Versicherungsombudsmann Darüber beschweren sich die Versicherungskunden in der Coronakrise

Über Reiseversicherungen gab es im Corona-Jahr 2020 deutlich mehr Beschwerden als üblich.
Frankfurt Während der Corona-Pandemie kam es zu deutlich mehr Streitfällen zwischen Verbrauchern und ihrer Reiseversicherung als zuvor. Mehr als 900 Beschwerden gingen dazu beim Versicherungsombudsmann ein, wie die als Verein organisierte Schlichtungsstelle am Donnerstag mitteilte. „In der Reiseversicherung haben die Beschwerden im vergangenen Jahr um fast 80 Prozent zugenommen“, sagte Versicherungsombudsmann Wilhelm Schluckebier, ehemaliger Richter des Bundesverfassungsgerichts, bei einer Online-Pressekonferenz.
Insgesamt gingen bei dem Verein im vergangenen Jahr 13.325 zulässige Fälle ein. Das waren zwar 1,8 Prozent mehr als 2019. Die Zahl bewegt sich aber im Rahmen der langjährigen Schwankungsbreite.
Bei über einem Viertel der Fälle ging es um die Rechtsschutzversicherung, auf die seit einigen Jahren der größte Teil der Beschwerden entfällt. Die Beschwerden in der Lebensversicherung nehmen tendenziell ab, und die in der Kfz-Versicherung nehmen zu - beide Bereiche sind traditionell auch Schwerpunkte in der Arbeit der Schlichter.
Wegen Corona forderten viele Verbraucher die Erstattung der Beiträge zur Reiseversicherung, wenn der Veranstalter die Reise abgesagt hatte. Bei Reisegepäck-, Reiseabbruch- und Auslandsreisekrankenversicherungen als Einmalpolicen gab es in der Regel das Geld zurück. Anders sah es bei der Reiserücktrittsversicherung aus, die den höheren Beitragsanteil ausmacht, denn der Versicherer hat hier bis zur Absage tatsächlich das Risiko eines Rücktritts getragen.
Weiter ging es um die Frage, ob Versicherer die Stornokosten von Reisen übernehmen mussten, wenn Kunden aufgrund der Reisebeschränkungen oder der Sorge, an Covid-19 zu erkranken, zurückgetreten waren. In vielen Fällen konnte der Ombudsmann nicht weiterhelfen, da die bloße Angst vor einer Ansteckung kein Rücktrittsgrund ist.
Teilweise reklamierten Versicherer fehlende ärztliche Atteste. Durch die Einschränkungen infolge des Lockdowns konnten Verbraucher diese häufig nicht oder nur per telefonischer Kontaktaufnahme mit dem Arzt erhalten. In manchen Fällen konnte der Ombudsmann hier aber einen Vergleich für die Versicherten erzielen.
Einstufung in der Kfz-Versicherung ist häufig Streitpunkt
In der Kfz-Haftpflichtversicherung beobachtete Schluckebier ebenfalls neue Themen, die während der Pandemie aufkamen. Viele Berufstätige sind im vergangenen Jahr auf das Auto umgestiegen, um öffentliche Verkehrsmittel zu meiden. Dadurch konnte häufig die vertraglich vereinbarte Jahresfahrleistung nicht eingehalten werden. Ein Versicherer versuchte sogar, seinem Kunden eine Vertragsstrafe aufzubrummen.
Beim Anbieterwechsel in der Kfz-Haftpflicht- und der -Kaskoversicherung kam es zudem verstärkt zu Irritationen bei Rabattschutzvereinbarungen und Sondereinstufungen bei den Schadensfreiheitsklassen. Nicht immer können Verbraucher diese Konditionen zum neuen Versicherer mitnehmen, was dann in manchen Fällen zu Korrekturen und entsprechendem Ärger führte. Versicherer sollten, so Schluckebier, hier deutlicher machen, wie der Versicherte bei einem Wechsel dastehen würde.
Daneben hatte die Schlichtungsstelle es unter anderem in der Rechtsschutzversicherung mit zahlreichen Fällen zu tun, die im Zusammenhang mit der aktuellen Rechtsprechung standen. Dabei ging es immer noch um die Folgen der Dieselaffäre und um das Widerrufsrecht bei Verbraucherkrediten und Immobiliendarlehen.
Verfahren gegen Versicherungsunternehmen kann der Ombudsmann bis zu einem Streitwert von 10.000 Euro verbindlich zugunsten des Kunden entscheiden. Das trifft auf über 92 Prozent der im vergangenen Jahr eingereichten Beschwerden zu.
Auch bei der Bafin gehen Beschwerden ein
Die Beschwerden beim Versicherungsombudsmann zeigen indes nur einen Ausschnitt dessen, was Kunden ärgert. Für Streitfälle in der privaten Krankenversicherung ist der PKV-Ombudsmann zuständig. Häufig können unzufriedene Versicherungskunden ihre Probleme auch direkt mit dem Versicherer klären.
Manche Verbraucher wenden sich an Rechtsanwälte, die wiederum manchmal den Ombudsmann einschalten. Daneben gibt es für Verbraucher auch die Möglichkeit, sich bei der Finanzaufsicht (Bafin) zu beschweren.
Laut Jahresbericht bearbeitete die Bafin im Jahr 2020 insgesamt 8.216 Beschwerden zu Versicherungsunternehmen. Die Fälle waren häufig ähnlich gelagert wie beim Ombudsmann. Im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie berichtete die Aufsicht ebenfalls von Beschwerden über die Reiseversicherung, aber auch über die in der Öffentlichkeit viel diskutierte Betriebsschließungsversicherung. Für Letztere ist der Ombudsmann nicht zuständig.
Mehr: Warum es bei Reiseversicherungen zu zahlreichen Streitfällen kommt.
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