Kommentar: Warum Europa den Verfall seiner Chipbranche stoppen muss
Europäische Chipfirmen erwirtschaften nicht einmal mehr zehn Prozent vom weltweiten Umsatz der strategisch wichtigen Industrie.
Foto: InfineonVon null auf 100 Milliarden Dollar: Innerhalb von zwei Jahrzehnten hat Südkorea eine gewaltige Halbleiterindustrie aufgebaut. Sie steht inzwischen für ein Viertel des weltweiten Umsatzes. Die Chips aus dem vergleichsweise kleinen asiatischen Land sind heute wesentlicher Bestandteil von Handys, Fernsehern, Computern und Robotern, von Medizintechnik und Autos überall auf der Erde. Südkorea hat damit die besten Chancen, die globale technologische Entwicklung maßgeblich zu beeinflussen.
Und Europa? Der Kontinent tritt seit Anfang des Jahrtausends auf der Stelle. Europäische Chipfirmen erwirtschaften nicht einmal mehr zehn Prozent vom weltweiten Umsatz dieser strategisch so wichtigen Industrie. Dieser schleichende Verfall darf sich nicht fortsetzen.
Denn Europa hat sich in eine gefährliche Abhängigkeit begeben. Wenn nur einer der führenden Chiphersteller aus Übersee nicht mehr liefert, stehen binnen weniger Wochen viele Bänder in der Industrie von der Nordsee bis ans Mittelmeer still.
Solch ein Szenario galt bis vor Kurzem noch als absurd. Warum sollte eine Firma auch aufhören, Geschäfte zu machen. Mit Donald Trump hat sich das alles geändert. Der US-Präsident hat aller Welt vor Augen geführt, dass Lieferketten binnen Tagen reißen können.
Es ist daher höchste Zeit, der europäischen Chipindustrie einen Schub zu geben. Gerade ist die neue EU-Kommission an den Start gegangen, sie sollte sich des Themas umgehend annehmen. Dass staatliche Förderung hilft, hat sich in Südkorea eindrucksvoll gezeigt. Doch es braucht nicht unbedingt viel Geld. Europa könnte auch mutig eigene Standards setzen und frühzeitig fortschrittliche Technologien einsetzen.
Mit einem einzigen Tweet kann Donald Trump Europa lahmlegen, ein großes Erdbeben in Südkorea oder ein Taifun in Taiwan kann die hiesige Industrie von ihrem lebenswichtigen Chipnachschub abschneiden. Diese Risiken darf Europa nicht länger ignorieren.
Mehr: Der Halbleitermarkt schwächelt, Gründe dafür sind Handelsstreitigkeiten und die Autoflaute. Experten rechnen damit, dass sich der Markt 2020 erholt.