Kommentar: Selbstbetrugsmaschine Diesel – Autohersteller sollten Bau von Motoren stoppen

Der Diesel als sauberer Motor ist eine Täuschung, der wir alle nur zu gern aufgesessen sind
Der Dieselmotor ist die wohl größte Selbstbetrugsmaschine der vergangenen 20 Jahre, auf die Autofahrer, Politik und die Industrie selbst hereingefallen sind. Mit seinen vergleichsweise niedrigeren Verbrauchswerten war er für die Käufer die Alternative zum Benzinmotor; fast jedes zweite in Deutschland verkaufte Auto war ein Diesel.
Die Politik förderte ihn, weil durch ihn die Emission des Klimagases Kohlendioxid verringert werden sollte. Deutschland hat sich international zu einer deutlichen Reduzierung verpflichtet. Dies gilt auch für die Automobilindustrie, die für zu hohe CO2-Werte ab dem Jahr 2020 Strafen an die Europäische Kommission wird zahlen müssen.
Der Dieselmotor war von den Autobauern und weiten Teilen der Politik als Lösung für die Umweltprobleme angeboten worden. Es ist eine sonderbare Karriere, galten Diesel in den 90er-Jahren noch als „Stinker“, die mit ihren rußigen Abgasen die Umwelt verpesteten.
Dieser Ruf haftet dem Selbstzünder nun wieder an. Denn der Diesel als sauberer Motor ist eine Täuschung, der wir alle nur zu gern aufgesessen sind. Er versprach Mobilität bei einer minimalen Belastung für die Umwelt. Seitdem am 18. September 2015 bekannt wurde, dass Volkswagen die Werte seiner Dieselautos illegal geschönt hat, hat diese Täuschung ein Ende gefunden.
Es ist eine Enttäuschung im eigentlichen Wortsinn: Dieselmotoren belasten die Umwelt über Gebühr mit Stickoxiden, einem Atemwegsgift, das aus Sicht von Medizinern für den Tod vieler Menschen verantwortlich ist. Nach VW mussten Daimler, BMW und andere Autobauer Hunderttausende von Dieseln zur Nachrüstung in die Werkstätten zurückrufen.
Das aber hat nicht gereicht, um den Unmut unter den Autofahrern zu dämpfen. Im Gegenteil: Nachdem die umweltschädliche Wirkung des Diesels bekannt geworden ist, drohen ein Wertverlust bei den Fahrzeugen und Fahrverbote in besonders belasteten Städten.
Mit ihren Tricksereien hat die Autoindustrie nicht nur ihre Kunden verprellt. Sie hat auch die Politik in ein Dilemma gestürzt. Zwar will die Bundesregierung Deutschlands wichtigste Branche schonen, allerdings verschwindet das Thema „Abgasskandal“ nicht vom Tisch.
Der Kompromiss wird nicht alle Probleme lösen
Drei Jahre lang hat die schwarz-rote Koalition dem Treiben zugeschaut, nun stellte die Regierung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ihre Lösung vor. Es ist ein breites Maßnahmenpaket mit dem Titel „Konzept für saubere Luft“, das die Nachrüstung kommunaler Fahrzeuge wie Busse oder der Müllabfuhrlaster vorsieht.
Der wichtigste Teil umfasst aber eine Verpflichtung der Autobauer, ältere Diesel zurückzukaufen und einige wenige Modelle mit neuen Abgasreinigungssystemen nachzurüsten. Der Plan ist ein Kompromiss zwischen Bundesregierung und Industrie, der sicherlich nicht alle Probleme lösen wird. An dem Paket zeigt sich aber eines ganz sicher: Um die Abgaskrise zu überwinden, werden VW, BMW und Daimler viel Geld in die Hand nehmen müssen.
Pro Fahrzeug werden sie beim Wechsel von Alt auf Neu bis zu 10.000 Euro zuschießen müssen. Das ist deutlich mehr als der Abschlag, den die Hersteller derzeit beim Verkauf von Neuwagen gewähren müssen. Außerdem sind da noch die Kosten für die Nachrüstung einiger Dieselmodelle. Zwar sollen die Arbeiten von Drittanbietern übernommen werden, die Kosten dafür müssen aber die Autoproduzenten übernehmen. Pro Nachrüstung werden dies rund 3000 Euro sein.
Unter dem Strich werden sich die Belastungen auf mehrere Milliarden Euro summieren. Das Geld fehlt den Firmen für die Entwicklung neuer Antriebe wie etwa des Elektroautos.
Mit der Nachrüstung wird der Diesel als umweltfreundliche Alternative zum Benzinmotor entzaubert. Der Verbrauch der Fahrzeuge wird damit um rund zehn Prozent steigen, wie selbst die Automobilindustrie einräumen muss. Die zusätzlichen Kosten bleiben übrigens allein beim Fahrer hängen.
Angesichts der finanziellen Belastungen für Industrie und Kunden und der nicht vorhandenen Vorteile bei den Umweltwerten hat der Dieselmotor ausgedient. Die Autohersteller wären gut beraten, endlich die Konsequenzen zu ziehen und die Gelder aus der Entwicklung in andere Felder umzuleiten.
Ein Ausstieg mag am Ego einiger Automanager nagen, die den Diesel als Allheilmittel lange Zeit propagiert haben. Das Scheitern dieses deutschen Sonderwegs einzugestehen wäre aber konsequent. Die Absatzchancen für Diesel in den wichtigsten Automärkten China und USA waren schließlich schon vor dem Abgasskandal gering.




Der Weg aus der Dieseltechnologie ist gangbar, wie Volvo zeigt. Der schwedische Premiumhersteller setzt konsequent auf Elektroantriebe und ist damit eine glaubhafte Alternative zu Audi, BMW und Daimler geworden.





