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Gastkommentar – Global ChallengesAuf den Weltmeeren wird es unbequem

Die USA reduzieren ihre globale Präsenz auch auf den Seerouten. China wird das Vakuum nutzen und maritime Engstellen kontrollieren. Für Europa ist das gefährlich, warnt Heinz-Werner Rapp. 06.08.2025 - 14:36 Uhr Artikel anhören
Heinz-Werner Rapp ist Gründer und Leiter des FERI Cognitive Finance Institute, des strategischen Forschungszentrums des Investmenthauses FERI-Gruppe. Foto: PR, dpa

Sie sind die Arterien des Welthandels: maritime Seewege mit oft kritischen Engstellen („Choke Points“). Rund 85 Prozent des globalen Handelsvolumens werden per Schiff transportiert. Die Abhängigkeit der Weltwirtschaft von solchen Engstellen zeigte sich erst vor Kurzem, als die USA den Iran bombardierten und die Ölpreise abrupt stiegen.

Der Hintergrund: Der Iran kontrolliert die Straße von Hormus, durch die rund ein Fünftel der weltweiten Öltransporte verschifft werden. Das Land könnte also durch eine Blockade dieses Nadelöhrs die weltweite Ölversorgung massiv stören – und hatte dazu sogar schon einen Beschluss gefasst.

Allerdings übersahen die Märkte einen wichtigen Faktor: China. Das Reich der Mitte ist inzwischen Hauptabnehmer für Öl aus der Golfregion – und dürfte hinter den Kulissen dafür gesorgt haben, dass die Passage trotz der Angriffe weiter offen blieb.

Diese kurze Rückblende wirft ein Schlaglicht auf das Phänomen der sogenannten Global Choke Points – wichtige geoökonomische Risikofaktoren, die aber oft sträflich unterschätzt werden.

Denn: Maritime Engpässe wie die Straße von Hormus, aber auch der Suezkanal, der Panamakanal oder die Straße von Taiwan, sind heute so bedeutend, dass sie potenziell gefährliche Druckpunkte der Weltwirtschaft darstellen. Deren Wichtigkeit wird jedoch meist nur im Krisenfall wahrgenommen, wie zuletzt beim Kurzkrieg gegen den Iran oder am Suezkanal als Folge anhaltender Angriffe der Huthi-Rebellen.

Für die USA ist der Panamakanal strategisch wichtig

Doch zumindest die USA haben das Problem auf dem Radar. Das belegen die von US-Präsident Donald Trump erhobenen Besitzansprüche beim Panamakanal. Trumps Forderung, geäußert noch vor Amtsantritt, klang zunächst absurd. Sie ist aber klares Symptom einer geopolitischen Umwälzung, getrieben vom Großmachtkonflikt zwischen den USA und China.

Deren globale Rivalität betrifft nicht nur Computerchips, sondern zunehmend auch kritische Seewege. Von zentraler Bedeutung ist dabei aus Sicht der USA die Kontrolle über den Panamakanal. Dieser wurde von den USA gebaut und erst 1999 an Panama übertragen.

Für die USA hat der Kanal enorme strategische Bedeutung, da er im Verteidigungsfall eine schnelle Verbindung zwischen der US-Ost- und Westküste bietet. Auch für den US-Handel ist die Passage unverzichtbar. Trumps Vorwurf war, dass Erzrivale China zunehmenden Einfluss auf den Panamakanal ausübe.

Tatsächlich kontrollierten chinesische Unternehmen zuletzt große Teile der dortigen Hafen- und Transportinfrastruktur. In dieser verstärkten chinesischen Präsenz – an einer potenziellen Hauptschlagader der US-Wirtschaft – sehen die USA ein strategisches Sicherheitsrisiko, das nicht länger hinnehmbar ist.

Doch auch China kennt die Bedeutung wichtiger Wasserwege und geoökonomischer Druckpunkte: Chinas Ambition als Großmacht hängt massiv von freien Transportwegen ab, sowohl für die Versorgung mit Rohstoffen als auch den Zugang zu Absatzmärkten.

Entsprechend versucht China, sich strategisch abzusichern – auch durch verstärkte Kontrolle maritimer Engpässe. Primäres Ziel ist dabei die Taiwanstraße, die China (wie die Insel Taiwan) als Teil seines eigenen Hoheitsgebiets betrachtet.

Weitere Kalküle betreffen die Malakkastraße, ein aus Sicht Chinas gefährliches Nadelöhr zwischen dem Indischen Ozean und dem Südchinesischen Meer, aber auch den Suezkanal und die Straße von Hormus.

Die Sicherheit auf den globalen Meeren sinkt

Ein echter Gamechanger ist jedoch die aktuelle geopolitische Umwälzung – spürbar als Ende der „Pax Americana“: Künftig werden die USA ihre weltweite Präsenz reduzieren, auch auf den Weltmeeren.

Kolumne „Global Challenges“
Die Idee

Die USA unter Trump haben bereits erklärt, sich nicht länger für die internationale Ordnung und die kostspielige Sicherung maritimer Verkehrswege zu engagieren. Das entstehende Vakuum auf den Weltmeeren dürfte China künftig nutzen, um seine eigene Agenda voranzutreiben.

Für Europa ist diese neue Konstellation gefährlich, denn bislang war stets Verlass auf die Sicherung des freien Welthandels durch die USA. Amerika bewirkt nun aber mit seinem Rückzug, dass die Sicherheit der globalen Seewege abnimmt. Dies gilt speziell für solche Routen und Engstellen, die für die USA nur geringe Bedeutung haben.

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Darunter fallen sowohl der Suezkanal als auch die Straße von Hormus. Künftig wird sich Europa also entscheiden müssen: Werden höhere geoökonomische Risiken akzeptiert, oder ist man bereit, durch eigene Sicherheitsmissionen mehr Verantwortung zu übernehmen und auch die Kosten dafür zu tragen? Klar ist: Die bequemen Zeiten für Europa sind vorbei – auch auf den Weltmeeren.

Der Autor: Heinz-Werner Rapp ist Gründer und Leiter des FERI Cognitive Finance Institute, des strategischen Forschungszentrums des Investmenthauses FERI-Gruppe.

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