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Aktie unter der Lupe LVMH: Billig ist Luxus nie, attraktiv sehr wohl

Die hohe Aktienbewertung mahnt zur Vorsicht. Doch Kursfantasie gibt es für den begehrten Luxusgüter-Titel reichlich.
04.05.2021 - 04:00 Uhr Kommentieren
Konzerngründer und Unternehmenschef Bernard Arnault hat seine Beteiligung am italienischen Hersteller Tod’s erhöht. Quelle: Reuters
Luxus unter dem Label LVMH

Konzerngründer und Unternehmenschef Bernard Arnault hat seine Beteiligung am italienischen Hersteller Tod’s erhöht.

(Foto: Reuters)

Paris, Düsseldorf Handys von Nokia waren vorgestern, Öl von BP gestern, Luxus ist heute bei Anlegern am meisten angesagt. Mit einem Börsenwert von 316 Milliarden Euro haben Investoren 2021 LVMH auf Platz eins im Ranking der wertvollsten europäischen Unternehmen katapultiert. Fast im Tagesrhythmus erreicht die Aktie Allzeithochs. Doch nachdem der Kurs in nur zwölf Monaten um mehr als die Hälfte gestiegen ist, sich in fünf Jahren vervierfacht und in zehn Jahren versechsfacht hat, nehmen unter Experten die Zweifel zu, ob Anleger für Luxus nicht zu viel bezahlen.

Wer heute LVMH kauft, erwirbt heruntergerechnet jeden Anteilsschein mit dem 38-fachen für 2021 prognostizierten Jahresnettogewinn. Das ist mehr als doppelt so viel, wie die Aktien im Euro-Land-Leitindex Euro Stoxx 50 oder im deutschen Dax im Schnitt kosten. Und doch hinkt dieser Vergleich.

Erstens haben Aktien von Unternehmen in Wachstumsbranchen immer ihren Preis. Das weiß niemand besser als Warren Buffett.

Der legendäre Großinvestor ist seit Jahrzehnten vor allem deshalb mit seiner Holding Berkshire Hathaway so erfolgreich, weil er von seinem gern auf großem Fuß lebenden Partner Charles Munger gelernt hat, für Topqualität auch höhere Preise zu zahlen. Buffett machte sich die Maxime seines Partners zu eigen, wonach es besser ist, einen angemessenen Preis für ein gutes Unternehmen zu bezahlen als einen Spottpreis für eine Schrottfirma.

Zweitens sind die Aktien der direkten Konkurrenz von LVMH noch höher bewertet. Den Schweizer Wettbewerber Richemont bezahlen Anleger mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 58, das französische Familienunternehmen Hermes mit dem Faktor 59. Daran gemessen ist Weltmarktführer LVMH zwar nicht günstig, aber zumindest attraktiver bewertet.

Dauerhaft hochprofitabel

Dessen Erfolgsgeheimnis liegt in bekannten Marken wie Louis Vuitton, Moët, Hennessy – daher der Name LVMH – und etwa 65 weiteren Edelmarken. Hohe Spannen zwischen Herstellungskosten und Verkaufspreisen bescheren exzellente Margen.

Sorgen über höhere Einkaufs- und Produktionskosten gibt es so gut wie nie, weil sich nirgendwo so leicht höhere Preise durchsetzen lassen wie in dieser Branche. Dies erst recht, seitdem die immer größer werdende Bevölkerungsgruppe aus wohlhabenden Chinesen wenig auf Preise achtet, wenn es um Luxus geht.

Jahr für Jahr gibt der Konzern mehr Geld für Werbung und Marketing aus, als die Herstellung aller Produkte kostet. So gelingt es dauerhaft, gegenüber der Konkurrenz gleichwertige Produkte zu deutlich höheren Preisen abzusetzen.

Selbst in schweren Krisenjahren wie 2020 erwirtschaftet LVMH zweistellige Nettoumsatzrenditen. Das schaffen Unternehmen in Traditionsbranchen wie Automobil, Chemie, Öl und der übrigen Industrie nicht – und trägt maßgeblich zur hohen Aktienbewertung bei.

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Zwar hat auch LVMH im vergangenen Jahr unter den Folgen der Corona-Pandemie gelitten – zunächst in China. Anschließend sanken weltweit wegen des fast zum Stillstand gekommenen Reiseverkehrs und der Geschäftsschließungen die Umsätze. Doch mit den Zahlen des ersten Quartals 2021 hat das vom Gründer Bernard Arnault geführte Unternehmen gezeigt, dass der Einbruch überwunden ist. Die Umsätze stiegen um ein Drittel gegenüber dem Vorjahresquartal und lagen damit sogar um acht Prozent höher als 2019.

„Das erste Quartal ist sehr stark verlaufen, schrieb Analystin Chiara Battistini von der US-Bank JP Morgan in einer aktuellen Studie und hob ihr Kursziel von 625 auf 685 Euro an. Mit der allmählichen Lockerung der Corona-Beschränkungen wie der Wiedereröffnung von Geschäften und verbesserten Aussichten für den Reiseverkehr dürfte die Nachfrage für Luxusartikel steigen, urteilt Analystin Louise Singlehurst von Goldman Sachs.

