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LeserdebatteWas bringt die deutsche Wirtschaft wieder in Schwung?

Sondervermögen, Steuervergünstigungen, Staatsfonds: Welcher der vielen Vorschläge der Ampelkoalition ist sinnvoll? Darüber diskutiert die Handelsblatt-Leserschaft diese Woche.Johanna Müller 08.02.2024 - 16:18 Uhr
Christian Lindner, Robert Habeck und Olaf Scholz: einig im Ziel, uneinig über den richtigen Weg. Foto: dpa

Düsseldorf. Die deutsche Wirtschaft schwächelt, die Wachstumsprognosen sind mau. Um das Land wieder wettbewerbsfähig zu machen, schlägt Wirtschaftsminister Robert Habeck ein schuldenfinanziertes Sondervermögen sowie Steuervergünstigungen vor, Finanzminister Christian Lindner unter anderem die Abschaffung des Solidaritätszuschlags für Unternehmen.

Wir haben die Leserschaft gefragt: Was würde die deutsche Wirtschaft wieder in Schwung bringen?

Es herrscht Uneinigkeit, welche Maßnahmen nun die richtigen wären. So hält es ein Leser für „ein Märchen“ Habecks, dass neue Schulden nun helfen würden. Auch ein anderer Leser rät ab und begründet: Jetzt müsse gespart werden. Ein Leser hält dagegen: Wenn man das Geld sinnvoll investieren würde, wären es keine „echten Schulden“, da diese „doppelt und dreifach“ zurückgezahlt würden.

Auch Lindners Vorschlag stößt auf Lob und Kritik. Die Wirtschaft brauche „niedrigere Steuern“ und „mehr unternehmerische Freiheit“, findet ein Leser. Ein anderer bemängelt, dass auch bei Lindners Ansatz die Gegenfinanzierung nicht geklärt sei. Ohne die wäre am Ende dann nämlich „doch ein Sondervermögen angesagt“.

Aufgrund der fehlenden Gegenfinanzierung ist die Debatte über die unterschiedlichen Ansätze für viele Leser schon einen Schritt zu weit voraus. Bevor überhaupt über Maßnahmen diskutiert werde, müsse eine tragfähige „Gegenfinanzierung auf den Tisch“, fordert ein Leser. Überhaupt: Alle Vorschläge aus der Politik sollten erst „einmal klar durchgerechnet“ werden, bevor sie „in die Medien“ gegeben werden, argumentiert ein Leser. Dies würde auch den Bürgern die Beurteilung der Vorschläge erleichtern.

Viele Leser sind der Meinung, dass insbesondere verbesserte Rahmenbedingungen für Unternehmen für wirtschaftlichen Aufschwung sorgen würden. Dazu sollte als Erstes das „Bürokratie-Monster“ eingedämmt werden, wie ein Leser schreibt. Auch steuer- und abgabenfreie Überstunden würden helfen, da dies die Arbeitsmotivation und damit die Wirtschaftsleistung erhöhe, meint ein Leser. 

Für die aktuelle Ausgabe unseres Leserforums haben wir aus den unterschiedlichen Zuschriften eine Auswahl für Sie zusammengestellt.

Ohne klare Richtung

„Unser Bundeskanzler Scholz hat im Wahlkampf versprochen, dass er Deutschland mit einem klaren Plan in die Zukunft führen würde.

Mir ist bisher kein Plan von Scholz bekannt geworden, den Herren Habeck und Lindner offenbar auch nicht. Die Regierung hat nicht nur keinen Plan, sondern auch keine Vision, in welcher Richtung die Zukunft für Deutschland liegt.

Die oft nicht kompatiblen Äußerungen von Scholz, Habeck und Lindner erinnern mich an eine stetig drehende Kompassnadel. Daher verbieten sich planlose Investitionen und Subventionen, erst recht auf Pump.

Insofern bin ich näher bei Lindner: Der Abbau der überbordenden Bürokratie, der Verzicht auf weitere Eingriffe in die Arbeitswelt, die Entlastung bei den Steuern und verlässliche Energiepreise sind auch ohne Kompass richtig.“
Peter Nolden

Keine neuen Schulden!

„Die von Herrn Habeck angedachten Maßnahmen sind ja nur wieder durch neue Schulden (Sondervermögen) zu realisieren. Von sparen hat der Bundeswirtschaftsminister noch nichts gehört.

Ich hoffe, Herr Lindner bleibt standhaft und lässt keine weitere Verschuldung zu.

