Kommentar: Das Benko-Urteil ist kein Ruhmesblatt für die Staatsanwaltschaft


Benkos Strafverfolger dürften heute hörbar durchatmen. Sie sind am Mittwoch vor dem Landesgericht Innsbruck knapp einer maximalen Peinlichkeit entgangen. Ausgerechnet ihre erste Anklage gegen den Immobilieninvestor René Benko, der mit Signa ein Milliardenimperium aufbaute und schließlich Ruinen hinterließ, wäre beinahe danebengegangen.
Zwar muss Benko für 24 Monate ins Gefängnis. Aber es hätte ihm eine deutlich höhere Strafe gedroht, wenn das Gericht ihn im zweiten Tatkomplex verurteilt hätte. Stattdessen: Freispruch in diesem Punkt.
Dabei ging es um ein Haus in bester Innsbrucker Hanglage, das Benko für seine Familie angemietet hatte. Miete und Nebenkosten von mehr als 360.000 Euro zahlte er für vier Jahre im Voraus. Die Staatsanwaltschaft trug im Brustton der Überzeugung vor, das Haus sei wegen eines Hangrutsches und Wasserschadens nicht bewohnbar gewesen und die Miete daher ohne Gegenleistung weggeflossen.
Das Gericht widersprach: Die Bankrottstraftat könne nicht bewiesen werden. Mehrere Zeugen hatten zuvor im Gerichtssaal ausgesagt, die Familie hätte jederzeit einziehen können. Ein Bautechniker, der das Haus oft besuchte, berichtete von Abnutzung und Kratzern, dennoch sei es bewohnbar gewesen. Benkos Insolvenzverwalter wollte bei einem Besuch im Inneren keinen Sanierungsbedarf gesehen haben.
Wenn mehrere Zeugen vor Gericht überzeugend das Gegenteil von dem vortragen, was die Anklage behauptet, ist das für die Behörde mehr als nur misslich. Hätte sie das nicht kommen sehen müssen? Wollte sie es einfach darauf ankommen lassen? Das Szenario darf sich nicht wiederholen: Was nicht eindeutig zu beweisen ist, gehört auch nicht angeklagt.
Der Druck auf die Strafverfolger wird steigen
Der Druck, erfolgreich zu prozessieren, wird in den kommenden Monaten noch steigen. Gemessen an den Milliardenschäden bei der Signa-Gruppe ging es bislang nur um Schäden im Wert der „Portokasse“, wie die Vorsitzende Richterin pointiert feststellte.
Bald müssen die Strafverfolger mehr als ein Dutzend andere Ermittlungskomplexe zu einem Ergebnis führen. Dann geht es mutmaßlich um zweistellige Millionenschäden. Die Fälle werden juristisch ungleich komplizierter, etwa falls die Behörden nachweisen wollen, dass Benko die Stiftungen seiner Mutter aus dem Hintergrund steuerte.

Die Gegenwehr bleibt hoch. Benko hat profilierte Strafverteidiger und beteuert konsequent, er sei unschuldig. Selbst austeilen kann er noch: „Zynisch“ sei die Anklage, sagte er am Dienstag. Die Ermittler dürfen sich keine weiteren Fehltritte leisten – die Aufklärung der Signa-Katastrophe ist zu wichtig.
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