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Restschuldversicherung Raus aus der Schmuddelecke

Wenn es Finanzprodukte gibt, deren Ruf infrage gestellt wird, dann zählen die sogenannten Restschuldversicherungen dazu. Doch die Branche wehrt sich gegen das Buhmann-Image – und geht in die Offensive.
19.07.2017 - 12:42 Uhr 1 Kommentar
Für den Fall , dass ein Kunde sein Darlehen nicht mehr bedienen kann, bieten Banken zum Kredit häufig gleich die passende Versicherung an.
Konsumentenkredite

Für den Fall , dass ein Kunde sein Darlehen nicht mehr bedienen kann, bieten Banken zum Kredit häufig gleich die passende Versicherung an.

Frankfurt Es ist ein Nischengeschäft, das umstritten ist wie wenige andere Versicherungen. Von „Abzocke“ sprach die Grünen-Abgeordnete Nicole Maisch im Zusammenhang mit Restschuldversicherungen. Ende Juni, bevor sich das Parlament in die Sommerpause verabschiedete, verschärfte der Bundestag die Regulierung für die Policen, die vielen Kreditnehmern beim Abschluss eines Ratenkredits gleich mitverkauft werden.

Die Branche hat die scharfen Vorwürfe noch nicht verdaut. „Ich glaube nicht, dass dieser negative Eindruck, der da entstanden ist, von selbst wieder verschwinden wird“, sagt David Furtwängler, Vorstandschef von BNP Paribas Cardif.

Tatsächlich ist der Ruf der Policen mächtig angekratzt. Verbraucherschützer hätten regelmäßig mit Konsumenten zu tun, die sich nicht im Klaren darüber waren, dass der Vertrag für sie nur optional und nicht verpflichtend war, klagen die Verbraucherzentralen. Denn Restschuldversicherungen werden häufig zusammen mit einem Kreditvertrag abgeschlossen, etwa beim Kauf einer Waschmaschine im Elektromarkt auf Pump. Die Versicherung greift, wenn wegen Arbeitslosigkeit oder Todesfall nicht mehr getilgt werden kann.

Allerdings kann eine Restschuldversicherung den Preis für den Kredit deutlich in die Höhe treiben. Die Große Koalition verständigte sich deshalb auf eine Verbesserung des Verbraucherschutzes beim Vertrieb der Produkte. Der Versicherungsnehmer wird nach den neuen Regelungen eine Woche nach Abschluss der Restschuldversicherung noch einmal schriftlich darauf hingewiesen, dass er sie noch widerrufen kann. Neu ist auch, dass der Zinssatz für den Kredit und die Kosten für die Restschuldversicherung getrennt und klar erkennbar ausgewiesen werden.

Wann die Versicherung hilft – und wann nicht
Wo sich die Verbraucher irren
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Ob Auto oder Hausrat – an Versicherungen kommt man in Deutschland kaum vorbei. Doch so praktisch die Policen auch sind, führen sie Verbraucher häufig auch in die Irre. Das Vergleichsportal „Toptarif“ hat die wichtigsten Irrtümer zusammengestellt.

(Foto: obs)
Wer eine Versicherung abschließt, ist sofort versichert
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Wer eine private Versicherung abschließt, kann sie auch sofort in Anspruch nehmen? Falsch! Denn einige Policen besitzen sogenannte Wartezeiten. Damit wollen Versicherer verhindern, dass sie für Kosten aufkommen müssen, die bereits vor Vertragsabschluss entstanden oder absehbar waren. Die Dauer der Wartezeit variiert von Versicherung zu Versicherung. Sind es bei Rechtsschutzversicherungen für einige Rechtsbereiche drei Monate, kann die Wartezeit bei einer Zahnzusatzversicherung sogar bis zu acht Monate betragen. Nur für Versicherungsfälle nach Ablauf dieser Frist gibt es Geld.

(Foto: obs)
Die Haftpflicht zahlt jeden Sachschaden
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Die Haftpflichtversicherung muss jeden Sachschaden übernehmen, selbst dann, wenn der Schaden nicht unmittelbar, sondern schleichend auftritt. Wer das glaubt, kann eine böse Überraschung erleben. Sorgt zum Beispiel eine leicht beschädigte Wasserleitung mit der Zeit für Wellen im Parkett, kann sich die Versicherung quer stellen. Denn sogenannte „Allmählichkeitsschäden“ sind nicht in jeder Police eingeschlossen. Gerade ältere Policen sind betroffen. Wer dagegen eine frische Haftpflichtversicherung abschließt, hat gute Chancen, dass sie auch schleichend auftretende Schäden übernimmt.

(Foto: obs)
Eltern haften für ihre Kinder – und die Haftpflichtversicherung zahlt
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Wenn Kinder einen Schaden verursachen, springt immer die private Haftpflichtversicherung ein. Irrtum, denn Kinder unter sieben Jahren sind deliktunfähig und für ihre Schäden nicht haftbar – so steht es im Gesetz. In solchen Fällen haften die Eltern nicht. Solange sie ihre Aufsichtspflicht nicht verletzt haben, müssen sie auch nicht für den Schaden aufkommen.

(Foto: obs)
Wenn ein Warnschild angebracht ist, müssen Eltern haften
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Ein Warnschild „Eltern haften für Ihre Kinder“ hat übrigens keinen Einfluss darauf, ob die Eltern tatsächlich haften oder nicht. Auch hier gilt: Eltern haften nur, wenn sie ihre Aufsichtspflicht verletzt haben.