Um die Wirtschaft wieder in Schwung zu bringen, brauchen wir dringend einen Bürokratieabbau. Wir ersticken in unseren Vorschriften.“
Norbert Lissy

Schuldenbremse aufweichen

„Das Problem ist nur unter Aufweichung der Schuldenbremse zu lösen. Wenn man bedenkt, wie hoch die Verschuldung von vergleichbaren Ländern innerhalb der EU, aber insbesondere auch von den USA und Japan ist ...

Sinnvolle Investitionen sind keine echten Schulden, sondern werden doppelt und dreifach zurückgezahlt.“
Reiner Reckenfeld

Rezepte liegen auf dem Tisch

„Die Rezepte liegen doch alle auf dem Tisch, man muss nur dem Handelsblatt-Podcast von Chefredakteur Sebastian Matthes mit den Wirtschaftsweisen Professor Michael Hüther und Dr. Maja Göpel zuhören. Hüther schlägt einen Transformationsfonds vor – sehr ähnlich dem, was Wirtschaftsminister Habeck im Sinn hat. Und Frau Göpel regt an, den Fonds gegebenenfalls als ‚Rentenbaustein‛ zu konstruieren.

Entscheidend ist: Es braucht endlich verlässliche und langfristig wirkende Weichenstellungen und keine Kurzfristentscheidungen nach Kassenlage.

Millionen Bürger sind auf der Straße und geben der Demokratie Rückenwind. Das politische Berlin sollte mit diesem Wind segeln. Beleidigtes Nichtmiteinanderreden und endloser öffentlicher Koalitionsstreit mit politischem Tageskalkül sind das genaue Gegenteil!“ Hannes Boekhoff

Steuerfreie Überstunden

„Um die deutsche Wirtschaft anzukurbeln, ist eine grundlegende Veränderung des Steuersystems entscheidend.

Insbesondere sollte jede Arbeitsstunde, die über 40 Stunden pro Woche hinausgeht, für Arbeitnehmer komplett steuer- und abgabenfrei gestellt werden.

Dies würde nicht nur Anreize für Arbeitnehmer schaffen, Überstunden zu leisten und ihr persönliches Budget in Zeiten der Inflation zu erhöhen, sondern auch Unternehmen helfen, den Fachkräftemangel zu mildern und Deutschland als Wirtschaftsstandort attraktiver zu machen.

Darüber hinaus ist eine Reform des Sozialsystems notwendig, um die Kürzung von Sozialleistungen, wie beispielsweise Bafög, für arbeitende Menschen zu vermeiden und den Anreiz zur Arbeit besonders für junge Menschen zu verstärken.

Solche Maßnahmen würden zusammen die Arbeitsmotivation steigern und die Wirtschaftskraft Deutschlands nachhaltig stärken.“
Darioush Kottke

>> Lesen Sie auch: Diese Vorschläge für mehr Wachstum gibt es

Weniger staatliches Einmischen

„Der Staat ist in jedem Fall der schlechtere Unternehmer, das muss endlich in den Köpfen der Regierenden ankommen. Ich kann nur hoffen, dass sich Herr Lindner durchsetzt und die Rahmenbedingungen für Unternehmen grundsätzlich verbessert werden.

Was die Unternehmen nicht brauchen, ist eine weitere Einmischung des Staates in unsere Belange durch steuerliche Anreize für ausgewählte, politisch gerade angesagte Ziele.

Wir brauchen niedrigere Steuern, weniger Auflagen und Berichtspflichten, mehr unternehmerische Freiheit. Den Rest machen wir dann schon allein!“
Dirk Robbe

Die Steuerlast für Unternehmen ist in Deutschland mit 29,9 Prozent so hoch wie in kaum einem anderen Industrieland. Robert Habeck schlägt daher Steuergutschriften und steuerliche Abschreibungsmöglichkeiten vor.  Foto: dpa

Das Dickicht aus Vorschlägen

„Kern sollte aus meiner Sicht sein, dass die politischen Akteure sich darauf konzentrieren, verlässliche Rahmenbedingungen für die Wirtschaftsakteure zu schaffen, die die Investitionsbereitschaft der Unternehmen wiederherstellen.

Man muss damit das Vertrauen zurückgewinnen, dass Investitionen aus der Wirtschaft eine gute Chance haben, sich auch in Deutschland zu amortisieren.

Dazu zählt insbesondere auch die Disziplin des Wirtschafts- und des Finanzministers, nicht irgendwelche ‚halbgaren‛ und ‚nicht zu Ende gedachten‛ Vorschläge in die Medien zu geben, ohne beispielsweise die Finanzierung dieser gut gemeinten Vorschläge auch nur im Ansatz gelöst zu haben.

Interessant wäre auch eine vorgeschaltete ‚Clearingstelle‛ (Bundesrechnungshof), die im Vorfeld jeden Vorschlag einmal klar durchrechnet und Kosten und Nutzen in ein numerisches Verhältnis setzt.

