Kunsthändler Schmitz-Avila: Das Beste aus dem Barock

Kunsthandel Schmitz-Avila Bamberg.
Bad Breisig/ Bamberg. Es wirkt tollkühn. Der Markt für Möbel liegt seit vielen Jahren danieder - trotzdem steigt der 26-jährige Sohn des deutschen Möbelpapstes unerschrocken ins väterliche Unternehmen ein. Julian Schmitz-Avila hat im Mai eine Dependance des Kunsthandels Dr. Schmitz-Avila in Bamberg eröffnet.
Ab kommendem Montag nimmt der groß gewachsene Rheinländer mit dem sonnigen Gemüt erstmals an den Bamberger Kunst- und Antiquitätenwochen teil. Da haben zehn Antiquitätenhandlungen in Bambergs prachtvoller Altstadt fünf Wochen lang täglich geöffnet. Denn die kunstsinnigen Opernfans aus dem nahe gelegenen Bayreuth verfügen tagsüber über viel Zeit. Sie sollen Lust bekommen, Alte Meister zu kaufen oder spätgotische Skulpturen, bedeutende Meistermöbel oder elegantes Silber (Bericht folgt am 27.7.).
Für viele Marktteilnehmer heißt Firmengründer Thomas Schmitz-Avila aus Bad Breisig bei Neuwied am Rhein nur "der Doktor". Der Zahnarzt mit dem unbestechlichen Auge für allerfeinste deutsche Möbel hatte schon 1981 aus seiner Leidenschaft ein Gewerbe gemacht, als er noch in einer Großpraxis mit elf Angestellten praktizierte.

Julian Schmitz-Avila führt die Dependance in Bamberg.
Vom Doyen des Pariser Handels, von Bernard Steinitz, lernte der rastlose Doktor, immer vor den Mitbewerbern an der Einkaufsquelle zu sein. Während der Praxischef per Telefon auf einer Auktion bot, musste sich der Patient schon mal auf 20 Minuten Verzug bei der Weiterbehandlung einstellen. Seit 1989 ist die Praxis verkauft, der Lustgewinn bei der Arbeit hat zugenommen. Nur der Titel im Firmennamen erinnert noch an die einstige Doppelexistenz. Thomas Schmitz-Avila erkennt den Rang von Meistermöbeln aus den führenden Werkstätten zwischen Trier und Breslau sofort. Eine hübsche Bestätigung ist es, wenn Restaurator Lothar Rase später die Signatur des ausführenden Kunsttischlers samt Datierung an versteckter Stelle aufdeckt.
Bei Kaffee und Kuchen im Stammsitz betont der Senior sein Bauchgefühl beim Kauf. Es dürfte indes auch viel Erfahrung dabei sein. Schließlich erwarb der Sohn eines Zahnarztes und einer Antiquitätenhändlerin schon mit 13 Jahren seinen ersten Stuhl. Thomas Schmitz-Avila liebt barocke Dielenschränke und Aufsatzsekretäre, die mit Raffinesse alle Register der Prachtentfaltung ziehen, wie schöne Frauen.
Schmitz-Avilas Leidenschaft gilt bei Spitzenmöbeln originalen Schlössern und Beschlägen, unberührten, das heißt nicht falsch restaurierten Oberflächen. Wer für diese hohe Handwerkskunst in Museumsqualität zu wenig Verständnis zeigt, der kann den heute 65-Jährigen schon mal cholerisch erleben. Da fliegen dann die Fetzen.
Anspruchsvolle Möbel des Barock und Rokoko kauft Thomas Schmitz-Avila, weil er nicht anders kann. Er hat in der Hausse gekauft und kauft jetzt antizyklisch in der Flaute. "Aber die Spitze geht immer. Früher war es eine Kunst, das Beste zu bekommen", erzählt das temperamentvolle Familienoberhaupt. "Heute ist es eine Kunst, sie abzusetzen." Deshalb seine Entscheidung für Bamberg und die Arbeitsteilung. Deshalb bildet Vater Schmitz-Avila nach Julian jetzt auch das jüngste Familienmitglied, Lennart (20), aus.

Kunsthandel Schmitz-Avila Bamberg.

