Vermögensverwaltung Große Wertschwankungen und unsichere Regulierung halten Banken von Krypto-Investments ab

Die Großbank dämpfte Erwartungen, Investitionen in Kryptowährungen zu ermöglichen.
Zürich Die Nachfrage nach Krypto-Investments ist bei wohlhabenden Anlegern ungebrochen hoch. Trotzdem scheuen sich viele auf Vermögensverwaltung (Wealth Management) spezialisierte Banken, ihren Kunden Zugang zu Bitcoin, Ethereum und Co. zu bieten. Eine Ausnahme ist die Schweizer Bank Vontobel: Vorstandschef Zeno Staub sagte im Gespräch mit dem Handelsblatt: „Wir sehen sowohl bei Privatanlegern als auch im Wealth Management eine Nachfrage nach Kryptowährungen, die wir bedienen.“
Andere Banken sind deutlich zurückhaltender: Im Mai wurde bekannt, dass auch die Schweizer Großbank UBS Möglichkeiten prüft, wie Kunden im Wealth Management der Bank in Kryptowährungen investieren können. „Wir beobachten den Bereich digitaler Vermögenswerte sehr genau“, heißt es von der Bank. Bei der Präsentation der Halbjahresbilanz dämpfte UBS-Chef Ralph Hamers jedoch die Erwartungen: „Wir sind sehr, sehr vorsichtig“, betonte er.
Julius Bär, die Nummer drei unter den Schweizer Großbanken, arbeitet bislang mit Partnern zusammen, um Kunden Krypto-Investments zu ermöglichen, wickelt jedoch keine Geschäfte über die eigene Bilanz ab. Bei der Credit Suisse haben Kunden in der Vermögensverwaltung nach Auskunft eines Unternehmenssprechers bislang keine Möglichkeit, etwa in Bitcoin zu investieren.
Wachsende Nachfrage, aber kaum Angebote im traditionellen Finanzsektor: Das gelte auch für den deutschen Markt, bestätigt Robert Bosch, Partner und Experte für die Finanzbranche bei Bearing Point. Eine repräsentative Umfrage der Beratungsgesellschaft habe kürzlich ergeben, dass sich mehr als 30 Prozent der Befragten in Deutschland, Österreich und der Schweiz Investitionen in Kryptowährungen vorstellen können. „Größte Hindernisse aus Sicht der Verbraucher sind aber nach wie vor die großen Wertschwankungen und die Unsicherheit der Verwahrung von Kryptowährungen“, erläutert Bosch.
Strikte Kapitalanforderungen
Bei den Banken würden die Anleger jedoch kaum fündig: „Investitionen über das Depot der Hausbank dagegen sind noch keine attraktive Alternative“, lautet Boschs Fazit.
Die Geldhäuser scheuen das Kryptogeschäft ebenfalls wegen der hohen Volatilität – und der Aussicht auf eine striktere Regulierung. Allein in den vergangenen zwölf Monaten schwankte der Bitcoin-Preis zwischen knapp 10.000 Dollar und 64.000 Dollar. Nach dem Sprung auf ein Rekordhoch im April 2021 hat sich der Preis bis Ende Juli mehr als halbiert. Inzwischen ist der Wert der Digitalwährung binnen weniger Wochen erneut um 50 Prozent auf mehr als 45.000 Dollar gestiegen.
Bankenaufseher drohen mit einer stärkeren Regulierung – und könnten Krypto-Angebote für Banken unattraktiver machen. „Bei den Kryptowährungen ist die regulatorische Situation noch unklar und uneinheitlich“, bestätigt ein UBS-Sprecher die Vorbehalte. Kürzlich hat etwa der Baseler Ausschuss der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) – der Zentralbank der Zentralbanken – ein Diskussionspapier mit Vorschlägen zu Regulierung und Kapitalvorschriften für Geschäfte mit Digitalwährungen vorgelegt.
