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Kolumne: Business ClassKaufmann und die Wertschätzung

Berater pushen bei der Quambag ein neues Führungsinstrument. Doch das Management nutzt Wertschätzung schon mal in ganz anderem Sinn.Martin Suter 16.05.2020 - 15:33 Uhr

Das Handelsblatt Magazin veröffentlicht einige seiner neuen „Business Class“-Kolumnen exklusiv.

Foto: action press

Die Quambag hat die Wertschätzung entdeckt. Also nicht direkt die Quambag. Sie hat Puntmayer Consulting entdeckt, eine Unternehmensberatung, welche eines der aktuell höchst gelobten Führungsinstrumente pusht. Sie bringt zurzeit dem Management Wertschätzung bei. Und Müller gehört zum Management.

Er ist einer, der offen ist für Neues und es ausprobiert, also nicht von Natur aus, aber aufgrund der Grundsätze, die auf Rat von Puntmayer Consulting von der Quambag eingeführt werden. Er sagt zu Ritter, der sich auf der gleichen Managementstufe befindet: „Warum sollen wir es nicht einmal mit Wertschätzung versuchen? Besser als mit Bedrohungsmanagement.“

„Was hast du denn gegen Bedrohungsmanagement?“, wundert sich Ritter, der im Gegensatz zu Müller am Bedrohungsmanagement-Seminar teilgenommen hat.

„Ich finde es einfach zeitgemäßer, die Mitarbeiter durch Wertschätzungen zu Leistungen anzutreiben als durch Drohungen.“

Jetzt lacht Ritter ein bisschen und sagt: „Im Bedrohungsmanagement geht es doch nicht darum, per Bedrohung zu managen. Da geht es darum, Bedrohungen zu managen. Du lernst, was zu tun ist, wenn du bedroht wirst.“

„Wie bedroht?“

„Zum Beispiel durch mangelnde Wertschätzung.“

„Du meinst, wenn Schilling zu mir sagt: ‚Herr Müller, wenn Sie mich nicht sofort wertschätzen, poliere ich Ihnen die Fresse’?“

„Nicht, wenn Schilling das zu dir sagt. Wenn Schilling dich in diesem Sinn feedbacked.“

Ritter hat recht. Puntmayer Consulting ist dabei, den Geschäftsgang der Quambag auch dadurch zu verbessern, dass dort nicht mehr miteinander gesprochen wird, sondern dass man einander Feedback gibt. Bisher sagte man nach Geschäftsschluss in der Corner Bar: „Deine neuen Direct-Marketing-Maßnahmen finde ich ziemlich okay.“ Von nun an gibt man sein Feedback zu den neuen Direct-Marketing-Maßnahmen. Und das lautet dann: „Ziemlich okay, deine neuen Direct-Marketing-Maßnahmen.“ Auf diese Weise baut die Quambag nun.

Zurück zum Thema: „Eine solche Bedrohung“, erklärt Müller, „würde ich einfach so managen.“ (Führt ein paar wilde Schattenboxschläge aus.)

Danach feedbacked er keuchend: „Im Ernst, ich finde diese Wertschätzungssache gar nicht so übel. Haben wir noch nie gemacht. Versuchen kann man es ja.“

Ritter pflichtet ihm bei. „Es gibt offenbar wissenschaftliche Belege dafür, dass Wertschätzung sogar mehr motiviert, als es Gehaltserhöhungen oder Boni tun.“

„Wobei“, gibt Müller zu bedenken, „Gehaltserhöhungen und Boni nicht die schlechtesten Instrumente sind, um Wertschätzung auszudrücken.“

„Schon. Aber mit der richtigen Dosis Wertschätzung kann man diese massiv reduzieren oder ganz weglassen. Ein hübscher Beitrag zu den Overheadkosten.“

Das leuchtet Müller ein. „Also Wertschätzung pur. Und wie macht man das?“

„Das wird uns Puntmayer Consulting beibringen, sind ja teuer genug.“

„Vielleicht schreibt man im Intranet von nun an nicht mehr ‚Liebe Kolleginnen und Kollegen’, sondern ‚Geschätzte Kolleginnen und Kollegen.’ Lieb sind die ja weiß Gott nicht alle. Aber von nun an alle geschätzt.“

„Oder wir schreiben ‚Hochgeschätzte Kolleginnen und Kollegen’“, schlägt Ritter vor.

„Noch besser. Nur: Wie lässt sich diese Wertschätzung mit den Maßnahmen vereinbaren?“

„Welche Maßnahmen?“

„Komm, du weißt schon. Die von Puntmayer Consulting empfohlenen. Die Reorganisationsachen, die Kaufmann so hart treffen. Nach all den Jahrzehnten.“

„Ach so, diese Maßnahmen. Gerade die sind doch ein Ausdruck höchster Wertschätzung.“

„Findest du?“

„Natürlich. Die Quambag hat keine Kosten gescheut, um von hochqualifizierten externen Beratern Kaufmanns Wert schätzen zu lassen.“

Die Management-Kolumne „Business Class“ war Martin Suters Entree in die Karriere als Schriftsteller. Nach 13 Jahren Pause ließ er sie 2019 wieder auferstehen – mit den Mitteln der Jetztzeit: Crowdsourcing, Social Media und Paid Content. Das Handelsblatt Magazin druckt einige der neuen Kolumnen des Bestsellerautors exklusiv ab. Mehr von ihnen und andere Pretiosen finden Sie auf martin-suter.com, wo man sich derzeit auch for free anmelden kann.

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