Zu hohe Kosten: Heftiger Streit um Ausflaggung der„MS Deutschland“

Der Kapitän der „MS Deutschland“, Andreas Jungblut (rechts, hier mit „Traumschiff“-Filmkapitän Siegfried Rauch) hat angeblich keine Erlaubnis mehr an Bord seines Schiffes zu gehen.
Hamburg/London. Große Aufregung um das „Traumschiff“: Im Streit um die geplante Ausflaggung der durch eine ZDF-Fernsehserie bekannten „MS Deutschland“ hat der Kapitän der Reederei schwere Vorwürfe gemacht. Er sei von der Firmenleitung mit einem Schiffsverbot belegt worden, als er dieses während seines Urlaubs in London habe besuchen wollen, sagte Andreas Jungblut der „Bild“-Zeitung vom Freitag. Die Reederei wies Jungbluts Vorwürfe zurück.
Das Kreuzfahrtschiff ist derzeit das einzige, das unter deutscher Flagge fährt. Die Reederei Deilmann aus Neustadt in Schleswig-Holstein hatte im Mai angekündigt, das 175-Meter-Schiff, das seit Ende der 1990er Jahre als Kulisse für die ZDF-Fernsehserie „Traumschiff“ dient, aus Kostengründen künftig unter der Flagge Maltas fahren zu lassen. Die Reederei gehört seit 2010 dem Münchner Finanzinvestor Aurelia. Die Ankündigung hatte zu Protesten geführt, auch von Jungblut, der das nach eigenen Angaben im Interesse der Crew verhindern will.
Ausflaggungen werden vor allem aus Kostengründen vorgenommen. Von den mehr als 3700 Schiffen der von deutschen Reedereien kontrollierten Handelsflotte fuhren nach Angaben des Wirtschaftsministeriums Ende 2011 lediglich 530 unter deutscher Flagge. Ausflaggungen ermöglichen Reedern unter anderem, Besatzungen ohne die im Inland geltenden Tarifbestimmungen oder Sozialangaben anzuheuern.
Wie Jungblut der „Bild“-Zeitung sagte, reiste er nach London, um der Crew beizustehen. Der Schiffseigner habe ihm aber mitgeteilt, er sei an Bord nicht erwünscht. Die „MS Deutschland“ liegt wegen der Olympischen Spiele in London vor Anker, wo sie als Gästeschiff des Deutschen Olympischen Sportbunds (DOSB) fungiert. Anschließend soll es die deutschen Sportler nach Hause bringen.

Das Kreuzfahrtschiff „MS Deutschland“ fährt beim größten Hafenfest der Welt durch den Hafen von Hamburg. Millionen Fernseh-Zuschauer kennen das Kreuzfahrtschiff als ZDF-„Traumschiff“. Die Reederei Peter Deilmann erwägt, es unter der Flagge Maltas fahren zu lassen. Davor warnt jetzt der Maritime Koordinator der Bundesregierung.
Die Reederei wies die Darstellung Jungbluts zurück. Der Kapitän befinde sich in seinem seit längerem geplanten Urlaub und habe „die Frage, warum er nicht seinen Urlaub genieße, als unfreundlichen Rauswurf aufgefasst", teilte Deilmann mit. „Wir finden es seltsam, dass der Kapitän die Auseinandersetzung so nachhaltig und kompromisslos über Medien und Öffentlichkeit austrägt und sich wenig konstruktiv äußert."




Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi, die auch die Interessen von Seeleuten vertritt, bekundete Unterstützung für Kapitän Jungblut und die Crew. Es gibt nur eine Lösung: Das Schiff bleibt unter deutscher Flagge und alle sozial- und tarifrechtlichen Fragen werden eingehalten", erklärte deren Schifffahrtsexperte Karl-Heinz Biesold. Eine „unterschriftsreife" Vereinbarung zur Sicherung der Interessen von Seeleuten und Reederei liege seit Wochen vor.
Der parlamentarische Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium und Koordinator der Bundesregierung für die maritime Wirtschaft, Hans-Joachim Otto (FDP), warf der Reederei in einem Beitrag auf seiner Facebook-Seite vor, sie lasse „jegliches Fingerspitzengefühl" vermissen.
Die Deilmann-Sprecherin verwahrte sich gegen Einmischungen auch der Politik. Bei der geplanten Ausflaggung nach Malta handle sich um eine „unternehmerische Entscheidung", bei der es um „sehr, sehr hohe Beträge" gehe, sagte sie in London. Aufgrund der zuletzt drastisch gekürzten Fördermittel für die Schifffahrt seien die Kosten des Betriebs unter deutscher Flagge gestiegen. „Da muss man sich als Reeder die Frage stellen, ob man das finanzieren kann."





