Kunst- und Antiquitätenmesse: Außerordentliches für mutige Sammler

Brüssel. Hauptwerk am Stand von Serge Schoffel, einem Händler für traditionelle Kunst aus Afrika und Ozeanien, ist eine Maske aus Holz, die bunte Vogelfedern imitiert. Das filigran geschnitzte Ritualobjekt aus Neu-Irland mit den typischen Glasaugen stammt aus der Sammlung Minkoff in Genf. Für diese „Tatanua“-Maske erwartet der Händler auf der Messe „Brafa“ 60.000 Euro.
Wer attraktive Objekte außereuropäischer Kulturen sucht und mit kleinerem Budget auskommen muss, wird fündig bei skulptural geschnitzten Pfeifen aus Afrika. Sie sind bei Schoffel Art Premier aus Brüssel schon für Preise zwischen 2000 und 45.000 Euro zu haben.
Diess lässige Nebeneinander verschiedener Preislevel und Sammelgebiete ist das Markenzeichen der Brafa. Die Brüsseler Kunst- und Antiquitätenmesse feiert ihre 70. Ausgabe mit textilen, schillernd bestickten Hängeskulpturen der angesagten Portugiesin Joana Vasoncelos. 130 Galeristinnen und Händler aus 16 Ländern bespielen die großzügigen Stände in den Hallen 3 und 4 der Expo Brüssel. Die beliebte Messe läuft noch bis 2. Februar.
Entstanden ist ein Parcours, der Malerei vom Mittelalter bis heute, alte und neue Skulptur, Silber und Porzellan neben textile Kunst, Asiatika und sogenannte Stammeskunst stellt. Und Comics fehlen natürlich auch nicht. Hoch- und Populärkultur verbinden sich über die Kriterien Qualität und Rarität.
Der Antikenhändler Desmet aus Brüssel trumpft auf mit einem mächtigen Gipsrelief vom Berliner Pergamonfries, das schon verkauft sein soll. Davor sind drei unterlebensgroße antike Bildnis-Skulpturen platziert. Herkules‘ wilder Kopf soll 65.000 Euro kosten, Zeus‘ nobles Antlitz 75.000 Euro.

Das viele Exponate verbindende Leitmotiv könnte die Lebenslust sein. Floris van Wanroij aus den Niederlanden präsentiert einen kleinen römischen Satyrkopf. Dessen beschwipstes Lächeln strahlt in gelbem Marmor. Pralles Leben auf nur elf Zentimetern Höhe für 18.500 Euro. Zwei Zylinder-Gefäße aus hauchdünnem Eierschalenporzellan hat der Kunstconsult aus Zaandam dabei. Die Dänin Bodil Manz verneigt sich mit den zarten Bechern vor den Konstruktivisten, wenn sie klare Farbstreifen minimalistisch setzt. Für 6.800 Euro wechseln die in den 1990er-Jahren entstandenen Hingucker den Besitzer. Auch hier gilt: Für großartige Kunst muss man nicht reich sein.
Einen zeitgenössisch wirkenden „Ikat“-Wandteppich aus Usbekistan hält die Teppich-Galerie Vrouyr aus Antwerpen für 6.200 Euro bereit. Die New Hope Gallery aus Brüssel führt die Coolness und Eleganz geschwungener Holzsessel aus den 1950er-Jahren vor.
Wesentlich üppiger geht es bei Robert Goossens‘ Lüstern zu, mit denen sich Maison Rapin aus Paris profiliert. Der einstige Schmuckdesigner von Chanel und Saint Laurent arbeitet in seine runden, vergoldeten Metalllüster aus Blättern oder Korallengeflecht roh wirkende, unbearbeitete Kristallbrocken ein. Ästhetik und Materialität verlangen viel Raum, Bilder an den umliegenden Wänden könnten es da schwer haben. Die unikaten Leuchter werden für 90.000 und 199.000 Euro verkauft.
In Belgien lebt man noch mit Alten Meistern
In Belgien lebt man noch mit Alten Meistern. Das spiegelt sich auch im Angebot der Brafa wider. De Jonckheere aus Genf präsentiert eine Geige spielende Personifikation vom Tod bei einem noblen Herrn. Alle Lebenslust ist endlich, das war im calvinistischen Norden stets präsent. Das Kleinformat von Frans Francken d.J. soll 75.000 Euro kosten.
Der Liebe und dem Leben in seinen verführerischen Momenten widmen sich dagegen zwei Gemälde von Luca Giordano. Sie glänzen, als wären sie aus Edelstein. Sind sie aber nicht. Der Künstler hat sie als Hinterglasbilder zu antiken Liebesgeschichten gemalt. Cesare Lampronti aus London verkauft das Paar für 320.000 Euro. Nach 25 Jahren auf der größeren, nobleren „Tefaf“ in Maastricht, hat Lampronti dieser den Rücken gekehrt und zählt zu den 16 Neuausstellern der Brafa.
Es gibt eine schöne Auswahl an Malerei der Spätgotik und des Barock. Oft Kleinformate, die sich heute noch integrieren lassen in Wohnräume. Bei manchem Altmeistergemälde aber scheint die Reinigung heftig ausgefallen zu sein, ihre Oberflächen wirken wie neu, was bei 400 Jahre alten Bildern irritiert.

Ein Hingucker sind die Siebdrucke von Jean-Michel Basquiat bei de Zutter. Seine krakeligen Männergestalten von 1982 wirken wie von Kinderhand gezeichnet. Für einen von den Erben autorisierten Reprint von 2023 sind je 78.000 Euro zu veranschlagen. Viel Geld bei einer Re-Edition in 85er-Auflage. Für diese Summe gibt es viele außerordentliche Unikate zu kaufen, die schon 300, 400 oder 500 Jahre überdauert haben. Das zeigt, wie sehr sich der Geschmack inzwischen verengt und die Preise für wenige Zeitgenossenstars nach oben getrieben hat.


Eines der auffälligsten Kunstwerke der Messe steuert die Galerie Marc Maison aus Saint-Ouen-sur-Seine bei. Ein prunkvolles Himmelbett, das die Entzifferung der ägyptischen Hieroglyphen im Dekor feiert. Kunstschreiner Louis Malard hatte 1889 dafür die Goldmedaille auf der Weltausstellung gewonnen. Für das Bett, dazugehörende Stühle sowie eine Bank erwartet der französische Händler 660.000 Euro. Auf der Bettkante warfen sich junge Besucherinnen reihenweise in kesse Posen für Insta-taugliche Selfies. Auch so kann man eine Messe und ihr Angebot bekannt machen.
70. Brafa bis 2. Februar 2025
Halle 3 & 4
Expo Brussels am Atomium
Place de Belgique 1





