Ausstellung zum 90. Geburtstag Heinz Mack in Düsseldorf: „Für mich ist Bewegung die eigentliche Form des Bildes“

Die Ausstellung konzentriert sich besonders auf das Frühwerk, weil sich gerade in dieser Phase die immense Vielfalt seines Werks und seiner Interessen zeigt.
Düsseldorf Ein Mann stapft in einem silbernen Anzug unter gleißender Sonne über eine Sanddüne. Er schwingt eine an einem Stab befestigte Silberfolie wie eine Fahne, der Wind bläht sie zum flatternden Segel, das in magischen Lichtreflexen schimmert. Aus der Entfernung formt sich dieser rätselhafte Kunst-Astronaut mit dem langen, knisternden Silberstreif in der archaischen Landschaft der Wüste Tunesiens zu einem grandiosen Bild.
Mehr als 50 Jahre ist es her, dass 1968 diese futuristisch anmutende Szene in dem Dokumentarfilm „Tele-Mack“ festgehalten wurde. Die spektakuläre Aktion war eine Folge von Macks so genanntem „Sahara-Projekt“, das er bereits 1959 erstmals formuliert hatte und ab den frühen 1960er-Jahren in den Wüsten Afrikas realisierte mit Sandreliefs, Spiegeln, Flügelreliefs und monumentalen, bis zu 13 Meter hohen Lichtstelen – früheste Beispiele von Land Art, noch bevor diese „erfunden“ wurde.
Der Film „Tele-Mack“ ist nun im Rahmen der Geburtstagsausstellung im Düsseldorfer Kunstpalast zur Gänze zu sehen und unbedingt zu empfehlen, denn er bietet einen Schlüssel zu Macks Werk. Bereits in diesem frühen Film breitet Mack seinen ganzen künstlerischen Kosmos aus.
Heinz Mack führte selbst Regie gemeinsam mit dem WDR-Aufnahmeleiter Hans Emmerling und war auch sein eigener Performer. Zu Beginn des 45-minütigen Streifens sitzt Mack in einem weißen Jaguar-Cabriolet und braust durch eine moderne Stadtlandschaft, aus dem Off spricht eine markige Stimme: „Manchmal denke ich, dass ein Auto das beste kinetische Objekt ist,“ und „für mich ist die Bewegung die eigentliche Form des Bildes.“
Der Film bietet nicht nur einen auch formal interessanten Einblick in Macks Denken, er transportiert auch die künstlerische Aufbruchsstimmung jener Zeit, ihren Optimismus und ihre Freude am Experiment jenseits tradierter Materialien und Kunst-Orte.

Die ersten Entwürfe für das „Sahara-Projekt“ entstehen bereits 1959. Den Film dreht er 1968 gemeinsam mit dem WDR-Aufnahmeleiter Hans Emmerling.
Heinz Mack wird 1931 geboren, bereits als Kind fotografiert er im hessischen Lollar ab Mitte der 1940er-Jahre mit der Leica seines Onkels Naturbilder mit einem auffallenden Interesse an ordnenden Strukturen. Dem Studium an der Kunstakademie Düsseldorf schließt er ein Studium der Philosophie in Köln an und gründet gemeinsam mit Otto Piene 1958 in Düsseldorf die Gruppe Zero, zu der 1961 auch Günther Uecker stößt.
Nach dem Zweiten Weltkrieg sucht die Gruppe nach einem radikalen Neuanfang, einer „Stunde Null“ in der Kunst. Für Mack liegt der Neuanfang in der Wahl seiner Materialien, aber auch im Interesse an der Bewegung der Objekte im Raum. Das formuliert er bereits im Gründungsjahr von Zero in seinem Text „Die neue dynamische Struktur“ formuliert und mit der Vibration des Bildes einen Fixpunkt seines künftigen Schaffens definiert.
Klavierspiel seit der Kindheit
Internationale Anerkennung lässt nicht lange auf sich warten: Mack ist Teilnehmer der documenta II (1959) und III (1964), Professuren in Japan, zahlreiche wichtige Preise und die kontinuierliche Präsenz im internationalen Kunstmarkt untermauern seine Bedeutung und seinen Einfluss von der Nachkriegsavantgarde bis heute.
Die Düsseldorfer Schau fokussiert besonders die Anfänge seines Schaffens, weil gerade diese Phase die immense Vielfältigkeit seines Werks und seiner Interessen beleuchtet. „Es ist erstaunlich, mit welcher Power und Breite Heinz Mack schon als junger Künstler gearbeitet hat“, betont Kunstpalast-Chef Felix Krämer. Und zeigt sich besonders beeindruckt von dessen Sensibilität für die unterschiedlichsten Materialien.
Die Schau ist chronologisch geordnet in acht Kapitel und einen Epilog, und gerade im Falle Macks sorgt diese klassische Ausstellungs-Dramaturgie für eine verblüffende Folgerichtigkeit und Komplexität. Am Beginn stehen die streng komponierten Schwarzweißfotografien des Jugendlichen und erste streng reduzierte Objekte, gefolgt von Arbeiten, die Macks hohe Affinität zur Musik – seit der Kindheit spielt er Klavier – und zu dynamischen Strukturen belegen.
Imposant sind auch seine teils monumentalen Architektur-Arbeiten und Bühnenbilder für Ballett, Opern und Sprechtheaterinszenierungen. Auch die Früchte eines zweijährigen New-York-Aufenthalts von 1964 bis 1966 sind zu sehen, die sich mit urbaner Beleuchtung und neuen Trägermaterialien wie Aluminium und Metallgittern in Wabenstruktur auseinandersetzen.
Künstliche Gärten in der Wüste
Großen Raum nehmen ganz buchstäblich die Themen „Sahara-Projekt“, „Wüste“ und „Arktis“ ein, letzteres stellt einen weiteren Versuch Macks dar, „neue Räume der Kunst jenseits von Institutionen zu suchen.“ Das Repertoire seiner skulpturalen Objekte in der Natur erweitert er in der Arktis um Licht-Pyramiden und -Blumen, schwimmende Plexiglaskörper und ein Feuerfloß.
Zentral bleibt für Mack weiterhin bei seinen skulpturalen Formexperimenten das reine Licht als immaterieller Werkstoff. Das kommt besonders konzentriert in seinen „Jardins artificiels“ zum Ausdruck. Dabei versucht er in der Wüste einen Garten aus reinem Licht zu schaffen.

Die silbernen Stelen sehen aus wie federleichte Flügel.
Exemplarisch vereint finden sich die Elemente Licht und Bewegung in der mehrteiligen Arbeit „Rondo“. Wie ein Mobile bringt sie rotierende und statische Teile mit irisierenden Silberstrukturen miteinander in ständig sich verändernde Beziehungen. Ein Objekt von faszinierender Leichtigkeit und Eleganz, entstanden bereits 1963 für eine Ausstellung in der Mailänder Galerie Cadario. Und von Mack selbst im Katalog als „sehr wichtige Arbeit“ bezeichnet.
Im „Epilog“ schließlich ist eine großformatige Arbeit aus der seit 1991 verfolgten Gemäldeserie „Chromatische Konstellationen“ zu sehen, die in den letzten Jahrzehnten mit ihrem hohen Wiedererkennungswert fast schon synonym für sein Schaffen steht und mit ihrer leuchtenden Farbigkeit auf unkomplizierte, aber auch gefällige Weise anspricht.
Am Ende des Ausstellungsparcours sieht man aber mit den durch das Frühwerk geschärften Augen auch dieses Spätwerk anders, genauer. Und das ist wohl der größte Verdienst dieser konzisen, luftig arrangierten Ausstellung.
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