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Altersvorsorge Lebensversicherungen bleiben vorerst sicher

Verwerfungen im Aktien- und Anleihemarkt setzen auch die Portfolios der Lebensversicherer unter Druck. Doch noch verfügen die Unternehmen über eine große Finanzkraft.
30.03.2020 - 12:13 Uhr Kommentieren
Corona: Welche Auswirkungen die Krise auf Lebensversicherungen hat Quelle: dpa
Lebensversicherung

Die massiven Verluste an den Börsen und die Risikoaufschläge bei Anleihen haben auch die Portfolios der Lebensversicherer unter Druck gesetzt.

(Foto: dpa)

München Die wirtschaftlichen Folgen der Coronakrise lassen derzeit viele Deutsche um ihren Arbeitsplatz und ihre finanzielle Lage bangen. Hinzu kommt, dass viele Bürger begonnen haben, an der Sicherheit ihrer Altersvorsorge zu zweifeln.

Grund sind die massiven Verluste an den Börsen sowie die Risikoaufschläge bei Anleihen in den vergangenen Wochen und Tagen. Denn diese starken Schwankungen wirken sich auch auf die gewaltigen Portfolios der Lebensversicherer aus.

Die Branche selbst versucht zu beruhigen. Eine Solvenzquote von 212 Prozent, wie sie noch zum Jahreswechsel in den Büchern der Allianz stand, dürfte man heute wohl nicht mehr erreichen, erklärte ein Sprecher. Von der Marke von 160 Prozent sei man jedoch weiter deutlich entfernt.

Erst wenn diese Schwelle nachhaltig erreicht wird, würde das Management des Konzerns eine Reihe von Maßnahmen überdenken. Auch das im Februar neu aufgelegte Aktienrückkaufprogramm über 1,5 Milliarden Euro sowie der Dividendenvorschlag von 9,60 Euro für das abgelaufene Jahr würden dann noch einmal überprüft werden.

Die sogenannte Solvency-II-Quote ist für die Versicherer die wesentliche Maßzahl für die eigene Kapitalstärke. Nach den Vorgaben der Aufseher muss sie mindestens bei hundert Prozent liegen, um alle finanziellen Verpflichtungen erfüllen zu können. Davon ist jedoch nicht nur die Allianz im Moment weit entfernt.

Denn auch Wettbewerber äußern sich ähnlich. Bei der HDI-Gruppe in Hannover betrug die Solvenzquote zum Jahreswechsel 211 Prozent und lag damit auf Höhe der Allianz-Quote.

„Trotz der erheblichen Veränderungen bei Aktien, Zinsen und Risikoaufschlägen für Anleihen in der Zeit vom 1. Januar bis zum 20. März 2020 bewegt sich die Solvency-II-Quote vor Übergangsmaßnahme komfortabel innerhalb der Zielspanne von 150 bis 200 Prozent“, teilte der Versicherer aus dem Talanx-Konzern am Freitag mit.

Was bei ausländischen Versichern gilt

Die HDI-Gruppe bewertet ihre Finanzkraft ohne Übergangsmaßnahmen. Das ist die strengere Variante der beiden Bewertungsmöglichkeiten, die die Aufseher der Bafin den Versicherern gewähren. Die einfachere enthält Maßnahmen, die Erleichterungen bei versicherungstechnischen Rückstellungen bieten.

Auch bei ausländischen Versicherern, die mit ihren Tochtergesellschaften am deutschen Markt unterwegs sind, gibt es ähnliche Maßzahlen zur Bewertung der eigenen Finanzkraft. Bei Schweizer Instituten ist das beispielsweise der Swiss Solvency Test (SST), der mit der deutschen Berechnung der Solvenzquote vergleichbar ist.

Die Swiss Life, die auch in Deutschland stark vertreten ist, zeigte zum Jahreswechsel noch eine Quote von rund 200 Prozent. „Aktuell liegt die SST-Quote bei rund 175 Prozent und damit im oberen Drittel des Zielbands von 140 bis 190 Prozent“, heißt es jetzt von dort.

Viele Häuser betonen derzeit, wie sehr sie zuletzt ihre Positionen am stark schwankenden Aktienmarkt abgebaut haben. Oftmals schreiten dabei Automatismen bei den Versicherern ein, die Aktien zum Verkauf stellen, sobald eine bestimmte Kursschwelle unterschritten wurde, weil man befürchtet, dass die Kurse noch tiefer fallen.

Angesichts eines Minus von zeitweise bis zu 40 Prozent im Dax dürfte dieses Instrument in den vergangenen Wochen und Tagen häufig zum Einsatz gekommen sein.

