Datenschutz Google will Cookie-Tracking abschaffen – eine Alternative steht aber bereit

Mit Cookies verfolgt Google, wie sich Nutzer durchs Netz bewegen.
San Francisco, Düsseldorf Die Spielregeln für Onlinewerbung ändern sich: Google will künftig nicht mehr einzelne Nutzer nachverfolgen. Die dafür nötigen Cookies sollen abgeschafft werden. Wenn die bestehende Technologie seines Browsers Chrome – des meistgenutzten der Welt – im kommenden Jahr auslaufe, werde man keine alternativen Tools bauen oder verwenden, um den individuellen Internetverkehr von Nutzern zu verfolgen, teilte der US-Suchmaschinenbetreiber am Mittwoch in einem Blogeintrag mit. Google hat sich ein neues Konzept einfallen lassen.
Die Abkehr von den Cookies erfolgt mit Ankündigung. Google hatte bereits Anfang 2020 bekannt gegeben, die Cookies von Drittanbietern, die zielgerichtete Onlinewerbung ermöglichen, abschaffen zu wollen, um zunehmende Datenschutzstandards in Europa und den USA zu erfüllen.
Datenschützer kritisieren seit Jahren, dass Technologieunternehmen, darunter auch Google, Cookies verwenden, um Datensätze über das Surfen auf Websites zu sammeln, die ihnen nicht gehören. Damit können sie Profile über die Interessen der Nutzer erstellen und personalisierte Werbung schalten.
Cookies sind Datensätze, die auf dem Onlinegerät des Verbrauchers gespeichert werden. Die Technik sollte einst dazu dienen, dem Browser ein Gedächtnis zu verschaffen. Mit Cookies speichern Onlineshops die Warenkörbe, und Nutzer können bei Onlineseiten eingeloggt bleiben – auch wenn der Rechner zwischendurch heruntergefahren wurde.
„Um das Internet offen und zugänglich für alle zu halten, müssen wir alle mehr für den Schutz der Privatsphäre tun – und das bedeutet nicht nur ein Ende der Cookies von Drittanbietern, sondern auch jeglicher Technologie, die dazu verwendet wird, einzelne Personen zu verfolgen, während sie im Internet surfen“, erklärte Google-Manager David Temkin.
Erleichtert wird die Entscheidung wohl dadurch, dass sie Google keineswegs am härtesten trifft. Werbung mit auf eigenen Seiten gesammelten Daten ausspielen kann Google weiterhin: Mit Daten zu Suchanfragen, angesehenen Youtube-Videos oder aufgesuchten Orten in Google Maps kennt das Unternehmen aus Mountain View seine Nutzer weiterhin sehr gut.
Werbung ist die wichtigste Einnahmequelle für den Konzern. Auch wenn man in Zukunft auf Cookies verzichten wird, will das Unternehmen weiterhin zielgerichtet Werbung schalten.
Google will dafür nicht mehr das individuelle Verhalten der Internetnutzer in den Blick nehmen, aber Menschen zu Gruppen zusammenfassen. Das neue Schlagwort lautet „Federated Learning of Cohorts“, kurz FLoC. Das sind Kohorten von Menschen, auf die Werbung zugeschnitten werden kann. Anders als bei Cookies soll ein einzelner Nutzer nicht identifizierbar sein. Wie die Kohorten genau aufgebaut sind, ließ Google offen.
Apple und Mozilla waren vorgeprescht
Google-Konkurrent Apple und das Tech-Stiftungsunternehmen Mozilla verhindern schon länger die Verfolgung von Internetnutzern durch Werbetracker. Seit 2019 blockiert der Browser Firefox standardmäßig alle als Tracker identifizierten Cookies, Safari-Anbieter Apple folgte 2020.
Künftig will Apple Tracking auch in Apps auf den eigenen Geräten nur noch erlauben, wenn die Nutzer ausdrücklich zugestimmt haben. „Wir überlassen es dem Nutzer, ob er getrackt werden will“, sagte Apple-Chef Tim Cook dem Handelsblatt im Januar zu dem sogenannten „App Tracking Transparency“ (ATT)-Projekt.
Auch wenn ATT Googles Schritt nicht direkt erzwingt, stellt er den Suchmaschinen-Riesen doch vor die Wahl: bei Nutzern und Regulierern weiter als Stalker-Konzern gelten oder einen Neustart wagen, der dauerhaft auf Cookies von Drittparteien und vergleichbare Techniken verzichtet.
Auf Cookies folgen Kohorten
Für die Werbeindustrie ist Googles Entscheidung eine Herausforderung. Betreiber von Internetseiten nutzen Cookies, um zielgerichtete Werbung auszuspielen. Fallen diese weg, kann zwar Werbung auf den Bannern ausgespielt werden, aber sie ist nicht mehr auf die Interessen und Lebenssituationen der Nutzer abgestimmt und bringt damit tendenziell auch weniger Geld ein.
Für Jan Möllendorf, geschäftsführender Gesellschafter der Digitalberatung Defacto X, gebe es jetzt nur einen Weg: „Es wird höchste Zeit, dass die werbetreibenden Unternehmen eigene Datenbestände aufbauen und nicht mehr auf das Tracken angewiesen sind“, sagte Möllendorf. Seiner Ansicht nach wird die neue Regelung von Google vor allem Publisher und Onlinehändler treffen, die stark mit Cookies arbeiten.
Viele Internetnutzer hätten eine Abneigung gegen die Datensammelwut vieler Unternehmen im Internet entwickelt, betont Möllendorf. Etwa mit Werbeblockern versuchten sie, sich zu schützen. Dass Google dem Tracken einen Riegel vorschieben will, sei nachvollziehbar, sagt der Digitalexperte. „Das Tragische ist allerdings, dass mit der Abkehr der Third-Party-Cookies die Position von Google nur noch weiter gestärkt wird“, meinte Möllendorf.
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@Rudolph: Sie wollen weniger Daten FÜR ANDERE sammeln. Für "sich selbst" aber weiterhin und wahrscheinlich noch mehr als zuvor. Dies stärkt die Monopolstellung Goggle´s, denn die Anderen, sprich die werbetreibende Wirtschaft, müssen dieses Knowhow jetzt erstmal selbst aufbringen, was so konzentriert wie der Gockel es kann, schwierig wird.
Die Datenkrake Google möchte weniger Daten sammeln? Das ist eine 180 Grad Wendung und eine gewisse Sensation! Allein, mir fehlt der Glaube...