolg dieses Erstlings abhängig?
Ob ein Film kommerziell einschlägt, ist heute von vielen Variablen abhängig: Was läuft sonst noch – womöglich auch im selben Genre parallel? Mit wie viel Kopien startet der Film in den Kinos? Wie viel Geld wird vorher in die Werbung gesteckt? Selbst das Wetter kann eine entscheidende Rolle spielen. Ein Misserfolg muss also nicht unbedingt bedeuten, dass der Film kein Potenzial hat. Trotzdem vertraue ich natürlich meinem Bauchgefühl für die Zuschauer. Wenn das nun gar nicht den Geschmack der Leute treffen sollte, müsste man sich schon überlegen, wie es weitergeht.
Welche Fähigkeiten braucht die Regisseurin Herfurth, die die Schauspielerin nicht benötigt?
Demut. Als Regisseurin bin ich ja noch viel mehr auf die Gesamtheit des Teams angewiesen. Zum Beispiel waren emotionale Szenen eine große Herausforderung: Wenn ich weiß, dass ich in zwei Tagen eine emotionale Szene drehe, tauche ich da bei anderen Projekten früh ab. Als Regisseurin kann ich das nicht. Ich muss ja für alle ansprechbar bleiben.
Sie waren einst Waldorf-Schülerin. Hilft oder stört das beim Führen eines großen Teams?
Das kann ich schwer beurteilen, weil ich ja nicht weiß, wie ich ohne Waldorf-Vergangenheit wäre.
Karoline Herfurth als „Mirabellenmädchen“.
Foto: APFür „Fack ju Göhte“ erhielten Karoline Herfurth und Regisseur Bora Dagtekin die Auszeichnung in der Kategorie „Bester Film national“.
Foto: dpaIst es ein Klischee, dass Regisseure gern mal rumschreien?
Hab‘ ich natürlich selbst schon erlebt, aber meine Arbeitsweise ist es nicht. Ich würde niemals laut werden am Set.
In welcher Rolle verdienen Sie mehr: Schauspielerin oder Regisseurin?
In diesem speziellen Fall bin ich ja quasi eine Kombi-Packung, insofern kann ich das gar nicht sagen. Normalerweise ist es aber relativ einfach: Als Schauspielerin hat man eine wesentlich geringere Arbeitszeit. Wenn man den Verdienst darauf umrechnet, wird die Schauspielerin definitiv besser bezahlt.
Man beschäftigt sich aber doch lange mit einer Rolle, oder?
Schon, aber aus meiner Erfahrung heraus sind das höchstens mal drei Monate. Als Regisseurin habe ich mich mit dem Projekt „SMS für dich“ über eineinhalb Jahre beschäftigt.
Dann würde ein Verriss Sie auch mehr schmerzen, als wenn Sie „nur“ vor der Kamera gestanden hätten?
Er würde mich mehr angehen, ja. Als Schauspielerin übergebe ich meine darstellende Arbeit quasi dem Regisseur, der dann die künstlerische Gesamtverantwortung trägt. Hier im aktuellen Fall ist ja der ganze Film meine Arbeit. Da kann ich mich hinter niemandem verstecken.
Sind Sie erfolgsbeteiligt?
War mir hier jedenfalls nicht vordergründig wichtig.
Til Schweiger oder Matthias Schweighöfer produzieren ihre Filme auch gern noch mit oder schreiben das Drehbuch – sind solche Multitalente für Sie Vorbild?
Die Produktion würde ich mir nicht auch noch aufhalsen wollen. Das wäre mir dann doch zu viel. Mir fehlt da völlig das Know-how.
Til Schweiger agiert etwa über Facebook gern mal politisch, Schweighöfer nie. Welche Strategie verfolgen Sie?
Ich äußere mich, wenn mir etwas wichtig ist.
Und wie kommt das bei der Fanbase an?
Weniger. Lustige Selfies laufen besser als solche Statements, die ich mir aber dennoch erlaube, wenn mir etwas am Herzen liegt. Wer sich engagiert, hat eben Befürworter und Gegner. So ist das Leben.
Würden Sie andererseits auf Facebook oder Twitter Schleichwerbung machen für Handtasche X oder Label Y?
Ich möchte ich bleiben. Jeder Vertrag bedeutet eine neue Verpflichtung. Ich will kein Sponsoring-Paket werden, sondern als Karoline Herfurth erkennbar bleiben.
Womit kann man als Schauspielerin heute sonst noch Geld verdienen … außer Rollen?
Werbung. Ich habe das bislang aber nur drei Jahre für Jil Sander, ein Jahr für Opel bei der Kampagne „Umparken im Kopf“ und aktuell für das Dessous-Unternehmen Triumph gemacht. Die meisten Angebote lehne ich ab.
Weil es zu wenig Geld bringt?
Weil es passen muss.
Und sogenannte „Red Carpets“ bringen nichts?
Für manche sind solche Auftritte auf roten Teppichen schon fast eine Art Beruf geworden. Ich dosiere aber auch das ziemlich stark.
Immerhin leisten Sie sich eine eigene Stylistin …
… weil die richtige Wahl des passenden Outfits zumindest für mich früher einen unglaublichen Aufwand bedeutete. In den USA ist daraus mittlerweile ein florierender Geschäftszweig geworden. Öffentlichkeit ist nun mal ein großer Teil meines Berufs. Also nehme ich mir lieber professionelle Unterstützung. Ich fühle mich wohler und sicherer, wenn ich mich auch gut angezogen fühle, lasse mich da aber bewusst nicht sponsern.
Sie haben mal einen Großteil Ihrer Kleiderschränke entmüllt und alles weggeworfen. Welche Lebenskrise steckte hinter so einer Aktion?
Na ja, ich bin 30 geworden. Und ein bisschen erwachsener. Da gab’s in mir so eine Art Stil-Umbruch. Vorher war mein Kleiderschrank eher ein wildes Potpourri.
Haben Sie eine Strategie, was die nächsten fünf Jahre an Projekten bringen sollen?
Ich glaube nicht, dass unsere Branche für solche langfristigen Projekte ausgerichtet ist. Man schaut, was kommt, und guckt, ob es Sinn macht oder nicht.
Frau Herfurth, vielen Dank für das Interview.