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Energie

Energiewirtschaft in Russland Unter dem Eispanzer

Die Sanktionen quälen Russlands Energiewirtschaft gewaltig. Doch der Kreml hängt wie ein Junkie an der Öl- und Gasnadel. Dabei tobt hinter den Kulissen ein Machtkampf um die Schätze von Gazprom, Rosneft & Co.
28.04.2015 - 10:44 Uhr Kommentieren
Ein Signal an den Westen: Der bei „Uralmasch“ gebaute hochmoderne Bohrturm auf dem Gasfeld von Jamal LNG. Quelle: Mathias Brüggmann
Ein Signal an den Westen

Der bei „Uralmasch“ gebaute hochmoderne Bohrturm auf dem Gasfeld von Jamal LNG.

(Foto: Mathias Brüggmann)

Wer an das fette Gas will, muss den Eispanzer knacken. „Wenn es gut ist, an einigen Stellen, dann ist die Eisschicht nur zehn Meter dick, manchmal aber auch 15 Meter. Da muss man den Eispanzer fast wegsprengen“, berichtet Ruslan Sarijew. Der 38-Jährige steht dick eingepackt in seinem roten Arbeitsanzug und mit dicker Mütze unter dem weißen Schutzhelm vor dem gewaltigen Bohrturm. Seit zwei Jahren nun bohrt der Objektleiter hier in Russlands höchstem Norden nach Erdgas. 14 Gasquellen hat er schon erschlossen, nun frisst sich der Bohrmeißel gut 3500 tief durch den Permafrost und den Eispanzer oben drauf.

„Das ist hier wirklich das Ende der Welt“, murmelt der bärtige Sibirier, der vorher mehr als ein Jahrzehnt in südlicheren Gefilden nach Öl gebohrt hat. Dann sagt er: „Aber zum Arbeiten ist es ein Traum.“ Was ihn fasziniert, sind diese Hunderte Kilometer Nichts. Nur schneeweiße, leere Landschaft, nicht einmal verschneite Bäume, nur gefrorene Moore, erstarrte Flüsse, Tümpel, Taiga. Hölle aus Eis und Schnee nannten Alexander Solschenizyns Gulag-Helden die Gegend, wenngleich selbst Stalins Arbeitslager nie so weit in den Norden ragten. So weit wie hier, wo vielleicht knapp sechs Monate im Jahr das Eis schmilzt und der mächtige Strom Ob in die Karasee mündet, auf der Jamal-Halbinsel.

Aber Sarijew ist frohgemut: Der neue Bohrturm, den der russische Maschinenbauer Uralmasch produziert hat, sei zwar fast ein Drittel teurer als herkömmliche Anlagen, sagt er. „Aber er ist im Gegensatz zu anderen ganz geschlossen. Und so haben wir auch bei starkem Wind keinen einzigen Arbeitstag aussetzen müssen.“ Herkömmliche Bohrtürme stünden 30 bis 60 Tage im strengen Winter still, wenn der Eissturm die Arbeiter nicht ans Gestänge lässt. Hier jedoch, bei Russlands größtem privaten Flüssiggasprojekt, laufe alles nach Plan.

Das ist es, was der russische Novatek-Konzern beweisen will. Über Russlands nördlichstem Gasfeld sei die Wirkung westlicher Widrigkeiten erfroren. „Die Sanktionen?“, fragt Jewgenij Kot, der Generaldirektor von Yamal LNG, wie dieses Gemeinschaftsprojekt des russischen Erdgaskonzerns Novatek am Rande des Eismeers offiziell heißt. „Na ja, wir stehen zwar auf der Sanktionsliste. Das heißt für uns, dass US-Banken uns nicht finanzieren können. Das ist das Einzige, was uns trifft. Praktisch bekommen wir hier aber nichts zu spüren.“

Draußen befreien Eisbrecher die Fahrrinne von Packeis, damit sich Ozeanriesen den Weg zum nagelneuen Hafen Sabetta im Obbusen bahnen können. Ein Liebherr-Kran hebt die Lasten aus dem stählernen Bauch der „Nowaja Semlja“, wie das Schiff heißt. Yamal LNG demonstriert so geschäftige Gelassenheit. Und Generaldirektor Kot glaubt auch nicht, dass sein Projekt gefährdet ist: „Wir kaufen sehr viel Technik in Europa und Amerika. Und Politiker verstehen die Bedeutung wirtschaftlicher Beziehungen.“ Für 50 Milliarden Euro etwa liefert Siemens acht riesige Gasturbinen. Von BASF kommen Chemikalien zur Behandlung von Flüssiggas, französische Konzerne bauen dazu gigantische Tanks. Und aus den chinesischen, indonesischen und philippinischen Werften stammen Module einer Gasverflüssigungsanlage. Die Aufträge brächten europäischen Firmen Milliarden, inklusive des gerade abgeschlossenen Vertrags zum Umschlag des Flüssiggases (LNG) im belgischen Zeebrugge – und ohne die US-Aufträge wie Turbinen und Kompressoren von GE. „Das wird im Sommer alles pünktlich geliefert“, betont Kot. Kein Anlass zur Sorge.

Die westlichen Finanzmärkte sind weitgehend gesperrt
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