Occhio Wie der Münchner Lampendesigner Axel Meise China erobern will

Der Münchener Axel Meise gehört zu den profiliertesten Lampendesignern Deutschlands. Mit seiner Marke Occhio will er nun auch in Asien durchstarten.
11.04.2018 - 13:57 Uhr Kommentieren
„Wir wollen eine ganz neue Kultur des Lichts schaffen.“ Quelle: Jens Küsters für Handelsblatt Magazin
Axel Meise

„Wir wollen eine ganz neue Kultur des Lichts schaffen.“

(Foto: Jens Küsters für Handelsblatt Magazin)

München Der gemeine Hase wird in der Biologie als lichtscheues Wesen beschrieben. Und doch gibt es da dieses Foto: ein Hase, der auf den Hinterbeinen sitzt und seinen Hals zum Licht reckt. Das kleine Tier schaut unmittelbar in den Kegel und strahlt dabei gleichwohl vollkommene Ruhe aus.

Das Schwarz-Weiß-Bild, vom Großmeister des fotografischen Handwerks, Jim Rakete, in Szene gesetzt, dient dem Münchener Unternehmer und Designer Axel Meise, 55, als Ausweis höchster Perfektion, als Symbol für das filigrane Zusammenspiel von Handwerk und Technik. Als eine Art kunstvolles Produktversprechen, das Meise einlösen möchte.

Mit seiner Firma Occhio gehört er in Deutschland zweifelsohne schon zu den Marktführern bei hochwertigen Designerleuchten. Das will er bleiben und künftig nach Möglichkeit noch ein bisschen mehr sein.

Fotografie von Jim Rakete anlässlich des Foto- und Buchprojekts „German Contemporary Excellence“ des Meisterkreises im Rahmen einer internationalen Wanderausstellung. Quelle: Jim Rakete für German Contemporary Excellence
Hase und Occhio-Klassiker Sento

Fotografie von Jim Rakete anlässlich des Foto- und Buchprojekts „German Contemporary Excellence“ des Meisterkreises im Rahmen einer internationalen Wanderausstellung.

(Foto: Jim Rakete für German Contemporary Excellence)

Meise möchte mit seinen Produkten Licht so inszenieren, dass damit Lebensgefühle transportiert werden. Kaltes Licht, warmes Licht, gebündeltes Licht, farbiges Licht, streuendes Licht, Dämmerlicht – für jede Umgebung und Stimmungslage sich anpassende Leuchten, von der Glühbirne bis zu LED-Quellen.

„Wir wollen die Lebensqualität der Menschen durch Licht optimieren und eine ganz neue Kultur des Lichts schaffen“, beschreibt Meise wortreich seine Philosophie im Stile eines echten Marketingprofis.

Dass dafür ein lichtempfindliches Tier wie ein Hase unter einer seiner Lampen sitzt und sich dabei ganz offenbar sehr wohl fühlt, das passt zu Meises Anspruch: „Wir schaffen mit unseren Leuchten Behaglichkeit, wenn es um Entspannung geht, oder Klarheit, wenn das optimale Licht für gutes Arbeiten gebraucht wird.“

Für jede Stimmungslage das passende Licht, ausgestrahlt von Leuchten, die höchsten Designansprüchen genügen – mit diesem Ansatz ist Meise zum vielleicht renommiertesten Lampendesigner Deutschlands aufgestiegen. Mittlerweile erzielt er mit Occhio, Italienisch für Auge, einen Umsatz in Höhe von 45 Millionen Euro.

Produkte von Occhio werden für die urbane Kundschaft in Szene gesetzt. Quelle: Jens Küsters für Handelsblatt Magazin
Neue Lichtwelten

Produkte von Occhio werden für die urbane Kundschaft in Szene gesetzt.

