Newsletter Shift: Mit dieser Methode können Sie Generationenklischees abbauen
Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht. Aber ich finde Debatten über vermeintliche Unterschiede zwischen den Generationen meistens oberflächlich – und immer anstrengend.
Junge Menschen wollten höchstens vier Tage in der Woche arbeiten und lebten nur von Urlaub zu Urlaub, hörte ich zum Beispiel kürzlich von meiner konservativen Tante. Sicherlich mag es „junge Menschen“ geben, auf die das zumindest beispielhaft zutrifft. Aber Pauschalisierungen helfen nicht weiter, im Privaten so wenig wie im Beruflichen. Und sie stimmen nicht.
Studien legen nahe: Beschäftigte verschiedener Generationen lehnen Verallgemeinerungen ab. Dass die junge Generation bereit ist, bei der Arbeit ihr Bestes zu geben, zeigte neulich die Jugendstudie 2025. Simon Schnetzer, einer der Autoren, sagt: „Unser Generationenvergleich zeigt, dass die faule Jugend ein Mythos ist.“ Klar, und genauso wenig ist „der Boomer“ ein Technikverweigerer.
Reden hilft!
Im Büro können Vorwürfe, Projizierungen und falsche Erwartungen allerdings dazu führen, dass Teams nicht richtig funktionieren. Ich bin mir sicher: Gemischte Arbeitsgruppen können sehr viel erreichen, wenn alle Teammitglieder ihre Stärken ausspielen und sich ergänzen. „Gemischt“ meint übrigens viel mehr als nur „jung“ und „alt“.
Gibt es keine falschen Erwartungen und stattdessen mehr Verständnis, sind Teams erfolgreicher – und die Arbeit macht auch mehr Spaß. Doch wie lässt sich das erreichen? Ich finde das Konzept des „Reverse Mentoring“ charmant. Dabei lernen Führungskräfte, die meistens älter sind, von jüngeren Menschen.
Die Personalagentur Digital8 hat sich auf diese Form des Mentorings spezialisiert. Sie begleitet Unternehmen bei kulturellen und organisationalen Transformationen, unterstützt sie dabei, Reverse-Mentoring-Programme umzusetzen, und sie vermittelt „Perfect Matches“, also: Führungskräfte und Talente.
Jonas Sowa hat Digital8 mitgegründet. Er sagt: „Wenn sich die Welt rasant verändert, braucht Führung nicht nur Erfahrung, sondern auch frische, ungefilterte Sichtweisen.“
Beim Reverse Mentoring werde die klassische Rollenlogik bewusst aufgebrochen. „Der ‚Mentor‘ ist nicht der Erfahrene, sondern der oder die Jüngere. Und das ist nicht provokant, sondern konsequent“, sagt Sowa.
Die Führungskraft lerne dabei, indem sie erkenne: Wissen und Relevanz entstehen heute nicht nur oben in der Organisation, sondern oft ganz woanders. Der Perspektivwechsel, das Ausbrechen aus der eigenen „Blase“, sei ein zentrales Element, sagt Sowa. Und diese „Blase“ kann eben das Alter meinen, aber auch soziale Hintergründe, Geschlechterrollen, Branchen oder Lebensmodelle.
Am größten ist die Wirkung laut Sowa dort, wo es um blinde Flecken geht – damit meint er unbewusste Vorannahmen über Generationen, Diversität, Werte, Arbeit: „Viele Führungskräfte sind überrascht, wie differenziert, reflektiert und politisch die junge Generation denkt. Gleichzeitig erleben viele Mentorinnen und Mentoren, wie viel Verantwortung und Druck Führung bedeutet.“ Ein großer Benefit sei: Reverse-Mentoring-Programme signalisieren, jüngere Menschen ernst zu nehmen.
Sorgen und Wünsche sollten wir ernst nehmen
Diesen Ansatz finde ich sehr gut. Leute aus meiner Generation hören zum Beispiel häufig, welche Chancen uns der Fachkräftemangel bietet. Doch viele in meinem Umfeld machen sich Sorgen: Wohnungsnot, Inflation, Klimakrise, unsichere Wohlstandsperspektiven. Und im Arbeitskontext beschäftigen uns disruptive Umwälzungen, etwa die Frage, ob Künstliche Intelligenz uns überflüssig machen könnte – dazu hat unser Chefredakteur Sebastian Matthes gerade ein höchst lesenswertes Editorial geschrieben.
Beim Reverse Mentoring können Sorgen dieser Art zur Sprache kommen. Davon hat auch das Unternehmen etwas. Sowa führt an: Transparenz entstehe, Leistungen würden anerkannt – Faktoren, um künftige Leistungsträger nachhaltig zu motivieren.
Gleichwohl betont er: „Veränderung ist selten bequem – und oft erkennen wir die Chance darin erst, wenn wir sie erleben.“ Das sei eine Hürde: Vielleicht hat manch einer keine Lust auf den Austausch, obwohl er davon profitieren würde.
Das Konzept ist also das eine, es umzusetzen und als Standard zu etablieren, das andere. Wie schafft es das Thema aus der Nische? Sowa hat mir drei Tipps mitgegeben, die Führungskräfte und Unternehmen relativ schnell umsetzen können:
Wie stehen Sie zum „Generationenkonflikt?“ Nehmen Sie in Ihrem Team Konflikte zwischen „jung“ und „alt“ wahr? Auf welche Strategien setzen Sie, damit durchmischte Teams funktionieren? Ich bin gespannt auf Ihre Antworten! Schreiben Sie uns eine Nachricht.
Dieser Text ist zuerst am 23. Juni 2025 im Newsletter Handelsblatt Shift erschienen. Den Newsletter können Sie hier abonnieren.
Mehr: „Man darf sich nicht wundern, wenn junge Menschen die Arbeit nicht mehr über alles priorisieren“