Historische Krisen: Warum die Geschichtsschreibung Pandemien meist schnell vergisst
In Deutschland machte den australische Historiker vor allem sein 2012 erschienenes Buch „Die Schlafwandler“ bekannt.
Foto: dpaBerlin. Religion, politische Macht und das Bewusstsein der Zeit sind die drei großen Themen, mit denen sich Christopher Clark in seinem neuen Buch „Gefangene der Zeit“ beschäftigt. Der in Cambridge lehrende Historiker schlägt darin einen großen historischen Bogen, der vom babylonischen König Nebukadnezar bis zu Donald Trump reicht.
„Wir haben immer das Gefühl, unsere Gegenwart würde ewig andauern, besonders in dunklen Zeiten“, erzählt Clark in einem Gespräch mit dem Handelsblatt. Die gerade zu Ende gehende Trump-Ära und die Corona-Pandemie würden jedoch das Gegenteil beweisen. „Die Abwahl des US-Präsidenten und die Entdeckung eines Impfstoffes durch zwei deutsche Wissenschaftler, die beide aus der Türkei stammen, waren für mich die guten Nachrichten des vergangenen Jahres.“
Der in Australien geborene Clark ist ein Chronist politischer Macht und Mächte. In Deutschland wurde er vor allem durch sein 2012 erschienenes Buch „Die Schlafwandler. Wie Europa in den Ersten Weltkrieg zog“ bekannt – und umstritten. Clark stellte darin die herrschende Meinung der deutschen Geschichtsschreibung von der Alleinschuld des deutschen Kaiserreichs am Kriegsausbruch infrage.