Konsolidierung Intesa Sanpaolo plant Übernahme der UBI Banca

Die Aktien der italienischen Großbank stiegen zuletzt.
Rom Die Meldung kam mitten in der Nacht und war eine echte Überraschung für die italienische Finanzbranche: Die Großbank Intesa Sanpaolo will die UBI Banca (Unione di Banche Italiane) übernehmen. UBI Banca ist hinter Intesa, Unicredit und Monte dei Paschi das viertgrößte Institut des Landes mit einem Marktanteil von sieben Prozent.
Abgesprochen mit UBI sei die seit Dezember geplante Aktion nicht gewesen, es sei aber auch keine feindliche Übernahme, heißt es in Finanzkreisen. Einen Kommentar von UBI gab es zunächst nicht. CEO Victor Massiah erfuhr die Nachricht am Morgen in London, wo er Investoren treffen wollte, und kehrte postwendend nach Mailand zurück.
Bei der Intesa-Hauptversammlung Ende April soll die Aktion abgesegnet werden und bis Ende des Jahres vollzogen sein, wenn das OK von italienischer Bankenaufsicht, Notenbank und EZB vorliegt. Dann soll UBI von der Börse genommen werden.
Intesa will 4,9 Milliarden Euro für UBI bezahlen – in neuen eigenen Aktien. Die UBI-Aktionäre sollen für je zehn ihrer Papiere 17 neue Intesa-Aktien erhalten. Basierend auf den Schlusskursen vom Freitag entspricht dies den Angaben zufolge einer Prämie von 27,6 Prozent. Intesa erwartet, dass die Übernahme ihren Gewinn je Aktie um sechs Prozent steigert.
„Die Operation, die wir heute starten, ist eine Innovation in unserer Strategie“, erklärte Bankchef Carlo Messina. „Unsere Branche ist in Europa in eine neue Phase eingetreten, in der größere Dimensionen notwendig sind, mehr Investitionsmöglichkeiten und neue Modelle nachhaltigen Finanzmanagements.“
Vor allem in Italien mit seinen vielen mittleren und kleinen Banken, die immer wieder in die Krise geraten, mahnen Experten seit Langem Fusionen und Übernahmen an. Das gilt vor allem für die kleinen, lokalen Institute, die mehr Schwierigkeiten als die großen haben, Rendite zu erzielen. Fusionen könnten Kosten reduzieren, den Erlös diversifizieren und vergrößern sowie den Instituten helfen, auf dem Markt wettbewerbsfähig zu sein, sagte Notenbankgouverneur Ignazio Visco vor ein paar Tagen.
Abbau notleidender Kredite
Fusionen sind in ganz Europa ein Thema. Zuletzt hatte es Gerüchte im Markt gegeben, dass die zweite italienische Großbank, die Mailänder Unicredit, die Commerzbank übernehmen wolle. Das hatte Bankchef Jean Pierre Mustier allerdings beim Investorentag im Dezember dementiert. Die Bank Monte dei Paschi, die vom Staat gerettet wurde und nach einem Abkommen mit der EU-Kommission bis Ende 2021 zurück an den Markt muss, gilt schon lange als Übernahmekandidat.
Alle Banken in Italien leiden unter den notleidenden Krediten (NPL) in den Büchern, hohen Kosten und zu viel Personal. Das Ziel der Übernahme von UBI sei es auch, die notleidenden Kredite weiter zu reduzieren ohne Kosten für die Aktionäre, heißt es in der Mitteilung von Intesa. Außerdem würden ein größeres Vermögen und eine Kernkapitalquote von über 13 Prozent angestrebt.
Der Abbau der faulen Kredite schreitet in Italien voran: Von 340 Milliarden Euro im Jahr 2015 auf 165 Milliarden, Stand Juli 2019, so die Ratingagentur Standard & Poor’s (S&P). Aber es reicht nicht: „Wir meinen, dass die italienischen Banken weiterhin ein größeres Risiko als die meisten anderen Institute in Europa haben, trotz der Verbesserungen in den letzten drei Jahren“, heißt es in einem S&P-Bericht. Bis Ende 2020 sei damit zu rechnen, dass die notleidenden Kredite unter zehn Prozent der Kundenkredite fielen.
Auch das Thema Kostenreduzierung ist bei Intesa durchgerechnet worden. Die Großbank erwartet 340 Millionen Euro an Synergieeffekten durch die Übernahme dank „des sozialverträglichen Abbaus von circa 5.000 Stellen“. Gleichzeitig sollen 2.500 junge Leute eingestellt werden.
Die Bank, die jetzt entsteht, könne eine Führungsrolle im europäischen Bankensektor haben, erklärte Intesa-Chef Messina. Sein Haus strebt an, 2022 einen Gewinn von mehr als sechs Milliarden Euro zu erwirtschaften. Die Nachricht kam nur einen Tag, nachdem UBI den neuen Strategieplan vorgelegt hatte. Die Bank, die eine Marktkapitalisierung von 4,8 Milliarden Euro hat, wollte bis 2022 mehr als 2.000 Stellen streichen und 175 Filialen schließen.
Jetzt will Intesa einen Teil des Filialnetzes verkaufen, um mögliche Bedenken der Wettbewerbshüter auszuräumen. Messina lobte in seiner Erklärung ausdrücklich die „exzellente Arbeit“ des Managements von UBI. Es werde im neuen Szenario Platz für Bankchef Massiah und sein Team geben.
Seit Jahresbeginn hatte UBI einen Kursgewinn von fast 19 Prozent verbuchen können, Intesa mehr als zwanzig. Die Intesa-Aktie stieg am Dienstag um 1,3 Prozent. Mit der Übernahme baut Intesa die Marktmacht noch aus.
Das Geldhaus ist mit einer Marktkapitalisierung von 44,4 Milliarden Euro die größte Geschäftsbank Italiens für Privatkunden und Unternehmen. Für 2019 meldete die Bank vor Kurzem einen Nettogewinn von 4,18 Milliarden Euro mit einem Plus von 3,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Die Aktionäre sollen für 2019 eine Dividende von 19,2 Cent pro Aktie bekommen, was einer Ausschüttungsquote von 80 Prozent entspricht. Für 2020 soll die Quote bei 75 Prozent liegen.
Klappt die Fusion wie geplant, entsteht ein neuer Bankenkoloss in Europa. „Die Italiener werden der neu entstehenden Bank mehr als 1,1 Billion Euro an Ersparnissen anvertrauen“, erklärte Bankchef Messina. Der Erlös werde bei 21 Milliarden Euro liegen. „Diese Zahlen verdeutlichen die Kraft der italienischen Wirtschaft, die Kapazitäten unseres Unternehmertums und die Solidität der Vermögen der Familien“, so Messina.
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