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Morning BriefingJetzt können die richtigen Ukraine-Verhandlungen beginnen

Christian Rickens 16.05.2025 - 06:16 Uhr
Handelsblatt Morning Briefing

Jetzt können die richtigen Ukraine-Verhandlungen beginnen

16.05.2025
Abspielen 08:18

Guten Morgen liebe Leserinnen und Leser!

Es soll Topmanager geben, die sich gern in wolkigen Visionen verlieren und es darüber versäumen, ihre Pläne umzusetzen und ihre Leute mitzunehmen. Solch ein Manager ist Oliver Blume ganz sicher nicht.

Unser Volkswagen-Reporter Lazar Backovic und sein Kollege Markus Fasse haben Blume über Monate hinweg begleitet, sind ihm in Wolfsburg ebenso begegnet wie in Shanghai, Düsseldorf und Dubai. Dort durfte (oder musste?) Backovic sogar mit Blume joggen gehen – bei 27 Grad im Schatten, den es aber nicht gab.

VOR dem Joggen in Dubai: Volkswagen-Chef Oliver Blume mit Handelsblatt-Reporter Lazar Backovic Foto: privat

Das Ergebnis dieser Recherche ist eine Handelsblatt-Langzeitbeobachtung, nach deren Lektüre sich bei mir der Eindruck aufdrängt: Oliver Blume fällt eher auf der anderen Seite vom Pferd, beziehungsweise von der Ducati.

Er liebt das Operative. In den vergangenen Jahren hat er Volkswagen im Troubleshooter-Modus geführt, hat Kosten gesenkt, die Softwaresparte saniert, das Chinageschäft in neue Bahnen gelenkt. Und das Beste: Betriebsrat und IG Metall reden trotzdem noch mit ihm.

Oliver Blume: Volkswagen will seine Führungsposition in Europa verteidigen – nun muss der Sanierer mit einer Vision überzeugen. Foto: Verena Müller/laif [M]

Jetzt wäre es an der Zeit, eine Zukunftsstrategie für Volkswagen zu formulieren und in die Organisation zu tragen. Offiziell gibt es diese Strategie schon, in den kommenden zehn Jahren soll Volkswagen zum „Global Automotive Tech Driver“ aufsteigen.

Falls Sie jetzt denken „Hä?“ – Ja, so ging es mir auch.

Das Loslassen könnte in den kommenden Monaten und Jahren zu seiner größten Herausforderung werden. Angefangen mit Blumes einzigartiger Position als Vorstandschef von gleich zwei Dax-Konzernen – Volkswagen und Porsche. „Die Doppelrolle muss beendet werden“, fordert Ingo Speich, Corporate-Governance-Experte der Fondsgesellschaft Deka, denn:

Auch der Tag von Herrn Blume hat nur 24 Stunden.

Oliver Blume könnte Belegschaft und Aktionären bestimmt erklären, was er sich unter dem Schlagwort vorstellt und wie er es konkret umsetzen will. Aber das kollidiert mit den vielen operativen Herausforderungen, die ihn immer wieder heimsuchen, oder die er sich sucht – so genau weiß man das bei Blume nicht.

VW-Logo im Wolfsburger Stammwerk: Gleich fünf Aktien sind mit dem Unternehmen verbunden – im Depot lohnt sich besonders eine. Foto: Moritz Frankenberg/dpa

Fünf Volkswagen-Aktien – welche ist die richtige?

Wer an Blumes Erfolg glaubt und auf das Comeback von Volkswagen wetten will, hat gleich fünf Aktien zur Auswahl: Vorzugs- und Stammaktien von VW, dazu die Aktien von Porsche AG, Porsche Holding und Traton. Ihnen gemein ist eine verlockende Kombination aus zumeist niedriger Bewertung und hoher Dividendenrendite. Aber nur ein Papier lohnt aus Sicht von Analysten wirklich den Einstieg.

FDP-Chef Dürr: Der Kompromisskandidat

Was Oliver Blume zumindest zum Teil schon geschafft hat, steht Christian Dürr noch bevor: ein Sanierungsjob. Dürr soll heute auf dem Bundesparteitag der FDP zum neuen Parteivorsitzenden gewählt werden. Bis dahin hat er keinen Zugriff auf Büro, Fahrer oder Dienstwagen, die sind Parteichef und Generalsekretär vorbehalten. Dürr improvisiert. Er arbeitet viel im Homeoffice in Ganderkesee, einer kleinen Gemeinde bei Delmenhorst, wo er mit seiner Frau und den beiden Kindern lebt.

Auf die Frage, ob sich die FDP in Zukunft eher wirtschaftsliberal ausrichten sollte oder eher linksliberal, hat er schon mal eine klare Antwort: „Es gibt eine liberale Partei in Deutschland“, sagt Dürr. „Es ergibt keinen Sinn, sich zu halbieren.“

Es scheint, als wolle Dürr die FDP daran erinnern, dass Liberalismus eine Haltungsfrage ist, die alle Lebensbereiche umfasst: im Zweifel Markt vor Staat, aber eben auch Individuum vor Staat.

Dürr will die FDP als Reformpartei positionieren und so in eine Lücke stoßen, die Union und SPD aus seiner Sicht gerade aufmachen. Als Beispiel nennt Dürr die Aktienrente. Sie hat den schönen Nebeneffekt, die Flügel der Partei zu vereinen: Die Aktienrente nutzt marktwirtschaftliche Instrumente, um den Sozialstaat zukunftsfest zu machen. Von solchen Konzepten möchte Dürr mehr entwickeln.