(Foto: Jens Küsters für Handelsblatt Magazin)

120 Mitarbeiter beschäftigt Meise am Hauptsitz in München. Seine Produkte sind bei den einschlägigen Designonlineshops zu kaufen, aber zunehmend auch im stationären Fachhandel. In Deutschland, Österreich und der Schweiz bieten 500 Händler seine Ware an, dazu kommen Vertriebspartner in Benelux, in Frankreich, Italien und Skandinavien.

Sein ganzer Stolz ist derzeit der neue Flagship-Store in der Brienner Straße in München. Auf 300 Quadratmetern inszeniert er dort auf zwei Ebenen seine Leuchtenwelten, mit einem großen Videowürfel im Zentrum, auf dem die Produkte des Hauses rund um die Uhr ins rechte Licht gerückt werden. Drumherum, auf den schlichten Verkaufstischen oder an den Wänden, herrscht puristische Klarheit. Weiß und Schwarz dominieren die Szenerie, der Boden ist mit hochwertigem Parkett ausgelegt.

Axel Meise läuft durch sein Reich mit dem Auge des Perfektionisten. Jedes Detail kann er erklären, alles hat irgendwie einen Sinn und folgt einer höheren Ordnung: die Schubladenkästen mit den Modellen, die Platzierung der Produktkataloge und natürlich die Anordnung seiner Leuchten und Lampen an Decken und Wänden. „Folgen Sie mir“, bittet er beinahe im Flüsterton, „unser Untergeschoss bietet beides: Besprechungs- und Showroom zugleich.“

Für jede Umgebung, für jede Lebenssituation das richtige Licht – so lautet verkürzt gesagt die Philosophie. Quelle: Jens Küsters für Handelsblatt Magazin
Lichtwerkzeuge

Für jede Umgebung, für jede Lebenssituation das richtige Licht – so lautet verkürzt gesagt die Philosophie.

(Foto: Jens Küsters für Handelsblatt Magazin)

Axel Meise trägt an diesem kalten Wintertag einen grauen Anzug zum schwarzen Hemd, dessen oberste drei Knöpfe arbeitslos sind. Das Lachen ansteckend, die Augen weit aufgerissen, mit durchschnittlicher Statur und Größe, ein Mann, der für seine Produkte und Ideen brennt, der kaum zu stoppen ist, wenn er nach technischen Details gefragt wird.

So richtig in seinem Element fühlt er sich erkennbar, wenn er seine Leuchten im Showroom per App und iPad steuert, wenn Helligkeit und Lichtwärme per Berührung auf dem Bildschirm wechseln, dann schaut er seinen Gesprächspartner geradezu freudestrahlend an, als wolle er sagen: „Großartig, oder?“

Die Firma will rasch wachsen

Widerspruch zwecklos, könnte man meinen, und tatsächlich hat Meise als Unternehmer und Designer bislang eine veritable Erfolgsgeschichte geschrieben, gegründet 1990 in München-Haidhausen. Meise studierte zunächst Maschinenbau, ehe er schon nach dem Vordiplom beschloss, doch gleich Unternehmer werden zu wollen. Früh experimentierte er mit Licht und stellte fest: „Jede Raumsituation bedarf einer spezifischen Lichtlösung. Ein umfassendes System dafür aber gab es nicht.“

Der italienische Klang des Unternehmens hilft bei der Vermarktung. Quelle: Jens Küsters für Handelsblatt Magazin
Occhio-Modell

Der italienische Klang des Unternehmens hilft bei der Vermarktung.

(Foto: Jens Küsters für Handelsblatt Magazin)

Stattdessen quälte den Ästheten der Wildwuchs an Lichtquellen in deutschen Wohn- und Schlafzimmern. Und so entstand die Idee vom „Lichtwerkzeug“, die er zunächst mit seinem Kollegen Christoph Kügler umsetzen wollte.

Ende der 90er-Jahre stellten sich erste Erfolge ein, erst mit Halogenleuchtensystemen, später mit der modularen Produktfamilie „Occhio“, die schnell den deutschen Markt eroberte. Zugleich war das der Start „eines kontinuierlichen Innovationsprozesses“, wie es Meise ausdrückt, der bis heute anhält, eine Art Evolutionsprozess bei der Bündelung und Bändigung von Licht.

