Jürgens Weinlese: Die besten Tröpfchen von Aldi und Co.

Weinliebhaber Jürgen Röder.
Düsseldorf. Schnüffeln, schlürfen, schmatzen, spucken: Jedes Jahr stürzt sich Cordula Eich mit ihrem Team in das „Dickicht des vergorenen Traubensafts“, wie sie selbst schreibt. Gemeint sind die Weine in deutschen Supermärkten, die die Autorin jedes Jahr öffnet, anschließend verkostet und die Ergebnisse niederschreibt. Herausgekommen ist zuletzt ein Buch mit 335 Seiten. „Der Super Schoppen Schopper ist Ihr Leuchtturm im Dunkeln“, verspricht Cordula Eich mit Ihrem Buch.
Ihr Schreibstil ist ungewöhnlich. Bissig, gemein, erfrischend – ein ganz bewusster Gegensatz zur traditionellen Weinsprache. Sie erkennt keine ausgeprägten Beerenfrüchte im Glas wie Sommeliers manchen Wein beurteilen, sondern schreibt „schmeckt nach billigem Obstsalat aus der Dose“. Der spanische Sekt bei Aldi Nord ist „klasse zum Verspritzen unter der Dusche in der Umkleide nach der gewonnen Kegelmeisterschaft. Sind die Haare auch gleich nass“. Den südafrikanischen Shiraz Rosé bezeichnet sie als „Rooibostee vom Vortag“.
Bei einem Cabernet Sauvignon aus den USA habe „jemand die alten schwarzen Bananen im Holzfass entsorgt“ und den Krimsekt Krimskoye bezeichnet sie als „zweiten Gang im Straflager“. Viele Beurteilungen sind erfrischend, manche hingegen wirken zwanghaft originell. Wie der „Chardonnay mit Silikonbusen. Und das noch von einem billigen Hinterhofchirurgen“.
Natürlich verteilt sie keine Parker-Punkte auf einer Skala von 50 bis 100 Punkten. Sondern einen Blitz („Doping? Pfui Falschspieler soll der Blitz treffen“), keine Bewertung („Nichts? Nicht der Rede wert…), ein Glas („Nett gemeint, aber nichts ausgereift….“), zwei („Prima!“ Darf gerne immer wieder antreten“), drei („Jetzt macht’s richtig Spaß….“) oder vier Gläser (Preis-Leistungs-Knaller mit Genussgarantie!“
Die Besten werden mit einem S ausgezeichnet – „Super Schoppen! Die Goldmedaille der Schoppen Spiele!“ 158 Weine von insgesamt 1739 verkosteten haben diese Auszeichnung erhalten. Verkostet wurden Weine aus den Supermarktketten Aldi Süd, Aldi Nord, Edeka, Kaufland, Lidl, Netto, Norma, Penny, Rewe und Rossmann.
Das Buch ist eine Hilfe für diejenigen, die beim Weinkauf Geld sparen wollen und stolz sind, ein Schnäppchen gemacht zu haben. Ich hingegen kaufe selten Weine im Supermarkt. Nicht weil ich meine, dass es dort keine guten Weine gibt – denn beim Überfliegen der Top-Weine, die Cordula Eich ausgewählt hat, gibt es zu meinem Geschmack einige Übereinstimmungen.
Beispielsweise bei Ihren positiven Bewertungen zum chilenischen Bioweingut Emiliana. Diese Weine hatte ich auch ebenfalls in meinem Reisebericht Chile positiv erwähnt. Auch die australischen Lindemann-Weine, die von ihr eine Auszeichnung erhalten haben, haben ein ordentliches Preis-Leistungsverhältnis, und bei manchem deutschen Grauburgunder habe ich ähnliche Ansichten. Auch der Rheingau-Riesling von Kloster Erbersbach ist zu empfehlen.
Aber mir fehlt beim Kauf im Supermarkt des Einkaufserlebnis. Beim Weinkauf suche ich lieber das „Fachsimpeln“ und das Entdecken neuer Weine im Probierglas. Das ist mir wichtiger als der reine Preis. Selbst wenn mir der Wein beim Probieren gefällt, kaufe ich erst eine Flasche und trinke ihn zu Hause in Ruhe. Bei Gefallen kaufe ich dann eventuell mehr.
Und: Ich kaufe keinen Wein, der weniger als zwei Euro kostet. Das mag im Discounterland Deutschland – wo der Durchschnittspreis für Wein im Lebensmittelhandel 2011 bei 2,63 € pro Liter lag - elitär klingen. Doch mit Preisen unter zwei Euro pro Flasche können Winzer auf Dauer nicht überleben.
Die Verpackung – Flaschen, Korken, Etikett – und Handelsspanne abgezogen, ergibt sich dann pro Liter ein Preis von deutlich weniger als einem Euro. Das reicht nicht für ein vernünftiges Einkommen. Und diejenigen, die einen hohen Mindestlohn in Deutschland fordern, sollten sich überlegen, was beim Kauf eines Billigweins für Winzer überbleibt.






Ausnahmen bestätigen die Regel, wenn ich nach Belgien fahre, dann kaufe ich auch Wein im Supermarkt – nämlich bei Carrefour, die eine hervorragende Auswahl haben. Der dortige Supermarkt bietet ein reichhaltiges Angebot an Weines aus der gesamten Welt. Meinem Motto keine Weine, die billiger als zwei Euro sind sowie dem Kauf von zunächst einer Flasche bleibe ich jedoch treu.






