Börsenumfrage Drei Gründe, warum die Dax-Rally weiterlaufen kann

Bild aus dem Handelssaal der Deutschen Börse in Frankfurt.
Düsseldorf Am Aktienmarkt herrscht Euphorie. Das zeigen die aktuellen Ergebnisse der wöchentlichen Handelsblatt-Umfrage Dax-Sentiment unter mehr als 3.500 Anlegern. Dieses Verhalten gilt laut Sentimentanalyse als Indiz für fallende Kurse.
„Euphorie ist aber nicht gleichzusetzen mit einem panikartigen Ausverkauf auf der anderen Seite“, schränkt Stephan Heibel ein, der das Abstimmungsverhalten jede Woche auswertet. Denn Panik markiere ziemlich sicher den Boden einer Korrektur, während Euphorie über einen längeren Zeitraum andauern könne.
Seine Erkenntnisse aus dem Umfrageergebnis: Für einen Einstieg ist es eher zu spät. Auch wenn die Rally noch eine Weile weiterlaufen kann, empfiehlt Heibel, bei neuen Höchstkursen einige Gewinne einzustreichen.
Für den Inhaber des Analysehauses AnimusX gibt es drei Gründe, warum die Kurse weiter steigen können.
1. Die hohe Investitionsbereitschaft der Anleger
Nachdem viele Anleger um den Jahreswechsel eher passiv zugeschaut hatten, was sich an den Finanzmärkten abspielte, haben sie sich nun eine Meinung gebildet und wollen nachkaufen. Die Kaufbereitschaft ist so hoch wie vor dem Beginn des Jahresendrally 2019. Das kann für weiter steigende Kurse sorgen.
2. Neue Höchstmarken
Neue Allzeit- oder Jahreshochs ziehen häufig weiteres Kaufinteresse nach sich. Vorher haben viele Anleger noch auf einen Rücksetzer gewartet, den sie zum Kauf nutzen wollten. Doch beim Erreichen neuer Hochs kapitulieren sie häufig und kaufen zu nunmehr deutlich höheren Kursen ein.
3. Neuorientierung nach Gewinnmitnahmen
Ein Blick auf die Entwicklung des Euwax-Sentiments der Börse Stuttgart zeigt: Privatanleger haben ihre Long-Spekulationen beendet und beginnen, das hohe Kursniveau mit Put-Positionen abzusichern, die bei fallenden Notierungen an Wert zulegen. „In Verbindung mit unserem Umfrageergebnis zeigt das: Viele Anleger lösen ihre Feiertagspositionierung mit Gewinn auf und schauen nach neuen Investmentmöglichkeiten“, erläutert der Sentimentexperte.
Es gibt also weiterhin neue Kaufinteressenten, die auch bei deutlich höheren Kursen immer wieder frisches Kapital in den Markt geben können. Die Rally kann so lange weitergehen, bis eine Negativmeldung kommt.
Beispiele wären: überraschend gute Umfrageergebnisse der demokratischen Herausforderer von US-Präsident Donald Trump, ein Rückschlag in den Verhandlungen mit China oder aber – wie zuletzt – eine Zuspitzung der Spannungen zwischen den USA und dem Iran.
In Europa gibt es ebenfalls eine ganze Reihe von möglichen Störungen: Der weitere Verlauf des Brexits, die mangelnde Haushaltsdisziplin Italiens oder ein schwindender Rückhalt für den französischen Präsidenten Macron in der Bevölkerung wären Ereignisse, die für Verwerfungen sorgen können.
Die Experten der Investmentberatungsfirma Sentix sehen noch stärkere Warnsignale. Deren Risikoradar liegt beispielsweise auf einem der negativsten Werte seit 2001.
Das gilt als Zeichen für fallende Kurse, aber nicht unbedingt für einen größeren Ausverkauf. Vor allem die US-Aktienmärkte seien reif für eine längere Verschnaufpause. „Saisonal ist die zweite Januarhälfte oftmals ein Zeitpunkt für Konsolidierungen“, meinen die Sentix-Experten.
Bislang konnte nicht einmal der plötzlich aufflammende Irankonflikt den Aktienmärkten etwas anhaben, so die Erkenntnis aus den vergangenen Tagen. Nach einem kurzen Schreckmoment wartete man auf die Antwort des Iran. Diese fiel moderat aus, und so stürmten die Aktienmärkte in den vergangenen Tagen in Richtung neuer Allzeithochs.
Wie euphorisch die Stimmung unter den Anlegern ist, zeigen die Daten der aktuellen Dax-Sentimentumfrage. Einen Sentimentwert von 4,7 gab es zuletzt Ende 2017, als die Aktienmärkte mit einer US-Unternehmensteuerreform im Rücken auf das neue Jahr zusteuerten.
Auch die Selbstzufriedenheit (Antworten auf die Frage: Haben sich Ihre Erwartungen zum Dax in der vergangenen Woche erfüllt?) notiert weiterhin auf hohem Niveau.
Dabei ist die Erwartungshaltung (Welche Zyklusphase erwarten Sie in drei Monaten?) durchaus skeptisch geworden: Bullen und Bären halten sich auf niedrigem Niveau die Waage, Neutralität überwiegt.
Dennoch ist die Investitionsbereitschaft deutlich gestiegen. Sie ist so hoch wie zuletzt im vergangenen Herbst, als die Jahresendrally anfing.
Institutionelle Anleger, die an der Frankfurter Terminbörse Eurex handeln, sind in den vergangenen Tagen deutlich auf die Long-Seite gewechselt. Das Put/Call-Verhältnis ist auf 0,8 abgesackt, ähnlich wie in den USA, wo der gleichnamige Indikator der Chicagoer Terminbörse CBOE ebenfalls bei 0,8 notiert.
Die Anlageprofis sind sich offensichtlich einig: Die Kurse werden in den kommenden Wochen weiter steigen.
Dementsprechend bleiben die US-Fondsmanager bei ihrer hohen Investitionsquote von 94 Prozent. US-Privatanleger werden jedoch skeptisch, das Bulle/Bär-Verhältnis ist von einem starken Bullenüberhang in der Vorwoche auf ein neutrales Niveau zurückgekommen.
Der technische „Angst und Gier"-Indikator des S&P 500 zeigt mit 93 Prozent extreme Gier an und mahnt zur Vorsicht. Der Aktienmarkt ist überhitzt.
Eine Korrektur, zumindest eine kurze Abkühlung, scheint fällig zu sein.
Mehr: Warum der wahre Wert der Dax-Konzerne seit Jahrzehnten stagniert.
Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.