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Homo oeconomicusMit ordnungspolitischen Traditionen verliert Deutschland

Der Erfolg Chinas zeigt, dass man mit der Verbesserung der allgemeinen Rahmenbedingungen allein in wirtschaftlichen Umbruchzeiten den Kürzeren zieht, warnt Peter Bofinger.Peter Bofinger 25.11.2024 - 11:51 Uhr Artikel anhören
Ein E-Auto von Nio bei der Tianjin International Auto Show: China dominiert den internationalen Markt für Elektroautos. Foto: IMAGO/CFOTO

Die nächste Bundesregierung wird es mit einer Wirtschaft zu tun haben, die sich in der größten Krise der Nachkriegszeit befindet. CDU-Chef und Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz hat daher recht, wenn er eine „grundlegend andere Wirtschaftspolitik“ fordert.

Unstrittig dürfte sein, dass die Probleme auf der Angebotsseite liegen. Für die erforderliche Angebotspolitik gibt es zwei Alternativen, die Lindner in seinem Papier „Wirtschaftswende in Deutschland“ gut beschrieben hat.

Lindner setzt auf traditionelle Angebotspolitik, auf „das deutsche Erfolgsrezept, durch eine Verbesserung der allgemeinen ordnungspolitischen Rahmenbedingungen die Attraktivität, Wettbewerbsfähigkeit und Innovationskraft des Wirtschaftsstandorts umfassend und technologieoffen zu stärken“. Der Ansatz sei „ergebnisoffen“.

Industriepolitik als Alternative

Er widerspreche „den Erwartungen der politischen Öffentlichkeit nach (…) einem ‚Masterplan‘“. Deutschland müsse sich wieder auf „die ordnungspolitische Tradition der Sozialen Marktwirtschaft“ besinnen. Zu diesem Konzept gehört auch die Vorstellung, dass sich die Herausforderungen mit striktem Festhalten an der Schuldenbremse bewältigen lassen.

Kennzeichnend für die alternative Konzeption von Angebotspolitik ist, wie es Lindner beschreibt, eine „vertikale Industriepolitik durch staatliche Feinsteuerung und über kreditfinanzierte Subventionen und selektive Regulierungen“.

Der Autor: Peter Bofinger ist Ökonomieprofessor an der Universität Würzburg und war Mitglied des Sachverständigenrats. Foto: SVR

Für Lindner ist das der falsche Weg: „Da die Technologien und Zeitgeist sich permanent weiterentwickeln, sind Entscheidungen zur selektiven Intervention meist mit dem Zeitpunkt ihrer Umsetzung schon veraltet und tragen Entscheidungen und Machtstrukturen von gestern ins Morgen fort.“ Das führe zu „erhöhter wirtschaftspolitischer Unsicherheit“. Unternehmen entwickelten ihre Strukturen am Markt vorbei, was zu einer Gefährdung des Geschäftsmodells führe.

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Die Frage stellt sich: Gibt es heute eine größere Volkswirtschaft, die mit so etwas wie einer ordnungspolitischen Tradition der Sozialen Marktwirtschaft und ausgeglichenen öffentlichen Haushalten auf den globalen Märkten punkten kann? Und stimmt es, dass es bei einer vertikalen Industriepolitik zu veralteten Strukturen kommt?

Die selektive Industriepolitik Chinas hat im Automobilsektor dazu geführt, dass die deutschen Hersteller mittlerweile ziemlich alt aussehen. Und dies gerade deshalb, weil die Unternehmen dort wissen, dass der Staat konsequent auf die Elektromobilität setzt. In Deutschland hingegen führt die Abwesenheit einer klaren Strategie zu großer Unsicherheit, die unser gesamtes Geschäftsmodell gefährdet.

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Die nächste Regierung sollte sich daher nicht von „ordnungspolitischen Traditionen“ den Blick vernebeln lassen, sondern evidenzbasiert über den Tellerrand hinaus nach den Erfolgsrezepten unserer wichtigsten Wettbewerber Ausschau halten.

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