Bei Swiss Life wurde die Aktienquote im Portfolio demnach seit dem Jahreswechsel etwa auf zwei Prozent halbiert. Bei der Talanx liegt der Anteil gar nur noch bei einem Prozent im Vergleich zu mehr als sechs Prozent, die man bei den insgesamt acht Wettbewerbern aus der Vergleichsgruppe erkenne, heißt es aus Hannover.

Auch bei Anleihen mit einem Rating von „BBB“ oder schlechter sei der Anteil mit 22 Prozent geringer als der ermittelte Durchschnitt von 25 Prozent bei den Wettbewerbern.

Für Kunden bedeutet das, dass sie in Zukunft noch stärker als bisher schon bei einem Neuabschluss darauf achten sollten, wie ein Lebensversicherer das Geld der Kunden anlegt. Soll das doch über mehrere Jahrzehnte sicher sein und auch Krisen wie die jetzige durch Corona gut überstehen.

Immobilien erweisen sich als hohe Sicherheit im Portfolio

Als hohe Sicherheit und zuletzt auch als Renditetreiber erwies sich dabei ein hoher Anteil an Immobilien im Portfolio. Deren Wert dürfte in Zeiten von Corona zwar nicht mehr so stark steigen wie in den vergangenen Jahren, ein Preisverfall dürfte aber ebenfalls nicht eintreten, glauben Experten.

Vorreiter war dabei in der Vergangenheit die mittelgroße Berliner Ideal Versicherung. Sie hat nach eigenen Angaben mit rund 24 Prozent die höchste Immobilienquote am Markt, nahezu alle Objekte liegen in Berlin.

Und weil die Ideal Anfang der 2000er-Jahre bereits mit dem Immobilienkauf begonnen hat, konnten sich deren Kunden zuletzt auch über die höchste Verzinsung am Markt freuen. Bei 3,3 Prozent liegt die Basisverzinsung auch für das laufende Jahr. Damit liegt man laut der Ratingagentur Assekurata etwa einen Prozentpunkt über dem Marktdurchschnitt in Deutschland.

Auch andere Versicherer wie die LV 1871 oder „Die Bayerische“ setzen seit vielen Jahren auf einen hohen Anteil an Immobilien. Sie besitzen dabei nicht nur Häuser in besten Lagen, sondern investieren teils mit eigener Bauabteilung in neue Objekte.

Dabei spielt die vom Gesetzgeber geforderte „Fristenkongruenz“ eine wesentliche Rolle. Die Kundengelder müssen demnach zeitlich passend zu den Laufzeiten der Policen angelegt werden. Das ist bei Immobilienbesitz stets gegeben.

Das gilt auch für Infrastrukturprojekte. In den vergangenen Jahren haben viele Versicherer deswegen in Solar- und Windparks, in Autobahnabschnitte sowie in Strom-, Gas- und Wassernetze investiert. Für viele Versicherer waren solche Investments bislang nicht nur als Sicherheit, sondern auch als Renditetreiber interessant. Ließen sich damit doch Verzinsungen von oftmals mehr als sieben Prozent pro Jahr erzielen.

Attraktivität von festverzinslichen Wertpapieren schwindet

Das trieb die Preise für solche Investments deutlich nach oben. Dennoch dürften die Versicherer sich auch weiterhin verstärkt um solche Projekte bemühen. Schwindet doch mit einem weiteren Ausbreiten der Coronakrise sowohl die Attraktivität als auch die Sicherheit von festverzinslichen Wertpapieren. Sie stellen bei den meisten Versicherern mit einem Anteil von teils deutlich über 80 Prozent noch immer die größte Anlageklasse dar.

Jedoch zeichnete sich hierbei in den vergangenen Jahren bereits der Trend ab, dass langfristig angelegte Staatspapiere bei Fälligkeit nur noch zu einem deutlich geringeren Zinssatz angelegt werden können als bisher. Hohe Sicherheit wird so mit deutlich weniger Rendite erkauft.

Ganz anders ist die Gefahr bei den renditestärkeren Unternehmensanleihen, auf die viele Versicherer in den vergangenen Jahren vermehrt gesetzt haben. Geraten die ausgebenden Unternehmen durch die Coronakrise weiter unter Druck, droht hier womöglich so mancher Ausfall.

Die Experten der Allianz haben hierzu am Freitag einen Umsatzrückgang von 15 bis 25 Prozent für Europas Unternehmen prognostiziert. Bis zu 13000 kleinen und mittleren Unternehmen könnte die Pleite drohen, so die Experten.

Für die deutschen Lebensversicherungskunden ist die Lage somit noch nicht bedrohlich, die Gefahren nehmen jedoch bei einem weiteren Fortgang der Coronakrise zu.

Mehr: Lebenspolice als Geldanlage: Geheimtipp oder Fehlgriff?

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