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Eurovision Song ContestEin bisschen Skandal, ein bisschen Sensation

Russland wird ausgebuht. Die Konzerthalle in Kopenhagen ist um Millionen teurer als gedacht. Und Ralph Siegel zieht mit San Marino ins Finale ein: Merkwürdiges und Überraschendes von Europas größtem Musikwettbewerb.afp , dpa und Désirée Linde 07.05.2014 - 15:06 Uhr aktualisiert Artikel anhören

Zwar fürs Finale qualifiziert, aber ausgebuht: Die Tolmatschowa-Schwestern für Russland.

Foto: dpa

Kopenhagen. Mit dem bisschen Frieden ist es in Kopenhagen vorbei: Die Ukraine-Krise hält Einzug bei Europas größtem Musik-Wettstreit. Offenbar hat Nikolaj Koppel geahnt, dass jetzt etwas Unerfreuliches passiert. Der sonst so lockere Moderator beißt sich auf die Lippen und holt kurz Luft, bevor er Russlands Finaleinzug beim Eurovision Song Contest (ESC) verkündet. „Next Country is Russia - La Russie.“ Jubel, Trubel, Heiterkeit im Publikum. Die blonden Zwillinge Anastasia and Maria Tolmatschewy hopsen vor Freude. Dann die Wende.

Buhrufe und Pfiffe dominieren sehr lang wirkende zehn Sekunden die Stimmung im Saal und vor Millionen TV-Bildschirmen in Europa. Co-Moderator Pilou Asbæk versucht erst, die Proteste wegzulächeln. Dann sagt er sanft, aber energisch: „Wir gehen dann zum vierten Land über.“ Der Vorfall vom Dienstagabend zeigt, dass die Weltpolitik nicht vor dem Fest der Freude haltmacht.

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Und nach der politischen Situation in ihrem Heimatland gefragt sagte die Ukrainerin Maria Yaremchuk („Tick-Tock“) nach der Show: „Alles was ich hier mache, mache ich für die Menschen in der Ukraine. Ich stehe nicht allein auf der Bühne. Hinter mir auf der Bühne stehen 46 Millionen Ukrainer.“ Ihre Hauptbotschaft sei aber: „Es gibt so viele Dinge, die wichtiger sind als Politik.“ Eurovision sei der beste Weg, Menschen zu vereinen - „durch die Musik“.

Einen kleinen Finanzskandal beschert der ESC seinem Gastgeber Kopenhagen. Denn der Umbau der B&W-Hallen für die Schlagershow wird voraussichtlich deutlich teurer als geplant und koste jetzt schon mindestens 22,8 Millionen dänische Kronen (rund drei Millionen Euro) mehr als zunächst veranschlagt, berichtete die Kulturredaktion von Danmarks Radio (DR). Der öffentlich-rechtliche Sender DR richtet den ESC 2014 aus. Für die Finanzierung des Hallenumbaus ist jedoch eine Projektgesellschaft zuständig, die unter anderem von der Stadt unterhalten wird.

Die zusätzlichen Ausgaben seien für die Errichtung des Dachs, erhöhte Sicherheitsvorkehrungen und Arbeiten an Strom, Sanitär-Anlagen und Lüftung angefallen. Um das Loch zu füllen, sei Danmarks Radio kurzfristig eingesprungen, berichtete die DR-Kulturredaktion weiter.

Der DR-Finanzvorstand machte dem Sender gegenüber aber keine Angaben zur Höhe des Fehlbetrags. Die angeblich in einem „vertraulichen Papier“ der Hauptstadtregion genannte Summe von 22,8 Millionen dänische Kronen zitierten die DR-Journalisten aus einem Bericht der Zeitung „Metroxpress“. Die Projektgesellschaft Host City Copenhagen war für eine Stellungnahme am Dienstag zunächst nicht zu erreichen.

Sang San Marion mit Siegels Melodie erstmalig ins Finale: Valentina Monetta.

Foto: dpa
Kleine Regelkunde zum ESC
Startplatz im Finale
Länge des Wettbewerbssongs
Stimmberechtigung
Wann können Zuschauer anrufen?
Zuschauerwertung und Jury-Wertung
Vortrag der Länderwertungen
Der Sieger des Wettbewerbs

Zum ESC, der eigentlich zur Völkerverständigung beitragen soll, mag auch die Debatte um den österreichischen Interpreten Conchita Wurst nicht passen. An ihm entzündete sich die in weiten Teilen Europas verbreitete Schwulenfeindlichkeit.

Dass der russische Politiker Vitalo Milonow in der britischen Zeitung „Guardian“ den Auftritt des Travestie-Sängers als „himmelschreiende Propaganda von Homosexualität und spirituellem Niedergang“, bezeichnete, mag an dem Österreicher abperlen.

Dass der diesjährige ESC-Favorit Aram Sargsyan mit den Worten zitiert wurde, er werde es „irgendwie ertragen“ müssen, neben diesem Künstler aufzutreten – und man könne Wurst hoffentlich helfen, „sich zu entscheiden, ob sie eine Frau oder ein Mann ist“ – dürfte da schon mehr Porzellan zerschlagen haben. Sargsyan hat sich bei Wurst entschuldigt und beteuert, man habe ihn schlicht falsch übersetzt.

Kopenhagen, Austragungsort des diesjährigen European Song Contests.

