Kommentar Die Krise von Greensill Capital zeigt, wo die größten Risiken im Finanzsystem liegen – bei den Schattenbanken

Nach dem Insolvenzantrag verhandelt der britisch-australische Lieferkettenfinanzierer über einen Verkauf.
Das Weltfinanzsystem wird die Pleite des britisch-australischen Lieferkettenfinanzierers Greensill Capital wohl nicht erschüttern. Aber die akute Krise des vor wenigen Wochen noch als vorbildliche Erfolgsstory gehandelten Unternehmens und die Schließung der deutschen Bankentochter senden ein laut und deutlich hörbares Alarmsignal.
Wo die entscheidenden Punkte liegen, zeigt ein Vergleich mit dem deutschen Skandalkonzern Wirecard. Dabei geht es trotz der Anzeige wegen Betrugsverdachts der deutschen Finanzaufsicht Bafin gegen Verantwortliche der Bremer Greensill Bank nicht um kriminelle Energie, sondern um strukturelle Probleme. Beide Krisenunternehmen kommen aus dem Reich der Schattenbanken, und beide stammen im weitesten Sinn aus dem Kosmos der Fintechs.
In dem Jahrzehnt nach Ausbruch der Finanzkrise haben die Schattenbanken stetig an Bedeutung gewonnen, Unternehmen also, die ähnliche Geschäfte wie die klassischen Banken betreiben, aber nicht die gleichen strengen Vorgaben erfüllen müssen und weniger streng kontrolliert werden. Zum Reich dieser Schattenbanken gehören Spieler wie Hedgefonds, Kreditfonds, Verbriefungsgesellschaften, aber auch immer öfter Technologiefirmen.
Die Schattenbanken haben durchaus ihre Verdienste. Sie halfen nach dem Ausbruch der Coronakrise, die Finanzierung der Unternehmen sicherzustellen, und verhinderten damit einen Kollaps der Wirtschaft. Das ist die gute Nachricht.
Die schlechte Nachricht lautet, dass die Schattenbanken anfälliger für Liquiditäts-, Kredit- und Zinsrisiken sind als die streng regulierten und kontrollierten regulären Banken. Was der Fall Greensill gerade wieder bewiesen hat. Noch unübersichtlicher wird die Lage durch die immer stärkere Vermischung von Technologie und Hochfinanz, mit der die Aufseher nicht wirklich Schritt gehalten haben.
Im angelsächsischen Sprachgebrauch gibt es den „duck test“, den Ententest, eine pragmatische Methode, um die Natur eines Phänomens schnell und unkompliziert einzuordnen: Wenn es aussieht wie eine Ente, watschelt wie eine Ente und quakt wie eine Ente, dann ist es aller Wahrscheinlichkeit nach eine Ente.
Auf die Schattenbanken übertragen heißt das: Wenn es aussieht wie eine Bank, handelt wie eine Bank und Geschäfte macht wie eine Bank, dann ist es höchstwahrscheinlich auch eine Bank und sollte genauso streng überwacht und reguliert werden wie eine Bank.
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