Kommentar: Extremismusverdacht in NRW: Die Polizei gehört gründlich durchleuchtet

An fünf aufgedeckten rechtsextremen Chatgruppen in Nordrhein-Westfalen sollen 29 Polizistinnen und Polizisten beteiligt gewesen sein.
Die deutsche Polizei hat ein Problem mit Rechtsextremismus und Rassismus. An dieser Erkenntnis, die Polizeiexperten seit Jahren predigen, kann nun auch die Politik nicht mehr vorbeischauen. Nicht erst seit den Vorfällen in NRW, wo nun seit wenigen Tagen gegen 29 Polizisten ermittelt wird, die sich seit Jahren rechtsextreme Bilder per Chat zugeschickt haben, ist die Polizei in der Kritik.
In Bayern gab es kürzlich einen ähnlichen Fall mit 47 Beamten, in Brandenburg posierten SEK-Männer und -Frauen vor einem rechtsextremen Symbol. Und in Frankfurt, Berlin und Hamburg werden persönliche Daten von Prominenten aus Polizeicomputern abgerufen – um Drohbriefe mit rechtsextremem Gedankengut zu schicken.
Dass die Politik in Person von NRW-Innenminister Reul nun davon spricht, dass man nicht mehr von Einzelfällen ausgehen kann, ist genauso billig wie sein zur Schau getragenes Entsetzen. Trotz der vielen bekannten Fälle haben sich Reul und seine Ministerkollegen, die obersten Dienstherren der Polizisten, noch auf der letzten Innenministerkonferenz demonstrativ vor ihre Beamten gestellt – anstatt gemeinsam eine grundlegende Untersuchung des Polizeiapparats zu beschließen.
Und Bundesinnenminister Horst Seehofer tat eine solche Studie sogar mit dem absurden Argument ab, dass Rechtsextremismus und Rassismus ja schließlich verboten seien. Dabei ist Misstrauen mehr als angebracht. Nicht gegenüber allen Polizisten. Aber die schwarzen Schafe gehören aussortiert, gerade auch im Interesse der vielen guten Beamten.
Immerhin: Der Fall in NRW hat auch etwas Gutes. Womöglich tut sich nun endlich etwas auf dem Gebiet. Einige SPD-Innenminister, angeführt von Thüringens Georg Maier, wollen nun die Rassismus-Studie in Auftrag geben. Sie gehört erweitert um die Themen Rechtsextremismus, falscher Korpsgeist und schwache Fehlerkultur.
Kontrolle stärkt das Vertrauen der Bürger
Denn ebenso erschreckend wie die antisemitischen Bilder selbst ist die Tatsache, dass weder im Fall des Chats in Bayern noch in demjenigen in NRW auch nur einer der beteiligten Beamten die Vorgänge bei Vorgesetzten anzeigte.




Was die Polizei außerdem braucht, ist eine wirksame externe Kontrolle. Eine Recherche von Handelsblatt und WDR zeigte erst kürzlich, dass nur in drei Bundesländern unabhängige Kontrollorgane existieren – unabhängig vom Polizeiapparat und den Innenministerien. Andere Länder wie Großbritannien oder Dänemark sind da viel weiter.
Dort übernimmt eine eigene Beschwerdestelle jegliche Ermittlungen gegen Polizisten – mit voller Rückendeckung der dortigen Polizei. Denn dort hat man längst begriffen: Unabhängige Kontrolle stärkt das Vertrauen der Bürger in die Polizei. Und das ist essenziell für eine effektive Kriminalitätsbekämpfung.
Mehr: Das Beispiel Dänemark zeigt, wie Polizisten richtig beaufsichtigt werden.





