Vom Manager zum Häftling: Der tiefe Fall des Uli Hoeneß
Dieses Jahr ging für ihn sehr turbulent zu: Das Leben von Uli Hoeneß war in diesem Jahr die Geschichte eines tiefen Falls.
Landsberg am Lech. Vom mächtigen und respektierten Fußball-Manager zum Häftling: Das Leben von Uli Hoeneß war in diesem Jahr die Geschichte eines tiefen Falls. Ende 2014 konnte Hoeneß jedoch auf Freigang hoffen – und zwar ab Anfang 2015, rund um seinen 63. Geburtstag am 5. Januar.
Hoeneß könnte dann also jeden Morgen die Justizvollzugsanstalt im bayerischen Landsberg am Lech verlassen und zur Arbeit in die Säbener Straße nach München fahren. Sein langjähriger Arbeitgeber FC Bayern München hoffte darauf.
Zuvor hoffte Hoeneß, Weihnachten daheim feiern zu können. Die für Urlaub vorgeschriebenen mindestens sechs Monate Haft waren bis zum Fest jedenfalls längst abgesessen. Der Bescherung unterm Christbaum und dem Weihnachtsbraten im Kreise der Lieben stand nach dem Vollzugsplan der Haftanstalt nichts im Wege.
Urlaub vom Alltag hinter Gittern und Freigang sind wesentliche Schritte auf dem Weg eines Gefangenen zurück in die Freiheit. Als Freigänger muss Hoeneß nur zum Schlafen wieder „einpassieren“.
Gibt sich der verurteilte Steuerhinterzieher weiter reumütig und wird die Hälfte seiner Strafe zur Bewährung ausgesetzt, könnte Hoeneß bereits im Frühjahr 2016 wieder ein freier Mann sein.
Rückblende: Hoeneß zeigte sich Anfang 2013 selbst an. Er hoffte, auf diese Weise einer Verurteilung zu entgehen. Doch im Sommer 2013 erhob die Staatsanwaltschaft Anklage gegen den Präsidenten des ruhmreichen Fußball-Clubs.
Nach vier Prozesstagen wurde der Bratwurst-Fabrikant am 13. März 2014 zu drei Jahren und sechs Monaten Haft verurteilt. Er hat 28,5 Millionen Euro Steuern hinterzogen. Hoeneß legte alle Ämter beim FC Bayern nieder und ging am 2. Juni ins Landsberger Gefängnis.
Viel wurde spekuliert über seine Haftbedingungen. Bekam er einen Promibonus? Hoeneß hat mächtige Fürsprecher. Ex-Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) besuchte ihn regelmäßig im Gefängnis. Und Fußballer-Legende Günter Netzer sowie die aktuellen Stars des deutschen Rekordmeisters FC Bayern schauten auch vorbei.
Bayerns Justizministerium hielt sich bedeckt zum Gefängnisaufenthalt von Hoeneß. Es verwies auf die Persönlichkeitsrechte des Häftlings. Amtschef Frank Arloth ließ sich lediglich entlocken, dass Hoeneß weder ein Mobiltelefon noch ein Laptop zur Verfügung stehe. Auch Bezahlfernsehen mit den Live-Bundesliga-Spiele sei tabu.
„Herr Hoeneß, sind Sie ein Zocker?“, fragte das Handelsblatt 2011 im Interview. Die Antwort: „Nein, das bin ich nicht. Früher war ich zwar spekulativer unterwegs, habe etwa mit Devisen gehandelt. Ich war aber nie ein Daytrader oder so etwas. Kurz rein und schnell wieder raus – das entspricht nicht meiner Überzeugung. Ich versuche, Ideen zu entwickeln, die ich dann langfristig verfolge.“
Das Handelsblatt fragte weiter: „Beschäftigen Sie sich täglich mit der Börse?“ Hoeneß: „Nein, das kann man nicht, dafür fehlt mir auch die Zeit. Vermutlich würde ich auf Dauer sowieso verrückt werden, wenn ich jede noch so kleine Veränderung beobachten würde.“
„Ich weiß, dass das doof ist. Aber ich zahle volle Steuern.“
Interview mit der Bild-Zeitung, 2005
„Und es kann doch nicht der Sinn der Sache sein, ins Gefängnis zu wandern, nur um ein paar Mark Steuern zu sparen.“
Interview mit der Welt, 2002
„Natürlich will ich Erfolg, aber nicht um jeden Preis. Wenn es um Geld geht, muss man auch mal zufrieden sein.“
Im Interview mit Brand Eins, 2011
„Wenn die Unternehmer alle in die Schweiz gehen, ist auch keinem geholfen. Mit einer Reichensteuer geht es dem kleinen Mann kein Stück besser.“
