Homo oeconomicus: Ein Erbschaftsteuersatz von zehn Prozent sollte Betriebe nicht gefährden
In den vergangenen zehn Jahren haben in Deutschland rund 460 Menschen ein Vermögen von mehr als 100 Millionen Euro geerbt oder geschenkt bekommen. In über 250 Fällen, also deutlich über der Hälfte, floss darauf keine Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer. Denn die Erbschaftsteuerbelastung in Deutschland hängt entscheidend davon ab, was man erbt.
Dazu ein paar Beispiele:
Anna und Ben erben jeweils zwei Millionen Euro.
- Anna bekommt von ihrem Vater ein Wertpapierdepot mit diesem Wert. Nach Abzug des Freibetrags bleiben 1,6 Millionen Euro steuerpflichtig, darauf zahlt sie 304.000 Euro Erbschaftsteuer.
- Ben erbt denselben Betrag, aber in Form von GmbH-Anteilen an einem Familienunternehmen. Für Betriebsvermögen gibt es weitreichende Verschonungsregeln. Nach Berücksichtigung des Freibetrags zahlt Ben: nichts.
Ähnlich ungleich ergeht es Clara und David.
- Clara erbt von einem Onkel Anteile im Wert von zwei Millionen Euro an einer Familien-GmbH, die rund 300 Wohnungen vermietet. Weil die Gesellschaft als gewerblich gilt, werden die Anteile als Betriebsvermögen behandelt. Clara zahlt keinen Cent.
- David dagegen erbt von seinem Onkel eine vermietete Eigentumswohnung im selben Wert – und zahlt 594.000 Euro Erbschaftsteuer.
Dass es solche Unterschiede gibt, liegt am System. Die Erbschaftsteuer unterscheidet stark nach Verwandtschaftsgrad und danach, aus welcher Vermögensart das Erbe besteht. Besonders großzügig sind die Privilegien für Betriebsvermögen: Wer ein Unternehmen erbt und es weiterführt, zahlt unter bestimmten Bedingungen gar keine Steuern. Davon profitieren auch große Wohnungsunternehmen, während private Vermieter die Steuer voll zahlen müssen. Finanzvermögen wird immer voll angesetzt und besteuert. So entsteht eine Steuer, die kaum die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit abbildet.
Wie könnte ein besseres Erbschaftsteuersystem aussehen? Um die beschriebenen Ungleichheiten zu verhindern, bräuchte es einen einheitlichen Steuersatz auf alle Vermögensarten, ohne Ausnahmen. Der Steuersatz muss dann niedrig bleiben, um die Belastung für Familienunternehmen nicht zu hoch werden zu lassen. Diese Betriebe sind einer der wichtigsten Vermögensbestandteile in Deutschland und das Rückgrat der deutschen Wirtschaft.