Das würde auch den Bürgern helfen, dieses Vorschlagsdickicht besser beurteilen zu können, und gleichzeitig einige dieser politischen Nebelkerzen vielleicht ganz verhindern.“
Martin Polczyk

>> Lesen Sie auch: OECD senkt Wachstumsprognose für Deutschland drastisch.

Bürokratie-Monster eindämmen

„Als Projektierer für Photovoltaikanlagen in Deutschland mit über 16 Jahren Erfahrung kann ich nur sagen, das drängendste Problem bis heute sind die unglaublich langwierigen und umständlichen Genehmigungsprozesse.

Um ein klassisches PV-Projekt baureif zu bekommen, muss man neben der Zustimmung der Kommunen über den sogenannten Aufstellungsbeschluss über mehrere Auslegungsrunden mit einer Vielzahl von Behörden, den sogenannten Trägern öffentlicher Belange, eine Einigung finden, um dann hoffentlich nach mehr als drei (!) Jahren einen Satzungsbeschluss und nach weiteren Monaten eine Baugenehmigung zu erhalten.

Unsere Forderung ist damit ganz klar: Dringend unser jede unternehmerische Initiative zerfleischendes Bürokratie-Monster eindämmen!“
Thomas Schoy

Immer längere Worthülsen

„Es gäbe doch Maßnahmen, die automatisch wirken würden, ohne dass der Staat seine Umverteilungsmaschine anwerfen oder in Gang halten muss.

Zum Beispiel, die Abschreibungsdauer auf fremdvermietete Immobilien zeitweise auf zehn Jahre zu verkürzen. Warum macht das keiner? Stattdessen werden mit immer längeren Worthülsen Chancen signalisiert, die es nicht unbedingt gibt. Schade.“
Volker Saar

Lindner denkt nur an sich

„Wenn die Bauern schon bei fast 500 Millionen Euro Einsparung Straßen, Innenstädte und Autobahnen attackieren, was passiert denn dann wohl bei der Gegenfinanzierung des wegfallenden Solidaritätszuschlags?

Eine verantwortungsvolle Regierung darf doch nicht nur die Wirtschaft im Blick haben, sondern muss auch auf den sozialen Frieden achten! Lindner hat nur seine Partei im Blick – und sich selbst! Da sehe ich bei Robert Habeck mehr Verantwortungsbewusstsein!“
Eduard Müller

>> Lesen Sie auch: Deutsche Unternehmen drosseln Produktion drastisch.

Erst die Gegenfinanzierung

„Allen Vorschlägen, inklusive des Wachstumschancengesetzes, mangelt es an tragfähigen Gegenfinanzierungen. Also erst Volumen und Gegenfinanzierung auf den Tisch. Ansonsten ist wohl doch ein Sondervermögen angesagt.“
Klaus Harke

Christian Lindner will den Solidaritätszuschlag für Unternehmen abschaffen. Die Steuerausfälle würde der Bund tragen.  Foto: REUTERS

Der Staat muss nicht alles lösen

„Ich würde mir wünschen, eine wirklich aussagekräftige Studie zur Stimmung im Mittelstand zu lesen. Das, was die Stärke Deutschlands ausmacht, all diese Hidden Champions, unbekannte Marktführer in ihren Segmenten, regionale wichtige Arbeitgeber, ist das alles wirklich so am Boden? Oder wird es nur schlecht geredet?

Deutschland ist zu satt! Der Staat muss nicht für alles eine Lösung haben. Aber bereits eine Reduzierung der Bürokratie würde schon ein großes Stück zur Erholung beitragen.“
Susanne van Kesteren

Neue Schulden helfen nicht

„Ich bin eindeutig auf der Seite von Herrn Lindner, die vielen Milliarden für planwirtschaftliche Energiepolitik haben nichts gebracht. Unser Strom hat nach 25 Jahren einen sehr schlechten CO2-Footprint.

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Richtige Leitplanken setzen, um Raubtierkapitalismus zu vermeiden und dann den Markt Ideen entwickeln zu lassen, halte ich für den einzig machbaren Weg.

Habecks Begründungen, warum jetzt neue Schulden beziehungsweise Sondervermögen helfen, sind ein Märchen, das seit Jahrhunderten erzählt wird.“  
Frank Gessert

Wenn auch Sie sich im Forum zu Wort melden möchten, schreiben Sie uns per E-Mail an forum@handelsblatt.com oder auf Instagram unter @handelsblatt.

Mehr: Was eine erneute Präsidentschaft Donald Trumps für die USA und die Welt bedeuten würde, darüber debattierte die Handelsblatt-Leserschaft in der vergangenen Woche.

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