Bei Maybrit Illner, 2009
„Keine Regierung der Welt kann mein Vermögen klein machen. Das mache ich schon selber – indem ich Fehler mache. Mir ist inzwischen egal, ob ich 20, 50 oder 100 Prozent Steuern zahle. Mir geht es um die kleinen Leute.“
Interview mit der Abendzeitung München, 2002
„Ein Spekulant tut weniger für die Volkswirtschaft als eine Krankenschwester im Krankenhaus.“
Interview mit dem Handelsblatt, 2011
„Wohlstand bedeutet, dass man relativ sorgenfrei leben kann. Dass ich eine Arbeit habe und am Monatsende genug Geld, um die Familie zu ernähren.“
Bei Günther Jauch, 2012
Im Mai 2013 sagt er im Interview mit der Zeit, es gebe drei Uli Hoeneß: Den seriösen Geschäftsmann, den konservativen Anleger. „Und dann gibt es den dritten Uli Hoeneß, der dem Kick nachgejagt ist, der ins große Risiko ging. Vielleicht steckt dahinter auch die Sehnsucht, die Wirklichkeit zu vergessen, auszubrechen. Das geht an der Börse gut.“
„Ich habe keinen Banker, der allein entscheidet. Die letzte Entscheidung habe immer ich selbst.“
Interview mit dem Handelsblatt, 2011
„In den Jahren 2002 bis 2006 habe ich richtig gezockt, ich habe teilweise Tag und Nacht gehandelt, das waren Summen, die für mich heute auch schwer zu begreifen sind, diese Beträge waren schon teilweise extrem. Das war der Kick, das pure Adrenalin.“
Im Interview mit der Zeit, Mai 2013
„Ich fühlte mich in diesen Tagen auf die andere Seite der Gesellschaft katapultiert, ich gehöre nicht mehr dazu. Ich mache mir natürlich riesige Vorwürfe. Ich habe Riesenmist gebaut, aber ich bin kein schlechter Mensch.“
Im Interview mit der Zeit, Mai 2013
„Uli ist der Vater Teresa vom Tegernsee, der Nelson Mandela von der Säbener Straße und die Mutter aller Manager.“
Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge zum 60. Geburtstag von Uli Hoeneß.
„Er ist, glaub ich, schon als Manager auf die Welt gekommen.“
FC-Bayern-Ehrenpräsident Franz Beckenbauer über Uli Hoeneß, 2009
Doch der Promi-Häftling ist wohl von anderen Gefangenen weitgehend abgesondert. Zu groß erschien den Behörden die Gefahr, Hoeneß könnte von einem seiner Mithäftlinge etwas angetan werden.
Wenige Wochen vor Haftantritt hatte ein Ex-Gefangener 215.000 Euro von Hoeneß erpressen wollen. Andernfalls gebe es Konsequenzen im Gefängnis, drohte er. Bei der Geldübergabe wurde der 50-Jährige gefasst.
Am 20. September, einem milden Spätsommer-Samstag, nach 111 Tagen in Haft, genoss Hoeneß seinen ersten Schnuppertag in Freiheit. Er traf seine Frau Susi und Sohn Florian – endlich wieder draußen, wenn auch nur für einige Stunden. Danach gab es weitere Tage mit einigen Stunden Ausgang.
Einmal war Hoeneß wohl in seinem Haus in Bad Wiessee am Tegernsee, ein andermal soll er in einem Münchner Feinschmeckerrestaurant gesehen worden sein. Kein Wunder: Im Gefängnis stehen Schinkennudeln und Margarinebrot auf dem Speiseplan.
Der Freigang von Hoeneß und damit der wichtigste Schritt in ein normales Leben bedurfte wochenlanger Vorbereitung. Mit dem Fall vertraute Juristen sagten, es sei kompliziert, einen Arbeitsvertrag für Hoeneß aufzusetzen, den das Justizministerium auch abnickt.
„Es war sein eigener Wunsch, im Nachwuchsbereich zu arbeiten“, sagte Bayern-Präsident Karl Hopfner. Für Hoeneß werde es „eine unwahrscheinliche Erlösung“, wieder beim FC Bayern zu sein.
Nach getaner Arbeit muss Hoeneß auch als Freigänger abends wieder in die Zelle – nicht zwangsläufig ins Landsberger Gefängnis. Infrage kamen auch die Außenstelle Rothenfeld in der Nähe des Starnberger Sees oder ein bei Freigängern beliebtes Gebäude in München.