Studie von NGOs Agrarindustrie setzt sich zu wenig für Menschenrechte ein

Anlässlich der Agrarmesse Grüne Woche in Berlin wollen NGOs den Druck auf die Bundesregierung erhöhen, Agrar-Unternehmen gesetzlich zu mehr Menschenrechtsschutz zu verpflichten.
Berlin Deutsche Agrarunternehmen werden ihrer Verantwortung für den Schutz der Menschenrechte nicht gerecht. Das ist das Ergebnis einer Studie der Organisationen Germanwatch und Misereor, die an diesem Mittwoch in Berlin präsentiert wird. „Obwohl es in der Agrar- und Ernährungsindustrie weltweit häufig zu Menschenrechtsverletzungen kommt, beschäftigt sich bisher kein einziges von 15 untersuchten großen Unternehmen aus Deutschland ausreichend mit der Achtung dieser Rechte bei seinen Geschäften“, beklagen die Autoren.
Anlässlich der Agrarmesse Grüne Woche in Berlin wollen sie den Druck auf die Bundesregierung erhöhen, Unternehmen gesetzlich zu mehr menschenrechtlichem Engagement zu verpflichten. Das Thema beschäftigt die Politik seit Jahren. Die Bundesregierung hat begonnen, Unternehmen zum Thema Menschenrechtsschutz zu befragen. Sozialminister Hubertus Heil nannte die bisherigen Ergebnisse „ernüchternd“.
Gemeinsam mit Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) macht sich der SPD-Politiker für ein Lieferkettengesetz stark, das deutsche Unternehmen auch bei ihren Auslandsgeschäften verpflichten würde, auf Menschenrechtsstandards zu achten.
Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) hält eine Entscheidung über verbindliche Vorgaben hingegen für verfrüht, er will die zweite Phase der Unternehmensbefragung und die Auswertung der Gesamt‧ergebnisse abwarten. Erforderlich sei ein „solider, faktenbasierten Monitoring-Prozess“, heißt es aus dem Wirtschaftsministerium.
Doch einiges deutet darauf hin, dass die Umfrage ergeben wird, dass das in Mode gekommene Bekenntnis zur „guten Unternehmensführung“ oftmals mit der Realität kollidiert. Menschenrechtsorganisationen haben ermittelt, dass keines der 20 größten deutschen Unternehmen die von den UN definierten menschenrechtlichen Mindeststandards vollständig erfüllt. Die aktuelle NGO-Studie passt da ins Bild.
Vor allem die Geflügelfleischproduzenten tun bislang zu wenig, bemängeln Germanwatch und Misereor. So führe der Anbau von Soja als Futtermittel zu „Landvertreibungen und zu giftigem Pestizideinsatz“. Die Autoren sehen daher „dringenden gesetzgeberischen Handlungsbedarf“. Nicht alle Unternehmen wehren sich dagegen. Zuletzt haben sich 42 deutsche Unternehmen für ein Lieferkettengesetz ausgesprochen, darunter Tchibo, Ritter Sport, Nestlé Deutschland und Hapag-Lloyd.
DGB-Chef Reiner Hoffmann ruft die Große Koalition zum Handeln auf: „Wir haben den Unternehmen die Möglichkeit gegeben, sich selbst auf die Einhaltung von Standards in ihren Lieferketten zu verpflichten, doch die Evaluierung hat gezeigt, dass da zu wenig passiert ist“, sagte der Gewerkschaftschef dem Handelsblatt. „Deshalb brauchen wir auch hier verbindliche Spielregeln.“
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