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The European Fine Art FoundationBehäbiger Tanker in Zeiten der Erneuerung: Die „Tefaf“-Messe in Maastricht

Die „Tefaf“ in Maastricht setzt weiter auf Reform. Denn die Traditionsmesse altert mit ihren Sammlern und Händlern. Ein Rundgang zu den EntdeckungenStefan Kobel 07.03.2024 - 12:11 Uhr
Hans Schäufelin: Das Selbstbildnis aus der Dürerzeit ist die am häufigsten publizierte seiner Zeichnungen. Foto: Emanuel von Baeyer

Maastricht. Die Tefaf ruft und ein strahlend blauer Himmel über Maastricht, statt wie so oft stürmisches Regenwetter oder gar Schneegestöber. Eigentlich beste Voraussetzungen, wären da nicht ein Bahn- und ein Flughafenstreik in Deutschland, die bei der Organisation und der Händlerschaft für Nervosität sorgten.

Das entscheidende Publikum der Kunst- und Antiquitätenmesse reist jedoch traditionell nur zum kleineren Teil mit öffentlichen Verkehrsmitteln an. Und es muss sich beeilen. Denn die Laufzeit der Traditionsmesse wurde von elf auf acht Tage verkürzt (bis 14.3.).

„Letztes Jahr haben wir wie immer unsere Aussteller befragt,“ erklärt Will Korner, der 32-jährige Direktor. Seit Januar 2022 verantwortet er die Tefaf-Messen in den Niederlanden und USA. „Nach den Verschiebungen, die Covid mit sich gebracht hat, haben drei Viertel von ihnen geäußert, dass sie eine kürzere Laufzeit wünschen.“

Die Personalie und die veränderte Laufzeit sind nur ein Zeichen der Reformbemühungen des als behäbig geltenden Tankers Tefaf. Das Marktsegment altert mit seinen Sammlern und Händlern, was sich auch im Teilnehmerfeld bemerkbar macht. Das schmerzt bisweilen.

Zum Abschied von der Tefaf nach über 30 Jahren und dem Messegeschäft insgesamt trennt sich der Starnberger Florian Eitle-Böhler von einer Marmor-Madonna, die sein Ur-Urgroßvater Julius Böhler im Jahr 1904 ersteigert hatte. Jetzt soll sie „einen hohen einstelligen Millionenbetrag“ kosten.

„Maria Magdalena betrauert Christus am Kreuz“: Ein Aufruf zur Einkehr auf italienisch, mit Koralle und Zierrat. Foto: Deborah Elvira

Neue Forschungen durch Max Seidel, den ehemaligen Direktor des deutschen Kunsthistorischen Instituts in Florenz schreiben die rund 60 Zentimeter hohe Maria mit Kind Giovanni Pisano zu, mit einer Restaurierung durch den Renaissance-Künstler Benedetto da Maiano.

Allein dieser Umstand ist schon eine kleine Sensation. Dass ein derart bedeutendes Werk des Mittelalters mit „Böhler-Madonna“ nun den Namen der Händlerfamilie trägt, ist wahrlich die Krönung einer Laufbahn. Dass der Handel derartige Beiträge zur Wissenschaft leisten kann, ist nur auf diesem Niveau möglich und bestätigt den Stellenwert der Tefaf.

Warum der von Koetser aus Zürich angekündigte Rembrandt nun doch nicht zu sehen ist, war nicht in Erfahrung zu bringen. Wie zum Trost hängt bei Erstteilnehmer Rau aus New Orleans das kleine Porträt einer Landfrau von Vincent van Gogh. Gemalt wurde es 1884, angeboten wird es zum Preis von 4,6 Millionen Euro.

Marktanalyse

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Das jüngere Segment tut sich erfahrungsgemäß etwas schwer in diesem „Museum auf Zeit“. Kamel Mennour aus Paris geht nach seinem furiosen Aufschlag mit einer ohnehin nicht auf Verkäuflichkeit ausgelegten Einzelpräsentation von Daniel Buren im letzten Jahr in die Breite und zeigt nicht weniger als 17 Künstler aus dem Galerieprogramm und -Warenbestand, von Pablo Picasso bis Camille Henrot. Denn was im Nachkriegs- und Zeitgenossensegment zählt, sind Blue Chips, also abgesicherte Positionen.

