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KommentarTrump spricht vom „ewigen Frieden“ – wer es glaubt, wird selig

Der US-Präsident hat angeblich die Unterstützung Netanjahus und vieler arabischer Staaten für seinen „Friedensplan“. Wenn er nur zu einem Waffenstillstand führte, wäre schon viel gewonnen.Jens Münchrath 30.09.2025 - 00:27 Uhr
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US-Präsident Donald Trump bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Benjamin Netanjahu am Montag: Friedensplan für Gaza. Foto: REUTERS

Kein Versuch, die menschliche Tragödie in Gaza zu beenden, ist einer zu viel – auch nicht, wenn Donald Trump ihn unternimmt. Ein Präsident, der bislang eher durch spektakuläre Ankündigungen und narzisstisch anmutende Ego-Shows denn als filigraner Krisendiplomat aufgefallen ist.

Und dennoch gilt: Wenn es jemanden gibt, der Israels Premier noch mäßigen kann, dann ist es wahrscheinlich der US-Präsident. Die Europäer sind Benjamin Netanjahu mehr oder weniger gleichgültig. Und die globale Empörungswelle angesichts der unzähligen zivilen Opfer, die die Vergeltungsaktionen des israelischen Militärs für die Hamas-Terrorattacken vom 7. Oktober 2023 bislang gekostet haben, scheint den Premier in seinem radikalen Kurs eher zu bestärken. Bislang jedenfalls galt: Je größer die moralische Entrüstung über Israel, desto skrupelloser handelte die israelische Regierung.

» Lesen Sie auch: Trump legt Friedensplan für Gaza vor – und lässt Netanjahu zur Entschuldigung in Katar anrufen

Der US-Präsident aber gehört nicht zu den moralisch Empörten. Trump will einen Deal zwischen den Konfliktparteien arrangieren, nicht mehr, nicht weniger. Deshalb – und natürlich auch, weil die USA die einzige militärisch potente Schutzmacht Israels sind – ergeben sich am Ende vielleicht doch Chancen für ein Ende dieses Kriegs.

Der US-Präsident nennt es einen Friedensplan, spricht in seiner unnachahmlichen Hybris vom „ewigen Frieden“ für den gesamten Nahen Osten, was in der derzeitigen Lage einigermaßen absurd anmutet.

Aber immerhin, die wichtigsten Punkte des Plans, so sie sich denn realisieren lassen, klingen auf den ersten Blick verheißungsvoll: eine mögliche Freilassung der israelischen Geiseln und palästinensischer Gefangener, eine Entwaffnung der Hamas sowie eine Amnestie für deren Kämpfer, Einrichtung einer Pufferzone, Bildung eines unabhängigen „Friedensrats“ zur Überwachung einer künftigen Verwaltung, deren Vorsitzender Trump selbst ist.

Viele Wenn und Aber

Das alles lässt erst mal aufhorchen. Vor allem die Tatsache, dass Netanjahu dem offensichtlich zustimmt – zumindest vor TV-Kameras an der Seite des US-Präsidenten im Weißen Haus –, ist erstaunlich. Vor wenigen Tagen bei der UN-Generalversammlung klang er noch vollkommen anders.

Was seine rechtsradikalen Koalitionspartner davon halten, haben sie sogleich klargestellt: nichts. Auch die Hamas, auf die es jetzt ankommt, dürfte ihrer freiwilligen Selbstauflösung kaum zustimmen – zumal in Trumps Plan von der international zunehmend eingeforderten Zwei-Staaten-Lösung allenfalls in den Fußnoten die Rede ist und die israelische Siedlungspolitik im Westjordanland überhaupt keine Erwähnung findet.

Es gibt also viele Wenn und Aber. Allerdings sind auch kleine Schritte in diesem komplexesten aller geopolitischen Konflikte bemerkenswert. Vor allem dann, wenn es stimmt, wie von Trump behauptet, dass alle arabischen Staaten hinter seinem Plan stehen.