Christian Dürr (vorn) und Christian Lindner: Was ändert sich noch außer dem Nachnamen? Foto: picture alliance/dpa (2)

Viel Schonfrist wird er für seinen Sanierungsjob nicht bekommen, schreiben die Handelsblatt Politikreporter Josefine Fokuhl und Jan Hildebrand in ihrem Portrait des designierten FDP-Vorsitzenden: Im kommenden März sind Landtagswahlen im Stammland Baden-Württemberg und in Rheinland-Pfalz, wo die FDP mitregiert. In Baden-Württemberg steht die FDP laut Infratest bei fünf Prozent, in Rheinland-Pfalz laut Insa nur bei zwei.

Ukraine-Gespräche auf Arbeitsebene

Die Verhandlungen über ein Ende des Ukraine-Krieges zwischen ukrainischen und russischen Gesandten in Istanbul sind gestern vertagt worden. Das erste direkte Treffen der beiden Länder seit drei Jahren soll nun zusammen mit türkischen Vertretern an diesem Freitag stattfinden, hieß es aus Quellen des Außenministeriums in Ankara. Geplant seien Dreiergespräche zwischen den USA, der Ukraine und der Türkei sowie zwischen Russland, der Ukraine und der Türkei.

Die US-Delegation wird von Außenminister Marco Rubio angeführt. Auf ukrainischer Seite soll Verteidigungsminister Rustem Umjerow die Delegation leiten. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj will nicht an den Gesprächen teilnehmen, da auch Russlands Präsident Wladimir Putin nicht nach Istanbul gekommen ist. Chefunterhändler der russischen Delegation ist Wladimir Medinski. Der eher niedrigrangige Präsidentenberater war auch an den ergebnislosen russisch-ukrainischen Verhandlungen 2022 kurz nach Kriegsbeginn beteiligt.

Wolodymyr Selenskyj in Ankara: Der ukrainische Präsident reiste am Donnerstag zu Gesprächen mit seinem Amtskollegen Recep Tayyip Erdogan in die Türkei. Foto: President Of Ukraine/APA Images

Man kann es auch positiv formulieren: Das Gesprächsformat nähert sich nun dem an, was bei solchen Verhandlungen üblich und bewährt ist. Die Gespräche können sich über Monate hinziehen. Dass die jeweiligen Staatschefs zusammenkommen, macht daher erst Sinn, wenn es etwas zu unterschreiben oder einen Knoten in den Verhandlungen zu zerschlagen gibt. Und ohne die zeitliche Begrenzung und den Erfolgsdruck eines Gipfeltreffens lässt sich auch besser ermessen, ob Russland ernsthaft verhandeln oder den Westen nur hinhalten will.

AfD erlangt Vorsitz des Haushaltsausschusses

Die AfD-Bundestagsfraktion hat sich am Donnerstag bei der Verteilung der Ausschüsse im neuen Bundestag unter anderem den Vorsitz des Innen-, Finanz- und Haushaltsausschusses gesichert.

Die größte Oppositionspartei dürfte jedoch Probleme haben, den Vorsitzenden tatsächlich zu stellen. Da die anderen Parteien bereits angekündigt haben, keine Vorsitzenden der rechtspopulistischen Partei wählen zu wollen, könnte die praktische Führung in den formal der AfD zugesprochenen Ausschüssen bei den jeweiligen Stellvertretern aus anderen Parteien liegen.

Das Logo der AfD. Foto: Carsten Koall/dpa

Meta verschiebt KI-Modell

Meta verschiebt einem Medienbericht zufolge die Einführung seines KI-Top-Modells „Behemoth“. Grund seien Bedenken wegen der Fähigkeiten der Künstlichen Intelligenz (KI), berichtet das „Wall Street Journal“ unter Berufung auf mit der Angelegenheit vertraute Personen. Zudem erwäge die Facebook-Mutter Änderungen am Management ihrer KI-Sparte. Die Aktie des US-Konzerns gab nach der Veröffentlichung des Berichts kurz vor Handelsende um 2,4 Prozent nach.

Meta und seine Marken: Instagram, WhatsApp und Facebook Foto: dpa

Entdeckung à la Carta

Die US-Universität Harvard hatte nach dem Zweiten Weltkrieg für 27,50 Dollar eine angebliche Kopie der berühmten Magna Carta gekauft. Nun haben Wissenschaftler zufällig entdeckt, dass es sich um eine Original-Handschrift aus dem Jahr 1300 handelt, wie die Hochschule mitteilte. Das Dokument dürfte viele Millionen Dollar wert sein. Die Magna Carta, ursprünglich aus dem Jahr 1215, gilt als Vorläufer moderner Verfassungen. In ihr ist festgehalten, dass der englische König nicht über dem Gesetz steht.

Harvard University. Foto: Harvard University (Foto: picture alliance / ZUMAPRESS | Kenneth Martin)

Dass das Dokument ausgerechnet in einer Zeit auftaucht, in der ein mächtiger Herrscher die Harvard-Universität kujonieren will und es mit dem Gesetz nicht immer allzu genau nimmt: Das ist natürlich eine hübsche Ironie.

Ich wünsche Ihnen einen geschichtsbewussten Wochenausklang.

Herzliche Grüße,

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Christian Rickens

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