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Säuglingssterben in der Dominikanischen RepublikElf tote Babys in drei Tagen

In einem Krankenhaus in der Dominikanischen Republik starben im Oktober auffallend viele Babys. Krankenhauskeine, Ausfälle der Beatmungsgeräte und andere Mängel im Gesundheitssystem des armen Landes seien Schuld. 04.11.2014 - 13:27 Uhr Artikel anhören

Rosa Elba Santana (hier mit ihrem ältesten Sohn) hat ihre kranken Zwillinge ins Krankenhaus gebracht. Die gerade einen Monat alten Säuglinge starben.

Foto: ap

Santo Domingo. Rosa Elba Santana begreift immer noch nicht, was passiert ist. Vor wenigen Wochen brachte die Dominikanerin ihre beiden Babys ins Krankenhaus. Ihr Sohn atmete schwer, ihre Tochter hatte Bauchschmerzen. Wenige Tage später waren die Zwillinge tot. Sie wurden nur einen Monat alt.

Rosanna und Isaac starben im staatlichen Kinderkrankenhaus Robert Reid Cabral in Santo Domingo. Die 300 Betten zählende Klinik ist eine der wenigen medizinischen Einrichtungen in der Hauptstadt der Dominikanischen Republik, an die sich Menschen ohne Geld und ohne Krankenversicherung im Notfall wenden können.

„Ich habe sie nur zur Untersuchung ins Krankenhaus gebracht und nicht, weil es etwas Schlimmes war“, sagt die 20-jährige Santana, die mit ihrem älteren Sohn, ihrer Mutter und einer Schwester in einem Elendsviertel am Rande von Santo Domingo lebt. „Man hat mir gesagt, ich soll dort hingehen, weil sie da Spezialisten haben.“

Rosanna und Isaac waren nicht die einzigen Babys, die Anfang Oktober im Robert Reid Cabral gestorben sind. Innerhalb von nur drei Tagen gab es elf Todesfälle. Diese Häufung rückte eine der wichtigsten medizinischen Institutionen der Dominikanischen Republik in den öffentlichen Fokus. Zugleich werden grundsätzliche Fragen nach der Qualität der medizinischen Versorgung in dem armen karibischen Land laut.

Präsident Danilo Medina hat eine Kommission zur Untersuchung der Todesfälle eingesetzt. In einem ersten Bericht heißt es, vier der elf Kinder seien an Infektionen gestorben, die sie sich im Krankenhaus zugezogen hätten, darunter Santanas Zwillinge. Vier weitere Todesfälle seien auf Mängel in der medizinischen Versorgung zurückzuführen, darunter mehrstündiger Ausfall des Systems, das die Beatmungsgeräte mit Sauerstoff versorgt. In nur einem der untersuchten Fälle wurde dem Patienten nach Einschätzung der Kommission eine angemessene Versorgung zuteil.

Infolge dieser Erkenntnisse musste unter anderem der Gesundheitsminister seinen Posten räumen. Auch die Direktorin des Krankenhauses, Rosa Nieves Paulino, wurde entlassen. Sie verteidigte sich mit dem Hinweis, in den letzten Jahren sei die Rate der Patientensterblichkeit zurückgegangen. Dennoch liegt sie drei Mal so hoch wie der landesweite Durchschnitt aller öffentlichen Krankenhäuser. Und abgesehen von den Ereignissen im Oktober gab es seit Juni mindestens zwei weitere Male eine auffällige Häufung von Todesfällen.

Die gefeuerte Direktorin verwahrt sich dagegen, die Schuld daran allein dem Krankenhaus zu geben: „Die Kinder, die in diese Klinik kommen, sind sehr krank“, sagt Paulino. „Von denen, die gestorben sind, waren manche nicht einmal 24 Stunden hier.“

Auch Paulinos Nachfolger, José Miguel Ferreras, ist der Ansicht, es gebe nicht genug Daten, um festzustellen, ob die Zahl der Todesfälle als „alarmierend“ einzustufen sei. Es könnten andere Faktoren eine Rolle spielen, etwa die Tatsache, dass das Robert Reid Cabral Kinder behandle, die kränker und ärmer seien als der Bevölkerungsdurchschnitt. „Ohne eine tiefergehende Analyse können wir nicht sagen, dass drei oder vier Todesfälle pro Tag viel sind“, erklärt Ferreras.

Sowohl Behördenvertreter als auch Ärzte räumen allerdings ein, dass das Krankenhaus nicht nur personell schlecht besetzt ist, sondern zugleich unterfinanziert und überbelegt. Santana erinnert sich, dass Rosanna und Isaac mit vier anderen Babys in einem Bett lagen. Ferreras streitet das nicht ab, sagt aber, so etwas komme nur in der Notaufnahme vor, nicht während des stationären Aufenthalts.

In den Unterlagen, die Santana nach dem Tod ihrer Kinder bekommen hat, steht, dass die Ärzte vergeblich versuchten, Isaacs Leben mit einer Bluttransfusion zu retten, nachdem er Symptome einer Sepsis zeigte. Rosanna starb unter ähnlichen Umständen am darauffolgenden Tag. Vertreter der Untersuchungskommission befragten Santana. Danach, so sagt sie, habe sie nie wieder etwas von ihnen gehört.

Einige betroffene Eltern organisierten eine Demonstration vor dem Krankenhaus. Santana wollte nicht daran teilnehmen. „Ich werde nie mehr dorthin zurückgehen“, sagt sie. „Ich habe Angst davor.“

Ärzte und Pflegepersonal beklagen, das Hauptproblem des Robert Reid Cabral sei ein Mangel an Ressourcen. Das Budget beträgt demnach umgerechnet nur rund 1,4 Millionen Euro bei 13 000 Patienten pro Jahr. Immer wieder streiken die Bediensteten wegen schlechter Bezahlung und schlechter Arbeitsbedingungen. Selbst Fachärzte verdienen weniger als 1000 Euro pro Monat. Viele müssen einen Nebenjob annehmen, um über die Runden zu kommen.

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Im vergangenen Jahr kippte die Regierung den Eigenbetrag für all diejenigen, deren Behandlung weder von einer Krankenversicherung noch im Rahmen von Sozialleistungen gedeckt wird. Dieses Geld fehlt den Krankenhäusern. Damit einher ging eine „Lawine der Nachfrage“, wie es Martina Lopez ausdrückt. Sie ist die Vorsitzende des Ärztekomitees, das sich für eine Erhöhung des Budgets einsetzt.

Kritiker werfen der Regierung vor, sie sei nicht bereit, ihre Gesundheitspolitik auch entsprechend zu finanzieren. „Die Regierung sollte aufhören, Phrasen zu dreschen“, sagt der Arzt Radhames Ovalles, „und beginnen, sich wirklich um die Ärmsten zu kümmern“.

ap
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