Darin warnte das mit Aufsehern besetzte Gremium, dass die Digitalwährungen die Stabilität des Finanzsystems untergraben könnten. So könnten „das anhaltende Wachstum des Marktes und neue Innovationen bei Krypto-Anlagen (...) in Verbindung mit dem gestiegenen Interesse einiger Banken die globalen Finanzstabilitätssorgen erhöhen“.
Zu den vom Baseler Ausschuss aufgeführten Gefahren zählen Kreditrisiken sowie Hacking, Betrug, Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung. Die Folge: Bitcoin und Co. benötigten eine „spezifische Aufsicht“, was sich in der Praxis vor allem durch höhere Sicherheiten bewerkstelligen lässt.
Daher schlug der Baseler Ausschuss vor, manche Krypto-Investments von Banken mit einem Risikogewicht von 1250 Prozent zu belegen, vergleichbar mit den riskantesten Asset-Klassen wie verbrieften Wertpapieren. „Das heißt, ein [Krypto-]Engagement von 100 Dollar würde zu risikogewichteten Aktiva von 1250 Dollar führen“, rechnen die Experten in ihrem Bericht vor. Multipliziere man diese Summe mit der allgemeinen Mindestkapitalanforderung von 8,0 Prozent, erhalte man eine nötige Kapitalhinterlegung von 100 Dollar. Jedes Krypto-Investment müsste durch Eigenkapital in gleicher Höhe abgesichert werden – was das Geschäft für Banken unattraktiver machen würde.
Heiße Debatten um Regulierung
Noch ist offen, ob eine derart strikte Regulierungen auf die Banken zukommt. Dennoch hat die Studie in der Finanzbranche für Aufsehen gesorgt: „Das Diskussionspapier der BIZ wird intensive Debatten auslösen“, ist Vontobel-Chef Staub überzeugt. Sein Geschäft sieht er jedoch nicht stark betroffen. Die Bank übertreffe bei der Risikovorsorge die Mindestanforderungen der Regulierer deutlich.
Mit seinem Kryptogeschäft zielt Vontobel sowohl auf Kleinanleger als auch auf vermögende Kunden und Profiinvestoren. „Wir stellen auf Wunsch die Verwahrung der Kryptowährungsbestände sicher, wobei Vontobel dabei als Gegenpartei fungiert“, sagt Staub. Das sei insbesondere eine Dienstleistung für institutionelle Investoren, die am Kryptomarkt mitmischen wollen, aber strenge Auflagen bei Ausfallrisiken von Geschäftspartnern haben.
Parallel dazu will Straub seinen Kunden Zugang zu Produkten verschaffen, mit denen Anleger von Preisveränderungen bei Kryptowährungen profitieren können. Das umfasst beispielsweise Zertifikate und Optionsscheine, mit denen Anleger auf einen steigenden oder fallenden Bitcoin-Preis wetten können. Vontobel ist Emittent dieser Papiere und verkauft sie sowohl an eigene Kunden als auch an Anleger mit Depots bei anderen Banken oder Onlinebrokern. Die Bank beschränkt sich dabei auf „ausgewählte“, also große Kryptowährungen wie Bitcoin und Ethereum.
Auch die kleineren Blockchain-Projekte behält die Bank im Blick: „Wir beobachten das, was man ,Decentralized Finance‘ (Defi) nennt, sehr genau. Wir achten jedoch darauf, uns von exzessiven Modeerscheinungen fernzuhalten“, sagt Staub. Trotz der Aussicht auf striktere Regeln kommen Geldhäuser aus seiner Sicht nicht umhin, die Technologie genau zu verfolgen: „Die Blockchain-Technologie ist die logische Fortsetzung der Verbriefung. Sie betrifft potenziell viele Prozesse in der Finanzindustrie.“
Daher werde auch bei Bankkunden die Nachfrage nach Krypto-Investments wachsen – und weitere Banken werden diese bedienen. Damit rechnen selbst die Kryptoskeptiker im Baseler Ausschuss.
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