Gastkommentar – Homo oeconomicus: Mehr Macht den Computern: Algorithmen treffen bessere Personalentscheidungen

Unternehmen können mithilfe von Algorithmen geeignete Bewerber auswählen.
Die Anzahl an Bewerbungen für offene Stellen ist mitunter so groß, dass Unternehmen computerisierte Algorithmen einsetzen, um aus der Menge der Bewerbungen den besten Kandidaten oder die beste Kandidatin auszuwählen. Beispielsweise können solche Algorithmen Fragebogendaten von Bewerberinnen und Bewerbern zu ihren technischen und kognitiven Fähigkeiten, den Computerkenntnissen und Persönlichkeitseigenschaften verwerten.
Trainiert werden die Algorithmen mit Daten aus der Vergangenheit darüber, wie Bewerberinnen auf deren späterer Arbeitsstelle abschnitten, etwa im Hinblick auf Produktivität und Verweildauer im Unternehmen.
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Allerdings können solche Algorithmen Verzerrungen unterliegen, wenn sie zum Beispiel Frauen schlechter bewerten, weil in den Trainingsdaten relativ viele junge Frauen enthalten waren, die im Beobachtungszeitraum Kinder bekamen, aber darum soll es im Folgenden nicht gehen. Stattdessen will ich mich mit der Frage befassen, wie das Zusammenspiel von Algorithmen und menschlichen Entscheidungsträgern aussehen kann und ob Entscheidungsspielräume für Personaler mehr Vorteile als Nachteile haben.
Mitchell Hoffmann von der Universität in Toronto ist gemeinsam mit Kollegen dieser Frage mithilfe von Daten von 445 Personalmanagern nachgegangen, die zusammen mehr als 90.000 Stellen in 15 nordamerikanischen Firmen besetzten. Diese Firmen unterstützten ihre Personalabteilungen durch ein automatisiertes Testverfahren, das Bewerbungen in Grün (hohes Potenzial), Gelb (mittleres Potenzial) und Rot (geringes Potenzial) einteilte.
Die Stellenbesetzungen fanden im unteren Segment des Arbeitsmarkts statt, etwa für Dateneingabetätigkeiten, Mitarbeit in Callcentern oder einfache Datenauswertungstätigkeiten. Die Personalmanager waren angehalten, auf die farblich abgestuften Computerempfehlungen zu achten, hatten aber freie Wahl, wen sie letztlich einstellten.

Matthias Sutter ist Direktor am Max-Planck-Institut Bonn und Autor von „Der menschliche Faktor oder worauf es im Berufsleben ankommt“.
Hoffmann und Kollegen überprüften, ob es für das Unternehmen gut war, wenn ein Manager jemanden mit einer „gelben“ Bewertung einstellte, obwohl jemand mit einer „grünen“ Bewertung verfügbar gewesen wäre. Die Ergebnisse sind eher ernüchternd für die Qualität menschlichen Entscheidungsvermögens. Die von Personalmanagern trotz einer zweitklassigen Bewertung durch den Algorithmus Ausgewählten blieben im Schnitt weniger lang im Unternehmen und waren weniger produktiv als die mit erstklassiger Computerbewertung Eingestellten.
Interessanterweise waren aber selbst solche Einstellungsentscheidungen gegen die Computerempfehlung im Schnitt noch besser als diejenigen in Unternehmen, die im Einstellungsprozess keine computerisierten Empfehlungen berücksichtigten. Personalauswahl kann also vom Zusammenspiel von Mensch und Maschine profitieren, wenngleich offenbar – zumindest im hier präsentierten Fall – noch Luft nach oben besteht.
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