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Morning BriefingCO2-Emissionen: Die meisten Staaten tun zu wenig für den Klimaschutz

Christian Rickens 11.11.2022 - 06:23 Uhr Artikel anhören

Guten Morgen liebe Leserinnen und Leser,

man kasteit sich eine Woche lang bis zum Äußersten, verzichtet komplett auf Kartoffelchips (bis auf die eine angebrochen Tüte im Schrank, die wegmusste) und wäre sogar beinahe joggen gegangen. Am Sonntag stellt man sich dann auf die Waage – und wiegt ein Kilo mehr als am Montag.

So ähnlich fühlt es sich mit den Klimaschutzanstrengungen der vergangenen Jahre an. All die Mühe – und nun lernen wir, dass der CO2-Ausstoß der Menschheit abermals gestiegen ist. Im Jahr 2022 wird er rund ein Prozent höher liegen als 2021. Entwickeln sich die Emissionen weiter wie bisher, wird das verbliebene Kohlenstoffbudget zur Einhaltung der 1,5-Grad-Grenze in neun Jahren aufgebraucht sein.

Das zeigt der neue Bericht des Global Carbon Projects, an dem mehr als einhundert Wissenschaftler mitgewirkt haben. Sie präsentieren ihren Report heute auf der Klimakonferenz in Ägypten. Julia Pongratz, Geographie-Professorin an der Ludwig-Maximilians-Universität München, hat an dem Bericht mitgearbeitet. Sie sagt: „Wir sehen einige positive Entwicklungen, aber bei Weitem nicht die tiefgreifenden Maßnahmen, die jetzt eingeleitet werden müssten, um die globale Erwärmung auf deutlich unter zwei Grad zu halten.“

Das klingt ein bisschen wie eine Ernährungsberaterin, die einem uneinsichtigen Adipositas-Patienten ins Gewissen redet. Tatsächlich haben sich die meisten Staaten keineswegs gekasteit. Sie haben sich vor allem ausgiebig selbst für ihre guten Klimaschutzvorsätze gelobt, die sie demnächst einhalten wollen – und dem Rest der Menschheit währenddessen schnell noch die letzte Tüte Chips weggefressen.

Es gibt aber regionale Unterschiede. So werden die Emissionen 2022 im Vergleich zu 2021...

  • in China um etwa 0,9 Prozent sinken
  • und in der Europäischen Union um 0,8 Prozent.
  • In den USA werden sie dagegen um 1,5 Prozent steigen,
  • in Indien um sechs Prozent
  • und in der übrigen Welt um 1,7 Prozent.

Der Rückgang der Emissionen in China sei auf die Corona-Lockdowns zurückzuführen, heißt es in dem Bericht. China ist als Land mit der größten Bevölkerung auch der größte Emittent von Treibhausgasen weltweit (siehe Grafik). Rund 448 Millionen EU-Bürger stoßen derweil etwa so viel CO2 aus wie die etwa 1,4 Milliarden Inder. Den leichten Rückgang der Emissionen in der EU erklären die Wissenschaftler vor allem mit der aktuellen Gasknappheit.

Foto: Handelsblatt

Den stetig wachsenden Gashunger der Welt zu stillen – das ist das florierende Geschäftsmodell von Fußball WM-Ausrichter Katar. Aus dem Handelsblatt-Wochenendtitel über den „unheimlichen Freund“ Katar habe ich unter anderem gelernt, dass es in dem Emirat zwei Mindestlöhne gibt, nämlich:

  • 275 Euro pro Monat plus Verpflegung und Unterkunft für Ausländer
  • 5200 Euro pro Monat für Kataris

Was ich beim Lesen des Textes von Nahost-Kenner Mathias Brüggmann ebenfalls gelernt habe: Wie strategisch die Kataris die internationale Vernetzung suchen. Sie wollen sich systematisch unentbehrlich machen als Investor in westlichen Konzernen (Volkswagen, Hapag-Lloyd), im Profisport (Paris St. Germain, Fußball-WM, Formel-1-Rennen) und als diplomatischer Vermittler in der Islamischen Welt. Auf diese Weise will das kleine Land so relevant für die Welt werden, dass es nicht einfach vom großen Nachbarn Saudi-Arabien annektiert werden kann.

Deutschland braucht die Gastanker vom Golf, um das russische Pipelinegas zu ersetzen. Die Kataris sind bereit zu liefern, aber in unserem Report wird auch deutlich: Sie wollen sich dabei nicht über westliche Werte belehren lassen.
Es bleibt die Frage: Sind wir in Deutschland bereit, diesen Kompromiss einzugehen? Das hieße noch einmal an das Konzept vom „Wandel durch Handel“ zu glauben, dass im Umgang mit Russland Schiffbruch erlitten hat.

Die Älteren erinnern sich noch: In den USA gab es vor einiger Zeit eine Parlamentswahl, und seitdem wird gezählt und gezählt und gezählt...

Was man aber am frühen Freitagmorgen deutscher Zeit sagen kann: Die Republikaner müssten schon sehr großes Pech haben, um die Mehrheit im Repräsentantenhaus noch zu verfehlen. Ihnen fehlen nur noch sieben Sitze bis zur Mehrheit von 218 Mandaten. 27 Wahlkreise sind noch nicht ausgezählt.

Im Senat hingegen ist alles offen, hier steht es 48 zu 49. Drei Mandate sind noch offen. In Georgia deutet alles auf eine Stichwahl hin, weil wahrscheinlich ein dritter unabhängiger Kandidat eine absolute Mehrheit für sowohl Demokraten wie für Republikaner verhindert hat. In Arizona hat der demokratische Kandidat einen leichten Vorsprung, in Nevada der republikanische.

Wenn es dabei bleibt, muss die Stichwahl in Georgia die Entscheidung bringen. Denn die Republikaner brauchen 51 Mandate für eine Mehrheit im Senat, während den Demokraten 50 reichen dank der Zusatzstimme der demokratischen Vizepräsidenten Kamala Harris.

Und: Welche Köpfe in dieser veränderten politischen Lage nach den Wahlen eine wichtigere Rolle in der US-Politik spielen werden, können Sie im Bericht unserer Korrespondentinnen Annett Meiritz und Katharina Kort nachlesen.

Vielleicht haben Sie es als Leser des Morning Briefings schon bemerkt: Ich mag platte Börsenweisheiten aus der Ära, als hemdsärmelige Broker noch in Telefone brüllten. Zum gestrigen Handelstag fällt mir der Satz ein: „An der Börse wird zum Ein- und Aussteigen nicht geklingelt“. Als die jüngste US-Inflationsrate 0,2 Prozent niedriger ausfiel als erwartet, setzten sich die Kurse ruckartig in Bewegung, S&P 500 plus 5,5 Prozent, Nasdaq plus 7,4 Prozent, Dax plus 3,5 Prozent.

So richtig rational ist das nicht, meint unsere US-Finanzmarktexpertin Astrid Dörner. Schließlich erlebt der Kryptosektor gerade den Zusammenbruch der großen Handelsplattform FTX, die Folgen könnten leicht auf den Aktienmarkt übergreifen.

Aus gutem Grund bezieht sich der Satz mit dem Klingeln sowohl aufs Ein- wie aufs Aussteigen.

Herzliche Grüße

Ihr

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Hapag-Lloyd

Christian Rickens

Textchef Handelsblatt

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