Medizintechnik-Unternehmer Nachdenklich im Auftragsboom: Drägerwerk-Chef sieht Werte im Wandel

Politiker und Regierungschefs verschiedener Nationen rufen den 57-Jährigen an, um Beatmungsgeräte und Atemschutzmasken zu ordern.
Düsseldorf Als Unternehmer könnte sich Stefan Dräger eigentlich über einen Auftragsboom wegen der Coronakrise freuen. Aber da es um Menschenleben geht und Drägerwerk „Technik für das Leben“ herstellt, findet der 57-jährige Firmenchef und Hauptgesellschafter anlässlich der Veröffentlichung der vorläufigen Zahlen für das erste Quartal eher nachdenkliche Worte.
Die Ergebnisse seien ein Blick in den Rückspiegel. Viel interessanter sei der Blick nach vorn, in eine neue Zeit nach Corona, meint der Unternehmer. Er glaube, dass vieles anders sein werde als vorher. „Manches, was vorher wichtig erschien, wird nicht mehr so relevant sein. Und anderes wird wichtiger, Werte wie Beständigkeit und Verlässlichkeit, aber auch Menschlichkeit“, meint Dräger schon fast philosophisch.
Der 57-jährige Ingenieur, der das 1889 gegründete Drägerwerk in fünfter Generation führt, ist seit Wochen ein gefragter Mann. Politiker und Regierungschefs verschiedener Nationen rufen an, um persönlich Beatmungsgeräte und Atemschutzmasken zu ordern. Aber den immensen Bedarf in der Pandemie kann auch Drägerwerk trotz Produktionsausweitung nicht decken. Stefan Dräger muss viele Bittsteller enttäuschen.
In den vergangenen Jahren hat der Chef des börsennotierten Unternehmens mit zuletzt knapp 2,8 Milliarden Euro Jahresumsatz immer wieder die Investoren verprellt, weil sich die Firma schlechter als erwartet entwickelt hatte. Im vergangenen August hatte der studierte Elektrotechniker sogar einen Sparkurs angekündigt.
Jetzt die besten Jobs finden und
per E-Mail benachrichtigt werden.
Jetzt sorgt der Auftragsboom dafür, dass Dräger seine bisher eher vorsichtige Jahresprognose für 2020 revidiert und sehr gute Chancen für ein deutliches Umsatz- und Ergebniswachstum sieht. Auch der Aktienkurs des Unternehmens hat einen deutlichen Sprung gemacht: Von rund 50 Euro Mitte März kletterte der Kurs der Vorzugsaktien im Xetra-Handel binnen weniger Tage zeitweise auf bis zu 98,50 Euro. Aktuell notiert er bei rund 83 Euro.
Die Coronakrise bringt der Lübecker Firma wirtschaftlichen Erfolg und künftig wohl auch mehr Wertschätzung für Zweck und Arbeit des Unternehmens, glaubt jedenfalls Stefan Dräger: „Das Leben als solches wird ebenfalls höher bewertet werden und damit auch unsere Technik für das Leben“, sagt er.
Mehr: Beatmungsgeräte aus der Autofabrik? Hersteller Dräger zweifelt daran.
Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.