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GastkommentarBoni für gute Leistungen können mehr schaden als nützen

Bonuszahlungen gelten in Lehrbüchern als bewährtes Instrument, um Mitarbeiter zu mehr Leistung anzureizen. Dabei kann aber einiges schiefgehen, warnt Matthias Sutter.Matthias Sutter 18.12.2023 - 10:25 Uhr

Ökonomen glauben gerne, dass finanzielle Anreize menschliches Verhalten in vorhersagbarer Weise beeinflussen. Das stimmt in vielen Fällen auch. Beispielsweise strengen sich Schüler bei Aufgaben des Pisa-Tests mehr an, wenn sie dafür bezahlt werden.

In anderen Fällen aber können finanzielle Anreize genau das Gegenteil von dem bewirken, was angestrebt war. Eines der bekanntesten Beispiele dafür stammt von Uri Gneezy und Aldo Rustichini.

In einem Kindergarten litten die Angestellten darunter, dass Eltern ihre Kinder häufig zu spät abholten, sodass sie nach Dienstschluss noch bleiben mussten. Deshalb führte die Kindergartenleitung eine Strafzahlung für verspätetes Abholen ein. Wenn es etwas kostet, würden die Eltern schon rechtzeitig kommen, so die Überlegung.

Das Gegenteil trat ein: Nach Einführung der Strafzahlung kamen die Eltern noch häufiger zu spät, und sogar die Dauer der Verspätung nahm zu. Viele Eltern meinten nämlich, es wäre in Ordnung, die Kinder erst später abzuholen, da sie ja dafür bezahlten.

Als Reaktion auf diese unerwartete Wirkung wurde die Strafzahlung wieder abgeschafft. Aber da hatten sich viele Eltern schon daran gewöhnt, ihre Kinder später abzuholen, sodass das Experiment den Erziehern dauerhaft schadete.

Bonuszahlungen verändern die Arbeitsmoral

Was in dem Kindergartenbeispiel schiefging, kann auch andernorts missglücken. Jakob Alfitian, Dirk Sliwka und Timo Vogelsang haben sehr ähnliche Effekte bei einer deutschen Handelskette gefunden, die die häufige Abwesenheit von Lehrlingen mit finanziellen Anreizen reduzieren wollte.

Dazu führte die Handelskette ein System ein, wonach Lehrlinge für jeden Monat ohne Fehltage (abgesehen von Urlaubstagen) Bonuspunkte erhielten, die im Laufe des Jahres zu Zahlungen von bis zu 240 Euro führen konnten.

Entgegen den Hoffnungen und Erwartungen hatte dieses System aber einen negativen Einfluss: Es kam zu um durchschnittlich fast fünf Arbeitstage höheren Fehlzeiten pro Jahr.

Die Autoren stellten in Befragungen fest, dass die Bonuszahlungen die Arbeitsmoral veränderten. Sie unterminierten die Norm, regelmäßig zur Arbeit zu erscheinen. Die Lehrlinge fanden es fair, gelegentlich nicht zur Arbeit zu erscheinen, wenn sie dafür auf eine Bonuszahlung verzichteten. Das ist genau der gleiche Effekt, aufgrund dessen die Eltern ihre Kinder später abholten, sobald sie für Verspätungen zu zahlen hatten.

Man sollte daher auf Gebieten, in denen soziale Normen eine wichtige Rolle spielen, sehr vorsichtig mit schwachen finanziellen Anreizen sein. Die Anreize müssen stark genug sein, um auch dann noch das gewünschte Verhalten herbeizuführen, wenn sie andere Anreizformen schwächen. Ist das zu teuer oder aus anderen Gründen nicht erwünscht, sollte man es eher lassen.

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