Ableger der Art Basel Art Miami Beach – Bunt muss es sein und schön glitzern

So lieben Kunstsammler die Messe in Miami Beach.
Miami Beach Die „Art Basel Miami Beach“ überrascht Besucher in diesem Jahr mit einem rundum erneuerten Ambiente. Endlich, nach drei Jahren, ist die umfassende Renovierung und Erweiterung des Austragungsorts Miami Beach Convention Center, die über 620 Millionen Dollar verschlangen, abgeschlossen.
Und die Messe profitiert enorm, nicht nur durch den neuen, riesigen Grand Ballroom im zweiten Stock, der nun auch für Performances bereitsteht. Zweimal täglich wird hier noch bis Sonntag Abraham Cruzvillegas’ Werk „Autoreconstrucción: To Insist, to Insist, to Insist…“ aufgeführt. Es war zuerst in Mexiko-Stadt und New York zu sehen.
Das anfangs riskante Unterfangen der Schweizer Mutter „Art Basel“, sich 2002 mit einem ersten Ableger ausgerechnet auf der vergnügungssüchtigen Ressortinsel Miami Beach niederzulassen, hat sich längst ausgezahlt. Daran erinnerte die damals treibende Kraft Norman Braman jetzt wieder auf der Pressekonferenz: „Im Jahr 2001 gab es in ganz Miami zehn Galerien, heute sind es über hundert. Und wir haben vier neue Museen (mit zwei weiteren im Aufbau)”.
Auf Stippvisite in der Partystadt
Alljährlich fliegen Reiche und Superreiche aus der ganzen Welt in die auch im Dezember tropisch temperierte Partystadt. Südamerikanische Kunden waren einer der Grunde dafür, sich hier niederzulassen. Aber wie Marc Spiegler, Global Director Art Basel, es beschreibt, dauerte es einige Zeit, bis ihr ursprünglich überschaubarer Kreis zu signifikanter Größe angewachsen war.
Und die Transformation der Stadt geht noch weiter. Wenn etwa die prominente Sammlerfamilie Rubell im kommenden Jahr ihr Museum nach Allapattah, einem weitgehend industriell geprägten Randbezirk im Westen Miamis verlegen wird, kann man sicher sein, dass Immobilienentwickler folgen. „Miami 3.0” verspricht Noah Horowitz, Art Basel Director Amerikas.
Gebührennachlass für junge Galerien
Feiern auf den berühmten Partys lässt es sich auch in diesem Jahr, sei es im Dienste der Künste oder des Luxuskonsums – Mode, Alkohol, Jachten oder Autos. Aber glaubt man Beobachtern, scheinen die Exzesse mittlerweile der Vergangenheit anzugehören.
Auf der Art Basel Miami Beach bieten auch in diesem Jahr über 260 Galerien aus 35 Ländern ein breites Spektrum (bis 9.12.).
Die Messe sieht gut aus, ein großzügigeres Layout bietet willkommene Verbesserungen wie breitere Gänge und zusätzliche Verschnaufzonen mit bequemen Sitzgelegenheiten. Und es gibt gute Neuigkeiten für junge Galerien. Um ihnen eine Teilnahme zu erleichtern, wurden die Gebühren für die ersten zwei Jahre ermäßigt. Aber danach müssten sie auf eigenen Füssen stehen können. „Schwimmen oder Untergehen“, so umschreibt es Horowitz.