Kunsthandel Schmitz-Avila Bamberg.
Der Firmenchef selbst will vor allem Qualität einkaufen - gegen den Trend und so hemmungslos wie ein Sammler - immer das Objekt im Blick, nicht den möglichen Käufer. Vom Verkauf zieht er sich zurück. Das liegt Julian mit seiner ruhigeren Art mehr. Kein Probestellen ist ihm zu viel. Gespräche kann der gleichfalls für die Qualität glühende Junior so führen, "dass der Funke überspringt". Und Lennart scheint ein Händchen zu haben für Zahlen und Steuern.
Zur Strategie des Kunsthandels Dr. Schmitz-Avila gehört auch die Rotation von 60 Kommoden und entsprechend vielen Schränken, Sesseln, Stühlen, Schreib-, Spiel- und Konsoltischen. Nicht nur zwischen Bad Breisig und Bamberg. Die schiere Menge an Möbeln ermöglicht zusätzliche Gastspiele auf Schloss Miel in Swisttal, im Antiquitätenhandel von Regina Schmitz-Avila (Julians Mutter) in Wiesbaden, in der Restaurierungswerkstatt von Lothar Rase im Saarland und im Roentgen-Museum in Neuwied. "Hauptsache, es dreht sich etwas", sagt Julian, seine graugrünen Augen blitzen. Denn kaum ein Händler hat so viel Ware im mittleren und oberen Bereich vorrätig.
Eingerichtet hat sich Julian Schmitz-Avila seinen Laden auf Bambergs zentraler Karolinenstraße in einem zurückhaltenden Interieur, das jedem Kunstwerk genug Raum lässt, viele Facetten zu entfalten. Nichts erinnert hier an die vollgestopften Messestände in der Regie des Vaters. Gelegentlich übernimmt eine weltgewandte Kunstgeschichtsstudentin seine Vertretung im Laden: Julia Dahm, Julians Freundin, ist mit ihm vom Rhein an die Regnitz gewechselt.
Ein fein gemaserter Aufsatzschrank von Johann Christoph Hesse aus Nussbaumwurzel (248 000 Euro) und ein Prunktisch von Georg Ferdinand Plitzner aus Schloss Pommersfelden (385 000 Euro) sind die kapitalen Ausstellungsstücke. Aber bei aller Konzentration auf deutsche Ebenisten und Kunsttischler, es gibt auch eine Lockerung vom Prinzip "deutsch".
Eine französische Feuerschale aus vergoldeter Bronze (32 000 Euro) ist genauso ein Hingucker wie das Paar attraktiver Bronze-Kerzenleuchter mit Chinesenfiguren (48 000 Euro). Wer weniger ausgeben möchte, findet einen Bayreuther Spiegel des Rokoko mit historischem Glas schon für 1 600 Euro.
Walter Senger, selbst dreimal mit Kunst und Antiquitäten auf der Karolinenstraße ansässig, lobt die Zuzügler. Schließlich ziehe ein sehr guter Händler auch sehr gute Kunden an, freut sich der Mitbegründer der Bamberger Kunst- und Antiquitätenwochen.
Schmitz-Avilas Zweigstelle in Deutschlands Antiquitätenhochburg Bamberg ist weder tollkühn noch naiv. Hier fliegen im Beratungsgespräch die Funken, nicht die Fetzen. Die ersten Erfolge, die Julian und Lennart bereits auf Regionalmessen einfahren konnten, zeigen, dass sich neue und jüngere Käufer aufbauen lassen.
Wie? Mit guter bis herausragender, nicht überteuerter Ware. Mit geduldiger Vermittlungsarbeit. Mit Gelassenheit und Fantasie, wenn der Kunde sagt: "Ich hab schon alles." Hört Julian Schmitz-Avila diesen "Lieblingssatz", setzt er seinen ganzen Ehrgeiz daran zu zeigen, wie jahrhundertealte Möbel "Glanz und Harmonie in einen Raum bringen".
Kunsthandel Dr. Schmitz-Avila
Karolinenstraße 18 96049 Bamberg, Tel. 0174/178 9401

Koblenzerstraße 55 53498 Bad Breisig, Tel. 02633/97914 www.dr-schmitz-avila.de
Bamberger Kunst- und Antiquitätenwochen: 23. Juli bis 20. August 2012
www.bamberger-antiquitaeten.de