Ins Risiko zu gehen ist dem Showcase überlassen. Hier dürfen und müssen sich jüngere Kollegen beweisen. Auf Mini-Ständen können sie sich einem Publikum präsentieren, das sie sonst wohl eher nicht in ihre Galerien locken. Zu den Debütanten gehören klassische Kunsthändler wie Tommaso Calabro. Dessen Mailänder Galerie, die erst seit 2018 existiert, hat Arbeiten von Leonor Fini, Stanislao Lepri und Fabrizio Clerici mitgebracht.

Dürst Britt & Mayhew aus Den Haag zeigen Arbeiten des 1974 gestorbenen Willem Hussem. Es ist der einzige Nachlass, den die junge Avantgardegalerie vertritt. Die Preise für Gemälde des Modernisten starten bei 20.000 Euro. „Unsere Position hier hat sich deutlich verbessert“, freut sich ein Aussteller der Art on Paper-Sektion. Allerdings habe sich das Umfeld in den vergangenen anderthalb Jahren nicht positiv geändert. Gemeint ist das wirtschaftliche Klima, das fast allen Marktteilnehmern zu schaffen macht.

Minutiös malte Win Achum diese Studie einer fingerförmigen Zitrusfrucht. Ihre Entstehungszeit liegt zwischen 1803 und 1809. Ob er in Kanton oder in Macau am Werk war, ist noch ungeklärt. Foto: Amir Mohtashemi London

In Maastricht scheinen die ungewissen Aussichten manche Aussteller anzuspornen. Emanuel von Baeyer aus London hat seine Koje rund um das Thema Dürer kuratiert, „aber ohne Dürer“. Er zeigt Grafiken, Gemälde und Skulpturen von Zeitgenossen, Mitarbeitern und Schülern, aber auch das Fortleben der Motive, die Dürer verarbeitet oder selbst erst geschaffen hat. Nicht nur preislich ist sein Highlight ein um 1510 entstandenes Selbstporträt Hans Schäufelins in Kreide auf ungefähr DIN A5-großem Papier. Dafür erwartet er „deutlich über eine Million Euro“.

Aus heutiger Sicht mindestens ebenso interessant ist ein Stickbild mit der „Anbetung der Hirten“ aus der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts. Es wurde bereits im 18. Jahrhundert der Mutter von Anthonis van Dyck, Maria Cuypers, zugeschrieben. Mit 35.000 Euro (netto) ist die so außergewöhnliche wie historisch bedeutende Arbeit ein wahres Schnäppchen.

Mit dieser Summe dürfte man bei den Blue Chip-Händlern der Nachkriegskunst nicht weit kommen. Dabei scheint deren Anwesenheit in Maastricht oft wenig zwingend. Wenn die Galerie White Cube aus London schon in ihrer Pressemitteilung darauf hinweist, dass sie ihr vermeintliches Renommierstück von Louise Bourgeois ebenfalls auf ihrer eigenen Online-Plattform im März vermarkten, kann man sich als Beobachter durchaus fragen, wie ernst die Branchenvertreter dieser Kategorie die „Königin der Kunstmessen“ nehmen.

Kunstmarkt

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Diesseits der internationalen Galeriekonzerne bringen die Teilnehmer immerhin ihre besten Stücke mit. Beck & Eggeling aus Düsseldorf haben „Jakobs Traum“ von Anselm Kiefer aus dem Jahr 2008 dabei, ein Werk, das sie bereits vor Jahren schon einmal vermittelt haben und das ihnen der damalige Käufer jetzt wieder anvertraut hat. Dass jetzt ganz offen ein Preisschild (620.000 Euro) neben dem Objektkasten hängt, ist ein Zeichen von Transparenz, das man, nicht nur hier, leider allzu oft vermisst.

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Befragt nach den Herausforderungen, die ein sich verändernder Markt für Alte Kunst und Antiquitäten für den Handel und für die Messe bedeuten, sagt Messechef Will Korner: „Tefaf verstärkt, was unsere Aussteller in ihrem Geschäft tun. Darüber hinaus bemühen wir uns um Kooperationen mit verwandten Bereichen, wie der Luxus- und Finanzindustrie. Zudem kommunizieren wir aktiv unsere Rolle als nicht nur kommerzieller Vermittler. Und wir bemühen uns aktiv mit einem Programm für junge Sammler.“ Das steht der Messe auch gut an.

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