Kommentar Putin ist heute Bremsklotz für eine prosperierende Zukunft Russlands
Der sonst so selbstbewusste Wladimir Putin hat es plötzlich ganz eilig: Am 1. Juli lässt er sein Verfassungsreferendum abhalten, das ihm das oberste Staatsamt auf Lebenszeit bescheren dürfte. Die Hast des Präsidenten, trotz weiter steigender Zahlen von Corona-Toten sein Volk an die Urnen zu rufen, ist verständlich.
Seine Zustimmungswerte lagen im Mai mit nur noch 25 Prozent deutlich niedriger als im März 2018, als er mit 76,6 Prozent in seine vierte und nach geltender Verfassung letzte Amtszeit gewählt wurde.
Dass der einst von vielen Russen so innig verehrte, seit 20 Jahren herrschende Putin in der Gunst seines Volkes abgestürzt ist, ist auch Folge der Coronakrise: Schnell zu großem Ansehen war der frühere KGB-Agent gekommen, weil er das Chaos der 1990er-Jahre der Ära Boris Jelzin beendete.
Pünktlich gezahlte Löhne, wachsender Wohlstand und Planbarkeit hielten Einzug ins Riesenreich. Spätestens das Virus hat all das zunichtegemacht. Chaotisches Krisenmanagement, sinkende Einkommen und nagende Unsicherheit kratzen am Nimbus des zum Unfehlbaren Stilisierten.
Bevor seine Umfragewerte ins Bodenlose stürzen, lässt sich Putin nun eine neue Verfassung absegnen. Sie ermöglicht ihm Präsidentschaftskandidaturen 2024 und 2030 – mit dann 78 Jahren, noch mehr Vollmachten und insbesondere den Vorrang russischen Rechts vor internationalen Normen oder Urteilen europäischer oder internationaler Gerichtshöfe.
Bremsklotz für Russlands Zukunft
Dies sind zwei schlechte Nachrichten, auch für ausländische Investoren im Riesenreich. Denn eine Änderung des grundsätzlich falschen Geschäftsmodells des Landes, dürfte erst in der Nach-Putin-Ära eingeleitet werden.
Putin hat immer wieder die Abkehr von Rohstoffabhängigkeit und Korruption angekündigt, aber es wurde immer schlimmer. Internationale Gerichte werden als Korrektoren gravierender Fehler ausgeschaltet, ausländische Firmen werden schutzlos in Russland.
War Putin einst Hoffnung, ist er heute Bremsklotz für eine prosperierende Zukunft Russlands.
Mehr: Putin lässt Russen am 1. Juli über Verfassungsänderung abstimmen
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