Foto: dpa

Für ein bisschen Sensation sorgte der deutsche Komponist Ralph Siegel beim Halbfinale. Zweimal war er in Folge gescheitet in seinem Kampf, sich einen Platz im Finale herbei zu komponieren. Jetzt ist es ihm gelungen: mit dem Song „Maybe“ und dem Zwergenstaat San Marino, der vorher noch nie um den Titel mitsang. Doch so ganz ohne Reminiszenz an seinen größten Erfolg, als Nicole für Deutschland mit „Ein bisschen Frieden“ gewann, kommt er auch heute, 32 Jahre später, nicht aus.

Das Bühnenbild erinnerte an 1982 in Harrogate: Der Komponist am Flügel im Hintergrund, die Sängerin Valentina Monetta im Mittelpunkt. „Mister Eurovision“ ist auf der großen ESC-Bühne zurück – für diesen Erfolg hat Siegel in den vergangenen Jahren gearbeitet und gelebt. „Musik ist mein Leben", begründete er, weshalb er trotz manches Spotts und mancher Häme immer noch neue Anläufe in Europas größtem Musikwettbewerb unternimmt.

Das aus seinem Titel „Maybe" der erste ESC-Finaleinzug San Marinos würde, war auch angesichts des starken Starterfelds mit den Favoriten aus Armenien, Schweden und der Ukraine nicht zu erwarten. Doch Siegel machte sich selbst zum Glücksbringer - zum ersten Mal seit Nicoles Erfolg ging der Komponist beim Auftritt wieder selbst mit auf die Bühne.

Die Tage bis zum Finale am Samstag dürfte er nun voller Genugtuung in Kopenhagen verbringen. Vor dem ESC hatte der vor wenigen Jahren erst langsam von einer Krebserkrankung genesene Siegel in den „Stuttgarter Nachrichten" noch seine großen Träume ausgebreitet. „Ich träume davon, noch ein oder zwei gute Musicals von mir auf die Bühne zu bringen und beim ESC noch mal weit vorn zu landen" – der Traum einer guten ESC-Platzierung ist nun schon mal näher gerückt.

Siegel hatte in dem Blatt auch keinen Hehl daraus gemacht, wie sehr ihn die Zurücksetzung in Deutschland in den vergangenen Jahren verletzt hat. „Nach all den Erfolgen, die ich für Deutschland eingefahren habe, ist das schon mehr als unverständlich“, sagte er etwa dazu, seit Jahren nicht mal mehr zum deutschen Vorentscheid zugelassen zu werden.

Bei dem am 30. September 1945 in München geborenen und in Grünwald lebenden Siegel liegen die erfolgreichsten Jahre allerdings inzwischen auch schon einige Zeit zurück. 1982 war das schicksalhafte Jahr für den bereits zuvor erfolgreichen Komponisten: Deutschlands Sieg mit „Ein bisschen Frieden" war sein Triumph.

Doch weil er in den Jahren danach wie ein Getriebener mit immer neuen Künstlern und wenig Glück die Sieg-Wiederholung erzwingen wollte, verlor Siegel viel an Zuneigung seiner Landsleute. Bei seinem bislang letzten Versuch, 2005 den deutschen Vorentscheid zu gewinnen, veröffentlichte er wegen der Abneigung gegen seine Person sein Wettbewerbslied sogar unter einem Pseudonym. Der damals obendrein von privaten Turbulenzen geplagte Siegel war zum Synonym für den Niedergang der deutschen Beiträge beim ESC geworden.

Dass Siegel aber in der internationalen ESC-Gemeinde wegen seiner jetzt 18 Finalstarts und weiteren Top-Platzierungen wie drei zweiten Plätzen und zwei dritten Plätzen bis heute einen hervorragenden Ruf genießt, geriet über diese schlechte Phase fast in Vergessenheit.

Vor Kopenhagen sagte Siegel, es sei sein „größter Traum" auch noch einmal für sein Heimatland einen Beitrag zu schreiben. Bis es soweit kommen sollte, müsste sich die Stimmung in Deutschland noch kräftig drehen. Im kleinen San Marino allerdings hat Siegel mit dem ersten Finaleinzug des Zwergenstaats nun Geschichte geschrieben.

Weniger überraschend konnten Aram MP3 aus Armenien („Not Alone“) und die Schwedin Sanna Nielsen („Undo“), die als Favoriten gehandelt werden, genug Stimmen von Zuschauern und Jurys auf sich vereinen.

Außerdem gelang den Kandidaten aus Montenegro, Aserbaidschan, Ungarn, Island und den Niederlanden der Sprung ins Finale. Zehn weitere stehen nach dem zweiten Halbfinale am Donnerstag fest. Hinzu kommen bei der Show am Samstag die Künstler aus den „Big Five“ Italien, Deutschland, Frankreich, Spanien und Großbritannien sowie Sänger Basim („Cliche Love Song“) aus dem Gastgeberland Dänemark.

Schon zu Ende ist der ESC-Ausflug für einen Deutschen im Wettbewerb. Der für Lettland angetretene Bochumer Jöran Steinhauer verpasste mit seiner Band Aarzemnieki den Einzug ins Showfinale - genau wie die Kandidaten aus Portugal, Belgien, Moldawien, Estland und Albanien.

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Prominente Unterstützung gibt es am Donnerstag besonders für Gastgeber Dänemark. Kronprinzessin Mary (42) wird bei der Generalprobe zum zweiten ESC-Halbfinale in Kopenhagen zusehen.

Die als Familienshows angelegten Proben vor den beiden Halbfinals und dem großen Finale des Eurovision Song Contest besuchen nach Angaben von Danmarks Radio viele Eltern mit ihren Kindern. Dänemarks Königin Margrethe (74) und der Rest der Königsfamilie fiebern dagegen höchstens vor dem Fernseher beim ESC mit: Zu den Shows kommen sie nicht.

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