Wie ein Katalysator in der Debatte um Trump – und seinen eigenwilligen Aufstieg zum mächtigsten Mann der Welt – hat auf jeden Fall ein Buch gewirkt: „Fire and Fury“ von Michael Wolff. Über eine Million Mal hat sich das erste große Enthüllungsbuch über die Trump-Präsidentschaft bislang verkauft. Das dürfte vor allem an den geballten „Nicht zu fassen!“-Momenten liegen, die der amerikanische Journalist Michael Wolff aus Gesprächen mit 200 Mitarbeitern, (Ex-)Kollegen oder Bekannten Trumps extrahiert hat.
Das Publikum lässt das Buch beunruhigt zurück. Denn wie stabil kann ein Präsident sein, der sich als erste Amtshandlung drei Fernseher an seine Schlafzimmerwände dübeln lässt? Der Abend für Abend stundenlang mit „seinen Milliardärsclub-Freunden“ telefoniert? Der am liebsten abgepacktes Fast Food isst, weil er Angst hat, vergiftet zu werden? Und der den General John Kelly per Twitter über seine Beförderung zum Stabschef informiert?
Brisante Details aus dem Trump-Enthüllungsbuch
Neben dem ganzen Szenengetöse ist die Stärke von Wolffs Buch das katastrophale Gesamtresultat, das der US-Journalist aus seinen vielen Gesprächen ableitet. Wolff beschreibt einen schwachen, desinteressierten Präsidenten, der für erschreckend wenig steht außer sich selbst.
Trump habe, so Wolff, aus dem Weißen Haus ein Sammelbecken für Emporkömmlinge, Schmeichler und Egomanen gemacht, die miteinander konkurrierten – und Intrigen mit gezielten Leaks vorantreiben. „Jeder beschuldigt hier jeden, ein Plauderer zu sein“, schreibt Wolff im Buch.
Das Oval Office sei folglich nur noch ein täglicher „Trump clusterfuck“, eine Ansammlung größtmöglicher Probleme des Präsidenten. Auch wenn Wolff in Teilen schlampige Recherche vorgeworfen wird: Näher als er kam bislang kein Journalist an Trumps inneren Zirkel. Den Leser nimmt er mit. Auch, wenn es schmerzt.
„Let Trump Be Trump“: Aufstieg eines Polit-Novizen
Auch Corey Lewandowskis und David Bossies Wahlkampfschmöker „Let Trump Be Trump“ zeichnet zunächst ein ähnliches Bild wie Wolff von Trump: Der US-Präsident, ein Fast-Food-süchtiger Polit-Neuling, der mit allen Konventionen bricht und seine Mitarbeiter in Angst und Schrecken versetzt.
Michael Wolff
Fire and Fury. Henry Holt 2018, 336 Seiten, 23,99 Euro.
(Foto: Verlag Henry Holt)
Das Autorenduo Lewandowski/Bossie zieht aus dieser gemeinsamen Basis jedoch gänzlich andere Schlüsse als Wolff: Für sie ist Trump der ultimative Macher, der frei von politischer Korrektheit für die einfachen Leute kämpft. Sein überzogener Auftritt und die Sprache seien notwendig, um die einmalige Verbindung zwischen Kandidat und Wählern (wieder) herzustellen.
Mängel sehen sie bei Trump kaum, dafür umso mehr bei den Medien oder unfähigen Mitarbeitern, die nicht alles für Trump täten. Was man wissen muss: Lewandowski und Bossie sind Trump-Loyalisten. Beide arbeiteten für sein Wahlkampfteam. Ihr Bericht über Trumps Weg ins Weiße Haus hat daher viele Schwächen: riesige inhaltliche Lücken, Attacken auf Ex-Kollegen, kein Millimeter kritische Distanz.
Und doch ist das Buch mehr als einen Blick wert, weil es einen in die Gedankenwelt jener rund 35 Prozent der US-Bevölkerung mitnimmt, die dem Präsidenten noch jeden Skandal verzeihen. Wer das Phänomen Trump verstehen will, sollte auf diese Sicht nicht verzichten.