Ling Xie von der Schweizer Bank Credit Suisse setzte sein Ziel gleich um 100 Euro auf 640 Euro nach oben und hob in seiner Kurzstudie die im Vergleich zu den Wettbewerbern moderate Bewertung der Aktie hervor.

Der Erfolg des französischen Luxuskonzerns ist umso verblüffender, weil noch nicht alle Sparten des Unternehmens die Folgen der Krise abschütteln können. Die Einzelhandelsaktivitäten, zu denen die Sephora-Kosmetikgeschäfte und DFS (Duty Free) gehören, waren in den ersten drei Monaten noch einmal rückläufig. Alles, was mit Reisen und internationalen Flügen zu tun hat, leidet noch unter den pandemiebedingten Restriktionen. Das gilt auch für den deutschen Kofferhersteller Rimowa.

Vor allem die Klassiker des Hauses – Mode und Lederwaren – erfreuen sich einer starken Nachfrage. Das liegt auch an einer deutlichen Verjüngung des Designs, die Virgil Abloh zu verdanken ist, dem seit 2018 für die Männerlinie von LV tätigen DJ aus Chicago und früheren Mitarbeiter von Kanye West.

LV-Taschen gibt es mittlerweile nicht mehr nur im klassischen Beige und Braun, sondern auch in schrillen Farben oder mit Comicfiguren bedruckt. Wenn LV dann für eine simple Gürteltasche aus Stoff 1300 Euro verlangt, muss man sich über die Marge der Marke nicht mehr wundern.

Kursfantasie trotz hoher Bewertung

Mode und Lederwaren als Hauptgewinnbringer von Arnaults Imperium werden demnächst womöglich eine weitere Verstärkung erfahren: Frankreichs reichster Mann hat seine Beteiligung am italienischen Hersteller Tod’s erhöht. Nicht auszuschließen, dass die vor allem durch ihre Schuhe bekannte Marke bald ganz bei Arnault unterschlüpft.

Im ersten Vierteljahr 2021 wurde der Schmuckhersteller Tiffany, den LVMH 2020 für 15,7 Milliarden Euro erworben hat, zum ersten Mal bilanziell voll integriert. Dies schlug sich in der Schmucksparte mit einem Umsatzplus von 138 Prozent im Vergleich zum Vorjahr nieder.

Vor dem Kauf hatten Kritiker bemängelt, die Marke sei angestaubt und habe es verpasst, sich um eine jüngere Klientel zu kümmern. Davon ist nichts mehr zu hören. Analysten heben hervor, dass Tiffany für jede Altersgruppe etwas biete, auch für Junge, die sich keine edlen Juwelen leisten können. Schmuck und Uhren gelten inzwischen als Wachstumsbranche.

Für die Zeit nach der Pandemie hat LVMH einen großen Trend ausgemacht: Die Kunden achten mehr auf Nachhaltigkeit, wollten wissen, wo die Rohstoffe für die Produkte herkommen, für die sie ein kleines Vermögen ausgeben.

Da trifft es sich gut, dass die seit drei Jahren geführten Überlegungen über eine bessere Authentifizierung und Nachverfolgung der Luxuswaren und ihrer Einzelteile zum Ergebnis geführt haben: Zusammen mit den Konkurrenten Prada und Richemont hat LVMH ein Konsortium gegründet, das per Blockchain jedes Produkt identifizieren soll. „Der Käufer kann sein Produkt überprüfen, die Echtheit feststellen und, falls er es wünscht, auch sehen, wo der Diamant auf seinem Ring herkommt“, heißt es aus dem Konzern.

Als erste LVMH-Marke wendet der Uhrenhersteller Hublot die neue Technik an. Die Garantie wird durch ein hochauflösendes Handyfoto aktiviert. Das neue Verfahren soll die Kunden auch davor schützen, eine gestohlene Uhr zu erwerben.

Die Pandemie hat allerdings auch einen Trend verstärkt, der für LVMH Risiken birgt: E-Commerce statt analogem Kauf. Analysten zufolge ist der Anteil der Onlinekäufe bei LVMH auf einen Anteil von gut 15 Prozent gestiegen. Was auf den ersten Blick gut klingt, entpuppt sich als finanzieller Nachteil. Denn in physischen Geschäften wird Infrastruktur samt Personal weiter vorgehalten. Zugleich fallen beim steigenden Versandhandel zusätzliche Kosten an, samt Aufwendungen für Rücksendung, Beschädigung oder Verlust.

Sogar für den Weltmarktführer, dessen Aktienkurs seit einem Jahrzehnt nur die Richtung nach oben kennt, gibt es also einen Trend, der nicht nur Chancen bedeutet.

Mehr: Mit diesen 13 Aktien können Anleger vom Boom in China profitieren.

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