(Foto: Picture Alliance)
Die Unfallversicherung zahlt jeden Unfall
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Viele Verbraucher gehen davon aus, dass die Unfallversicherung für alle Unfälle aufkommt – egal wo, wie und wann sie geschehen sind. Dabei können Versicherte nur dann Leistungen beanspruchen, wenn sie dauerhafte gesundheitliche Einschränkungen erleiden. In erster Linie hängt die Erstattung dann von der Tatsache ab, ob die Definition eines Unfalls erfüllt ist. Laut den Musterbedingungen des GDV liegt ein Unfall vor, ....

(Foto: picture-alliance)
Die Unfallversicherung zahlt jeden Unfall
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....wenn die versicherte Person durch ein plötzlich von außen auf ihren Körper wirkendes Ereignis (Unfallereignis) unfreiwillig eine Gesundheitsschädigung erleidet. Wer beim Laufen also umknickt und sich bleibende Schäden zuzieht, geht wohl leer aus. Es fehlt die Einwirkung von außen. Ebenso fallen Unfälle durch Bewusstseinsstörungen, wie zum Beispiel Trunkenheit oder Kreislaufstörungen, sowie alle normalen Erkrankungen aus dem Leistungskatalog. Aber auch hier gilt: Neue Tarife zahlen auch bei Schäden durch Eigenbewegungen, also bei Selbstverschulden oder bei bestimmten Bewusstseinsstörungen.

(Foto: dpa)

Die großen Anbieter von Restschuldversicherungen wie BNP Paribas Cardif wollen die Kritik nicht auf sich sitzen lassen – und gehen nun in die Offensive. „Die Versicherungen als überteuert oder nicht bedarfsgerecht zu kritisieren, ist nicht angemessen“, klagt Furtwängler. Es gebe ein reales Risiko, bei Arbeitsunfähigkeit oder Krankheit die Raten für Kredite nicht mehr bezahlen zu können, verteidigt er sein Produkt. „In diesem Fall springen die Restschuldversicherungen ohne aufwendige Prüfungen ein.“ Auch der Vorwurf, die Verträge würden unwissenden Kunden gegen deren Willen mitverkauft, sei unzutreffend, kritisiert Furtwängler. Die Banken betrieben einen großen Aufwand, um ihre Kunden zu informieren.

„Wir müssen als Branche daran arbeiten, das Image dieses Produkts wieder zu verbessern“, kündigt der Topmanager an. Deshalb denke die Branche darüber nach, „ein branchenweites Gütesiegel einzuführen, das ähnlich wie beim Ratenkredit den Verbrauchern von vorneherein einen hohen Qualitätsstandard signalisiert, den sie dann auch einfordern können“.

Gemessen am Versicherungsvolumen in Deutschland sind die Policen ein Nischengeschäft – das aber für ungewöhnlich viel Ärger sorgt. So machten die Restschuldversicherungen 2015 nur 3,5 Prozent der versicherten Summe aller neu abgeschlossenen Policen aus. Doch pro Jahr werden nach Angaben des Bundesverbands der Verbraucherzentralen rund 300.000 neue Verträge abgeschlossen. Demnach existieren derzeit rund 1,5 Millionen abgeschlossene Verträge mit einer Gesamtversicherungssumme von mehr als zehn Milliarden Euro.

Als Marktführer gelten in Deutschland die Rheinland-Versicherungsgruppe und die Talanx-Versicherung, die Policen über ihre Marken Neue Leben, Postbank Versicherung und Targo anbietet. Danach folgt Furtwänglers BNP Paribas Cardif. In Großbritannien gab es schon vor einigen Jahren eine Beschwerde von Verbraucherschützern gegen eine Koppelung von Krediten und einer begleitenden Restschuldversicherung, die dort „Payment Protection Insurance“ heißt. Die Klagen über eine Vielzahl von Fehlberatungen sorgte mit dafür, dass die Restschuldversicherung in Großbritannien nicht am selben Tag wie der Kredit abgeschlossen werden darf, sondern erst mit einer Woche Verzögerung.

Für viele vermittelnde Banken sind die Policen ein gutes Geschäft. Experten des Bundesverbands der Verbraucherzentralen gehen davon aus, dass teilweise mehr als die Hälfte der Prämie als Provision an die Bank fließt. Ein Aspekt, bei dem auch Furtwängler noch Nachbesserungsbedarf ausmacht. „Grundsätzlich sollten die Provisionen auf ein Maß zurückgeführt werden“, sagte der BNP-Paribas-Cardif-Chef, „das in einem gesunden Verhältnis zur Leistung des Vermittlers steht.“ In den Bankhäusern wird man dies sicher aufmerksam vernehmen.

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1 Kommentar zu "Restschuldversicherung: Raus aus der Schmuddelecke"

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  • Sehr geehrter Herr Herz,

    den Sinn oder Unsinn einer Restschuldversicherung zu beurteilen, fällt schwer. Klar ist nur, dass viele Policen masslos überteuert sind.

    Nehmen wir einmal das Beispiel, dass ich eine Waschmaschine auf Pump kaufe. Was passiert denn eigentlich, wenn ich nun sterbe? Darf ich erwarten, dass mich der Lieferant bis in meinen Sarg hinein mit Zahlungsbefehlen verfolgt? Wahrscheinlich nicht. Aber der Lieferant könnte natürlich meine angeschlossene Maschine abmontieren, abtransportieren und als "gebraucht" verkaufen. Schwer vorzustellen, dass sich dieser Aufwand lohnt. Und wenn ich arbeitslos werde? Da gilt sinngemäß das Gleiche. Wo nichts zu holen ist, guckt der Lieferant in die Röhre.

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