Corey Lewandowski und David Bossie
Let Trump Be Trump. Center Street 2017, 296 Seiten, ca. 18 Euro.
(Foto: Center Street)
„Politische Termiten“ nennt der Pulitzerpreisträger David Cay Johnston in seinem gerade erschienen Buch „Trump im Amt“ den US-Präsidenten und seine Mannschaft, weil sie seit der Amtsübernahme vor einem Jahr an nichts Geringerem arbeiteten, als staatliche Institutionen und Normen auszuhöhlen. Das Absurde laut Johnston: Das Ganze geschehe auf Kosten jener Menschen, die den Präsidenten überhaupt erst ins Amt gewählt hätten.
Neu ist die These von Trumps Klientelpolitik für die reiche US-Spitze zwar nicht. Doch der Autor liefert viel fundierten Stoff, um sie zu belegen. Er hat sich durch Gesetzesentwürfe, Verordnungen und Regierungsberichte gewühlt und das Wissen überparteilicher Experten angezapft. Tratsch à la Wolff liegt dem Investigativjournalisten Johnston fern.
Er argumentiert lieber faktenreich und detailliert, aber nicht leise. Der Präsident sei, so Johnston, „ein Trickbetrüger und bösartiger Narzisst mit der emotionalen Reife eines Dreizehnjährigen“. Er geht auch auf die vielen psychischen Gutachten ein, die Trump mentale Schwäche unterstellen – allerdings ohne ihre Umstrittenheit einzuordnen.
Eine der wenigen Schwächen des Buchs, das ansonsten ein intelligentes und nachdenklich stimmendes Werk eines leidenschaftlichen Trump-Kritikers ist. Im englischen Original kommt diese Haltung schon im Titel rüber: „It’s Even Worse Than You Think“ – es ist viel schlimmer als gedacht.
David Cay Johnston
Trump im Amt. Ecowin 2018, 464 Seiten, 25 Euro.
(Foto: Ecowin Verlag)
„Art of the Deal“: Lippenstift auf ein Schwein
Ein Klassiker unter den Trump Büchern ist „Art of the Deal“, dass der heutige Präsident bereits 1987 – damals noch als Immobilienmogul – zusammen mit dem Journalisten Tony Schwartz veröffentlichte.
Das Buch muss man gelesen haben. Nicht etwa, um „die Kunst des Geschäftemachens“ zu lernen. Dafür stehen auf den knapp 400 Seiten zu viele Allgemeinplätze wie „hänge nicht dein Herz zu sehr an einen Deal“ oder „kenne deinen Markt“.
Das Buch verrät vielmehr über Trump selbst. Ausführlich erzählt es von seinem Werdegang, wie Trump aus dem „ruppigen“ Queens wegkommt, um es im glamourösen Manhattan zu schaffen, wie er die Medien für seine Immobilienprojekte einspannt.
Donald Trump und Tony Schwartz
The Art of the Deal. Ballantine Books 2017 (Taschenbuch-Neuauflage), 384 Seiten, 5,99 Euro.
(Foto: Random House)
Interessant ist Vieles in der Rückschau, etwa seine frühen Kontakte mit dem Kreml (er sollte schon damals für die Sowjetunion ein Luxushotel bauen). Das Buch machte Trump in ganz Amerika bekannt, stand 13 Wochen lang auf Platz eins der Bestseller-Liste.
Es gibt viel zu kritisieren, wie etwa das viele Namedropping von Berühmtheiten – vom Modedesigner Calvin Klein bis zum Alt-Präsidenten Jimmy Carter. Aber das Buch ist gut zu lesen, was nicht der Verdienst von Trump, sondern der seines Ghostwriters Tony Schwartz ist.
Der verbrachte Hunderte Stunden mit Trump, begleitete ihn auf Geschäftsreisen und sprach mit seiner Familie. Heute bereut Schwartz angesichts des politischen Erfolg Trumps seine Mitarbeit. Dem „New Yorker“ sagte er kürzlich: „Ich habe Lippenstift auf ein Schwein gemalt.“
Bestseller: Die meistverkauften Bücher 2017
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