Besucher der Art Miami Beach begutachten das Werk von Sam Durant.
Wie gewohnt hagelte es in den ersten VIP-Stunden am Mittwoch bei vielen Galerien Verkäufe. Zu den Topverdienern gehörten Hauser & Wirth, die unter anderem Philip Gustons marktfrisches Bild „Shoe Head “ (1976) zu 7,5 Millionen Dollar weitergaben, eine europäische Sammlung erwarb ein weiteres (unbetiteltes) Werk Gustons von 1969 zu 2,8 Millionen Dollar. Auch Mark Bradfords neue Collage „Feather” konnte sofort zu 5 Millionen Dollar abgesetzt werden. Sie ist einer amerikanischen Institution versprochen.
Stets wurde in Miami die Vorliebe für Großes, Buntes oder Glitzerndes bedient. Jeff Koons’ auf Hochglanz poliertes „Smooth Egg with Bow (Magenta/Orange)” erinnert daran bei Edward Tyler-Nahem, gut abgeschirmt auf einem Podest wartend (ca. 10 Millionen Dollar). Geben große Formate auch in diesem Jahr den Ton an, so üben doch viele Werke Kritik an sozialen oder politischen Zustanden, geben Minderheiten eine Stimme.
Schwarzafrikanische Künstler mit Nachholbedarf
Besonders starken Nachholbedarf haben schwarzamerikanische Künstler. Nicht überraschend fand Auktionsfavoritin Nijdeka Akunyili Crosbys „Tea Time in New Haven” (2013) bei Victoria Miro sofort einen Interessenten. Aber auch noch wenig Bekanntes wie die großen Collagen der 28-jährigen Tschabalala Self sind begehrt (60.000 Dollar bei Thierry Goldberg).
Philip Martin zeigt Aufnahmen des Harlemer Fotojournalisten Kwami Brathwaite (80), der im Jahr 1962 anlässlich eines Schönheitswettbewerbes den berühmten Slogan „Black is Beautiful” prägte. Ein neuer Abzug seines ikonischen schwarz-weißen Plakats (5er-Auflage, 2 Künstlerabzüge) kostet 35.000 Dollar.
Künstlerinnen wiederum spielen sich nicht nur bei der jungen Galerie Kayne Griffin Corcoran (Los Angeles) nach vorn. Die erstaunlich frisch wirkende Stahl- und Emailskulptur „Black and White, Venice” (1968) der heute 90-jährigen Beverly Pepper wurde hier zu 350.000 Dollar verkauft.

in der Koje der Galerie Sfeir-Semler aus Beirut und Hamburg.
Dem einen oder anderen Galeristen ist dagegen die „Entschleunigung” der Messegänger wichtig. Beim New Yorker Sean Kelly etwa kann man, bequem in einem Schalensessel zurückgelehnt, via Kopfhörer etwa anderthalb Minuten lang Künstlern bei der Erläuterung ihres Werks lauschen. Für die große Fotografie „Still, Beneath a Pillow” (2018) von Idris Khan war das offenbar auch ein unwiderstehliches Verkaufsargument.
Zu den Pflichtstopps gehört eine der wenigen Themen-Kojen, die „Lightness of Being” betitelte Ausstellung bei der Pace Gallery. Hier begeistern acht einflussreiche Künstler der südkalifornischen „Light and Space”- und „Finish Fetish”-Bewegungen der späten 1960er- und frühen 1970er-Jahre, darunter Robert Irwin, Doug Wheeler und James Turrell. Ihre Arbeiten aus Neonröhren und makellos präparierten schimmernden Kunststoffoberflachen wirken immer noch sehr zeitgemäß.
Dagegen stellt das internationale Powerhouse Levy Gorvy in „Radiant New” radikale Kunst aus den New Yorker 1980er-Jahren in den Vordergrund, wie den gut auf der Messe vertretenen Keith Haring. Einige Werke unter einer Million Dollar wurden am ersten Tag verkauft. „Besonders schön ist das neue Interesse an amerikanischer Kunst der 1980er, vor allem am Werk Keith Harings, das im heutigen soziopolitischen Kontext wieder kraftvoll und relevant ist”, so Galeriegründerin Dominique Levy.
Warhols Assistent
Fergus McCaffrey zeigt auch zum ersten Mal Fotografien dieser Zeit. Die intimen, manchmal anrührenden Porträts stammen von Ari Marcopoulos, der in den 1980-Jahren als Warhols Assistent begann und dann auch für Irving Penn arbeitete. Ein Highlight ist hier sein Großformat „101 Crosby” (1983/2018), das Jean-Michel Basquiat ganz nah zeigt (42.000 Dollar, 3er-Auflage).
Preis-Highlights liefert die Klassische Moderne. Wie immer in prominenter Lage, direkt am Eingang, hat sich Helly Nahmad eingemietet. Gerahmt von späten Picassos mit aggressiver Macho-Attitude hängt hier das wohl teuerste Werk der Messe: Mark Rothkos sonniges Bild „Yellow, Orange Yellow, Light Orange” von 1955 mit prominentem Vorbesitz Bunny Mellon. 50 Millionen Dollar werden erwartet.
Die subtilen Stillleben Giorgio Morandis überraschen auf mehreren Ständen in unerwartetem Kontext, und auch Sammler von Werken des Surrealismus finden ein reiches Angebot bei Emmanuel di Donna oder Francis M. Naumann. Fast 5 Millionen Dollar erwarten aber die New Yorker Hammer Galleries für René Magrittes „Le discours de la methode” von 1965/66.
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