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KommentarDie EU sollte bei den Euro-Bonds ehrlich sein – denn sie rücken schrittweise näher

Die Euro-Zone kommt der gemeinsamen Haftung für Staatsschulden immer näher – obwohl sie offiziell verboten ist. Die Regierungen wagen aber nicht, mit offenen Karten zu spielen.Ruth Berschens 30.03.2020 - 19:31 Uhr

Europa- und verfassungsrechtlich sind gemeinsame Anleihen in der EU verboten.

Foto: dpa

Deutschland, die Niederlande, Österreich und Finnland bleiben hart: Euro-Bonds wird es nicht geben – Coronakrise hin oder her, beteuern die vier Euro-Staaten. Damit werden die vier „Geizigen“, wie sie in Brüssel auch genannt werden, recht behalten – jedenfalls oberflächlich gesehen.

Artikel 125 des EU-Vertrags verbietet europäische Staatsanleihen. Eine Änderung dieser No-Bail-Out-Klausel ist in absehbarer Zukunft nicht zu erwarten. Das Bundesverfassungsgericht würde gemeinsame europäische Corona-Bonds daher verbieten. Da die Bundesregierung das genau weiß, wird sie sich in Brüssel niemals darauf einlassen.

Was europa- und verfassungsrechtlich nicht sein darf, schleicht sich durch die Hintertür aber doch langsam an. In Krisenzeiten, wenn europäische Solidarität gefragt ist, erweist sich die Nicht-Beistandsklausel als wenig hilfreich.

Das zeigte sich schon in der Euro-Schuldenkrise. Damals umschiffte man Artikel 125, in dem man den Europäischen Stabilitätsmechanismus schuf. Er bringt europäische Staatsanleihen im großen Stil auf den Markt.

Doch die ESM-Kredite wurden mit politischen Auflagen verknüpft und Empfängerstaaten unter Aufsicht gestellt. Dieser Verlust an wirtschaftspolitischer Souveränität hinderte Empfängerstaaten daran, sich auf der solidarischen Hilfe der anderen Euro-Staaten auszuruhen.

Euro-Bonds rücken in kleinen Schritten näher

In der Coronakrise werden die strengen Bedingungen nun womöglich aufgeweicht – und damit auch der Anreiz, die ESM-Darlehen zügig wieder abzulösen. So rücken die Eurobonds in kleinen Schritten immer näher. Das gilt auch für die Anleihe-Käufe der Europäischen Zentralbank.

Bisher galten hier Obergrenzen: Maximal ein Drittel der Staatsschuld des jeweiligen Landes und nicht mehr als sein Anteil am EZB-Kapital. Die Coronakrise könnte dazu führen, dass die EZB die Limits überschreitet – ein verfassungs- und europarechtlich heikler Schritt.

So wird die No-Bailout-Klausel schleichend ausgehöhlt – ohne Parlamentsbeschluss und ohne demokratische Legitimation. Ehrlicher wäre besser, denn die Wahrheit ist: Wer sich eine Währung teilt, der braucht auf Dauer auch einen gemeinsame Wirtschaftspolitik, einen gemeinsamen Haushalt und gemeinsame Anleihen – zumindest für einen kleinen Teil der gesamten Staatschuld.

Doch die Regierungen wagen es nicht, ihrer Bevölkerung das zu sagen. Mit ihrem Schweigen riskieren sie, dass die Kluft zwischen Nord und Süd immer tiefer und der Interessenkonflikt zwischen leistungsstarken und finanzschwachen Euro-Staaten immer größer wird. Am Ende könnte es die Eurozone zerreißen. Und das wäre dann auch für die Euro-Staaten eine Katastrophe, die sich in dieser Krise noch groß und stark fühlen.

Mehr: In Brüssel feilschen die Staaten um ein Paket, mit dem sowohl die Süd- als auch die Nordeuropäer leben können. Kommen etwa doch Corona-Bonds?

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