Aus der Produktfamilie wurde der Firmenname, bewusst doppeldeutig gewählt, denn die Augen brauchen ja Licht, um zu sehen. Der italienische Klang hilft zudem bei der Vermarktung. Und Meise versteht sich selbst auch und vor allem als Designer, seine Produkte sollen auch höchsten ästhetischen Ansprüchen genügen.

Das Konzept scheint aufzugehen. Die Firma will nun rasch wachsen und dazu 40 neue Mitarbeiter einstellen, insbesondere im Vertrieb. Das bestehende Händlernetz soll zügig ausgebaut werden.

Investor bringt frisches Kapital

Noch erzielt er rund zwei Drittel der Erlöse in Deutschland. Das soll sich zugunsten externer Märkte ändern. China soll als nächstes großes Land erschlossen werden, wobei es ein Vorteil sein könnte, dass Meise fast alle seine Produkte heute schon dort fertigen lässt. Und eine neue Produktlinie soll es auch bald geben, speziell für Büroumgebungen.

Eine derartige Wachstumsstrategie braucht oft aber zunächst vor allem viel Geld für Investitionen. Und deshalb hat Meise im vergangenen Jahr erstmals einen externen Investor an seiner Firma beteiligt. Der EMH Fonds der Brüder Sebastian und Maximilian Kuss hat 44 Prozent der Anteile von Occhio übernommen.

„Occhio ist und bleibt eine deutsche Marke. Aber der Kunde kann dabei gern in Gedanken in Mailand sein.“ Quelle: Jens Küsters für Handelsblatt Magazin
Design geht vor

„Occhio ist und bleibt eine deutsche Marke. Aber der Kunde kann dabei gern in Gedanken in Mailand sein.“

(Foto: Jens Küsters für Handelsblatt Magazin)

Das deutlich im zweistelligen Millionenbereich liegende Investment wurde als Wachstumskapital in die Firma eingebracht. Meise bleibt mit etwas mehr als 50 Prozent Mehrheitseigentümer und betont: „EMH ist für uns der ideale Partner. Der Fonds steht für langfristige Investments in stark wachsende mittelständische Unternehmen mit hohem Digitalisierungspotenzial.“

Clemens Pflanz, Geschäftsführer des sogenannten Meisterkreises, der Interessenvertretung von deutschen Marken, die für „höchste Kreativität, Perfektion, Kunsthandwerk und Technologie“ (so die Eigendarstellung des Meisterkreises) stehen und in dem auch Occhio Mitglied ist, sagt: „Die neuen Wachstumsmärkte mit fremder Finanzkraft und neuen Partnern zu entwickeln erfordert Mut und Vertrauen.“

Aber wie steht es im Sinne des Meisterkreises, der ja so viel Wert auf Qualität und Herkunft legt, mit dem Fakt, dass Occhio ausschließlich und noch dazu die vollständige Kollektion in China produziert? Dazu sagt Pflanz: „Kein Problem. Die kreative Leistung, also in diesem Fall vor allem Design, und damit die entscheidende Wertschöpfungsstufe findet in Deutschland statt.“

Und tatsächlich: Wer mit Axel Meise durch den neuen Flagship-Store in der Münchener Innenstadt läuft und die Produkte des Hauses betrachtet, der denkt im Leben nicht an China. Eher an die für ihr Design bekannten Länder in Skandinavien oder Italien.

Meise sagt: „Occhio ist und bleibt eine deutsche Marke. Aber der Kunde kann dabei gern in Gedanken in Mailand sein.“

Dieser Text ist entnommen aus dem Handelsblatt Magazin N°3/2018. Das komplette Handelsblatt Magazin als PDF downloaden – oder gedruckt mit dem Handelsblatt vom 13. April 2018 am Kiosk erwerben.

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