Messe: Kurz vor Jahresende noch schnell Kunst kaufen
Antwerpen. Direkt am Eingang der „Art Antwerp“ begrüßt den Besucher die Tapisserie „Sky" von Kiki Smith. Sie war auch das Key Visual der gerade zu Ende gegangenen Ausstellung der US-Künstlerin im Arp Museum in Rolandseck. Am Stand der Pariser Galerie Lelong ist das in einer Zehnerauflage geschaffenen Textilkunstwerk käuflich für 115.000 Euro.
Das märchenhafte, in Belgien in Jacquard-Technik gewebte Bild gehört zu den teuersten Werken der Veranstaltung. Der Global Player Lelong hat durchaus gute Gründe, an dieser Regionalmesse teilzunehmen. Die flämischen Sammler sind kaufkräftig, und kurz vor Jahresende ist oft noch etwas Geld übrig, das für Kunst ausgegeben werden kann.
Die kleine Tochter der „Art Brussels“ stellt mit ihren 70 Ausstellern die passende Plattform mit familiärer Atmosphäre und wohnzimmerkompatiblen Formaten zur Verfügung. Sie entwickelt durchaus über die unmittelbare Region hinaus Anziehung. Auch Deutsch ist häufiger zu hören, allerdings nicht von Ausstellern. Denn die deutschen Kollegen machen sich auch in der vierten Ausgabe rar.
Martin Kudlek aus Köln gehört zu den wenigen Ausnahmen. Der Galerist ist bereits zum dritten Mal dabei. Die größte Arbeit an seinem Stand ist ein Waldstück von Helena Parada Kim, das rund 130 mal 170 Zentimeter misst und 16.500 Euro kosten soll. Damit sortiert sich die Arbeit bei den Kriterien Größe und Preis im oberen Mittelfeld ein. Die beiden kleinen Stillleben rechts und links sind schon kurz nach der Eröffnung für 3.500 und 5.300 Euro an Sammler aus den Niederlanden und Köln gegangen.
Am Stand gegenüber bei Sofie van de Velde aus Antwerpen prangen zur selben Zeit bereits rote Punkte neben sechs von neun Deckfarbenarbeiten mit Männerportraits im DIN A4-Format von Felix de Clercq. Kostenpunkt: je 3.700 Euro.
Knapp ein Drittel der Galerien stammt tatsächlich aus Antwerpen. Das ist wichtig für die Anbindung der Messe an die Szene vor Ort. Die Hälfte der Galerien reist jedoch aus dem Ausland an, zumeist aus den Niederlanden. 70 Prozent der Aussteller waren auch letztes Jahr dabei. Für eine junge Messe ist das in schwierigen Zeiten eine respektable Quote.
Als Boutiquemesse erlaubt sich die Art Antwerp einige Besonderheiten. Galerien können sich nicht bewerben, sondern sie werden von einem Komitee eingeladen. Auf Sektionen wird verzichtet und somit zugleich auf die Möglichkeit, subventionierte Stände anzubieten.
Doch die Teilnahme ist ohnehin vergleichsweise preiswert. Ein durchschnittlicher Stand von 25 Quadratmetern kostet 8.000 Euro. In den ersten Ausgaben waren die Stände größer. „Aber wir wissen um die wirtschaftliche Situation", erklärt Nele Verhaeren, die Direktorin der Messen in Antwerpen und Brüssel.
Die ganze belgische Szene kommt
Dafür werden die Aussteller ermuntert, Solopräsentationen zu inszenieren, die kommerziell risikoreicher sind als die üblichen Gemischtwarenläden. Rund ein Drittel der Kojen zeigt tatsächlich nur eine Position. Sammler und Kuratoren schätzen die Möglichkeit, ein Werk so besser kennenzulernen. „Die Aussteller wissen, dass alle hier sind. Die gesamte belgische Szene kommt zur Messe", so Verhaeren.
Daher wollten sie sich bestmöglich präsentieren. Als kleiner Anreiz wird ein mit 3.000 Euro dotierter Preis für die beste Präsentation vergeben, den in diesem Jahr der Gemeinschaftsstand von Harlesden High Street und Season 4 Episode 6 aus London erhalten haben, die als einzige überhaupt keine Malerei zeigen. Mit Installationen von Alex Farrar (39) und Wandskulpturen aus Glas von Benjamin Francis (28) mit Preisen zwischen 3.500 und 4.500 Euro verkörpern die Galerien den Geist der Messe, aber eben in weniger verkaufsstarken Medien.
Überschaubare Kosten sowie die Teilnahme junger und lokaler Galerien führen auch dazu, dass ein Drittel der ausgestellten Künstler unter 35 sind. An den Ständen ist fast ausschließlich Malerei zu sehen. Fünf Galerien haben das Angebot genutzt, in den Gängen raumgreifende Skulpturen gratis aufzustellen. Das Zielpublikum sind augenscheinlich Privatsammler mit bürgerlichem Budget, die in vorweihnachtlicher Stimmung zu Spontankäufen neigen.