Max Strauss: „EZB-Krisenpolitik ist Anschlag auf die Demokratie“
Sohn des einstigen CSU-Urgesteins Franz Josef Strauß: Max Josef Strauß (CSU).
Foto: Markus PlettendorffDer in den EU-Verträgen (Art. 123 AEUV“ eigentlich verbotene Ankauf von Staatsanleihen durch die Notenbank ist ein Anschlag auf die Demokratie insgesamt. Damit wird das Haushaltsrecht des Parlaments als dessen Königsrecht kalt umgangen, indem sich die Regierung an der Kasse direkt bedient. Schlecht wirtschaftende Regierungen kommen in Geldnot, was politische Reformen erzwingt. Nunmehr herrscht im Süden Europas die Meinung vor, dass die heimischen Verhältnisse ganz in Ordnung seien, man bräuchte sich ja nur bei der Zentralkasse EZB bedienen. Dort sei ja genug Geld da und der deutsche Widerstand völlig unverständlich.
In Wirklichkeit ist die Entscheidung schon Anfang August gefallen. Sie besteht in der kalten Erweiterung des ESM durch Staatsanleihenkäufe der EZB in nahezu beliebiger Höhe. Die Kanzlerin bekommt „ihren“ ESM, der den Reformdruck aufbaut in den Ländern, die sich ihm unterwerfen (müssen), und Draghi schränkt die Anleihenkäufe auf diese Länder ein. Dieser Lösung hat die Kanzlerin schon ausdrücklich zu gestimmt. Nun steht nur noch das Bundesverfassungsgericht als echte Hürde im Weg, dessen Präsident Voßkuhle aber schon bei der mündlichen Verhandlung auf die begrenzten Möglichkeiten seines Gerichts hingewiesen hat.
„Fiat ius pereat mundus“ (Es geschehe Recht, und wenn die Welt untergeht) wird auch hier nicht passieren, und so zeichnet sich eine Zustimmung des Bundesverfassungs-gerichts unter welchen Auflagen auch immer ab. Dies ist wohl der dogmatisch und demokratisch äußerst unsaubere, aber realpolitisch gangbare Weg, um die Katastrophe von Staatspleiten zu verhindern und doch noch mit Reformen die Ursachen der Finanznot zu bekämpfen. Ein geradezu original italienischer Weg, nach dem Musterbeispiel eines Landes, das wie kein anderes mit Krisen umzugehen versteht, von dem mein Vater Franz Josef Strauß seinerzeit sagte, dass die Deutschen schon lange ausgestorben wären, wenn sie nach italienischen Regeln leben müssten.
Das zeigt die Grundsatzprobleme der CSU: Macht und Genauigkeit des politischen Angriffs fehlt. In der Münchner Landesleitung wird man sich zwar darüber freuen, dass man endlich wieder einmal in den Schlagzeilen steht, aber Generalsekretär Alexander Dobrindt schießt nach geschlagener Schlacht daneben. Damit wird der Vorgang zum Theaterdonner auf einer Provinzbühne. Der Angriff bleibt im Persönlichen stecken und verfehlt die Wirkung auch am Stammtisch.
Abgesehen davon, dass die EZB kann gar keine falschen Münzen herstellen (Art. 128 Abs. 2 AEUV) kann, es sich bei den Münzen nur um kleines Geld dreht, geht hier die Auseinandersetzung um große Werte in volkswirtschaftlichen Dimensionen. Die CSU und Dobrindt werden machtlos zu Kenntnis nehmen müssen, dass Griechenland trotz aller Unkenrufe den Euro bis auf weiteres behält. Dobrindt nährt aber die Illusion, dass ein Umstieg der Griechen in die Drachme die Probleme mit einem Federstrich ein für alle Mal lösen könnte.
Damit und mit dem dann zwingend folgenden massiven Schuldenschnitt hätte Griechenland erst einmal sein Schuldenproblem gelöst, weil die Gläubiger diese Schulden endgültig bezahlen müssten. Im Land selbst wäre der Reformdruck als Voraussetzung für einen Aufschwung weg, während die Gläubiger, an ihrer Spitze die staatlichen Banken und die EZB, die bisher mit aller List und Tücke vermiedenen Probleme bekämen.
Die dann notwendigen Kapitalerhöhungen würden Angela Merkel im Wahljahr 2013 den Haushalt nachhaltig ruinieren. Sie schlägt damit zwei Fliegen mit einer Klappe: Der von ihr gewünschte ESM ist de facto mit unbegrenzt Geld ausgestattet, wofür sie im Bundestag nie eine Mehrheit bekäme, er erhält sogar noch zusätzlichen politischen Druck durch die EZB, und sie umschifft elegant Haushaltsprobleme im Wahljahr 2013.
Vielleicht sollte die CSU einmal damit beginnen, statt um die Lufthoheit über den Stammtischen um die Meinungshoheit dort zu kämpfen. Angela Merkel erwies sich hingegen einmal mehr als Meisterin in politischen Grabenkampf, diesmal mit italienischer Assistenz.