Aus berechtigter Selbstverteidigung Israels ist ein maßloser Krieg geworden

Ein Frieden ist das noch lange nicht, nicht einmal ein Waffenstillstand. Denn der Weg dorthin ist wesentlich schwieriger als noch vor einem Jahr. Damals schien Netanjahu seine wichtigsten Ziele erreicht zu haben: Die israelfeindliche Hisbollah war nur noch ein Schatten ihrer selbst, ebenso der sie unterstützende Iran. Der bedrohliche gegen Israel gerichtete Halbmond vom Libanon über den Iran bis hin nach Jemen war zerschlagen.

Es wäre die Gelegenheit gewesen, einen diplomatischen Prozess mit den USA und der arabischen Welt über eine Zukunft des Gazastreifens ohne die Hamas in die Wege zu leiten. Doch stattdessen zielte der Premier auf den „totalen Sieg“ über die palästinensische Terrormiliz.

Palästinenser flüchten entlang der Küste des Gazastreifens. Foto: AFP

Aus einem berechtigten Akt der Selbstverteidigung nach dem 7. Oktober 2023 ist spätestens mit dem Vorrücken der israelischen Armee in Gaza-Stadt ein maßloser Krieg geworden. Die Menschen flüchten, Frauen und Kinder hungern, Zivilisten werden getötet. Netanjahu hat ein Kriegsverbrechen begangen, so, als könne man einen Zivilisationsbruch mit einem neuen vergelten.

Die Zerstörungs- und Rachsucht Netanjahus bilden den idealen Nährboden für entgrenzten Hass gegen Israel – für die jetzige und wahrscheinlich auch folgende Generationen. International gilt Israel inzwischen als völlig isoliert, mit Ausnahme der USA. Selbst Deutschland, das die Sicherheit Israels zur Staatsräson erklärt hatte, beginnt zu zweifeln.

Was Netanjahu jetzt zur Umkehr bewegen könnte, bleibt ein Rätsel. Sein Ziel war es von Beginn an, im Gazastreifen und Westjordanland mit der völkerrechtswidrigen Siedlungspolitik Fakten zu schaffen, sodass allein die Vorstellung eines palästinensischen Staats als blanke Fantasterei gelten muss. Das ist dem Premier auch gelungen. Darüber können die jüngsten Anerkennungserklärungen für einen Staat Palästina durch Frankreich, Großbritannien und viele andere Länder nicht hinwegtäuschen. Sie wirken eher wie ein Bekenntnis der eigenen Ohnmacht.

Netanjahu und seine radikalen Komplizen setzen auf Vertreibung der Palästinenser oder wenigstens eine permanente, absolute Herrschaft über sie. Vertreibung ist nicht nur aus humanitären Gründen keine realistische Option, es gibt nicht einmal einen Staat – auch keinen muslimischen, der sie aufnehmen würde. Und mit einer Annexion der besetzten Gebiete und deren Eingliederung in den Staat Israel wäre nicht der Beginn einer Ära Großisraels markiert, sondern womöglich der Beginn des Endes eines jüdischen Staats, wie er Netanjahu vorschwebt. Denn die Menschen jüdischen Glaubens wären in diesem Gebilde in der Minderheit.

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Vielleicht besteht darin die Hoffnung des Trump’schen Friedensplans. Auch dem israelischen Premier müsste es irgendwann einmal dämmern, dass es keine militärische Lösung dieses Konflikts gibt, solange die politischen Probleme nicht beseitigt sind.

Solange aber Deeskalationsbemühungen, eine wie auch immer geartete Waffenruhe und ganz zu schweigen von einer Friedenslösung weder in das politische Kalkül der Hamas noch in das der israelischen Regierung passen, so lange wird im Nahen Osten die Gewalt die Gewalt nähren und der Krieg den Krieg. Aber vielleicht hilft am Ende ja doch etwas sanfter Druck eines Unberechenbaren aus dem Weißen Haus.

Mehr: Trump sieht gute Chancen auf eine Einigung im Gaza-Krieg und einen dauerhaften Frieden

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